Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

wegung, des Lebens ursprünglich Eins sei und nur auf einer
höhern Stufe in einer ausgebildetern feinern Organisation
wirke; hat man denn je auch nur eine Kraft der Bewegung
und des Reizes untergehen sehen? und sind diese niedern
Kräfte mit ihren Organen Eins und dasselbe? der nun Eine
unzählbare Menge derselben in meinen Körper führte und je-
der ihr Gebilde anwies, der meine Seele über sie setzte und
ihr ihre Kunstwerkstäte und an den Nerven die Bande an-
wies, dadurch sie alle jene Kräfte lenket: wird ihm im gro-
ßen Zusammenhange der Natur ein Medium fehlen, sie hin-
auszuführen? und muß er es nicht thun, da er sie eben so
wunderbar, offenbar zu einer höhern Bildung, in dies orga-
nische Haus führte?

III.
Aller Zusammenhang der Kräfte und Formen ist
weder Rückgang noch Stillstand, son-
dern Fortschreitung.



Die Sache scheinet durch sich klar: denn wie eine lebendige
Kraft der Natur, ohne daß eine feindliche Uebermacht sie ein-

schränkte

wegung, des Lebens urſpruͤnglich Eins ſei und nur auf einer
hoͤhern Stufe in einer ausgebildetern feinern Organiſation
wirke; hat man denn je auch nur eine Kraft der Bewegung
und des Reizes untergehen ſehen? und ſind dieſe niedern
Kraͤfte mit ihren Organen Eins und daſſelbe? der nun Eine
unzaͤhlbare Menge derſelben in meinen Koͤrper fuͤhrte und je-
der ihr Gebilde anwies, der meine Seele uͤber ſie ſetzte und
ihr ihre Kunſtwerkſtaͤte und an den Nerven die Bande an-
wies, dadurch ſie alle jene Kraͤfte lenket: wird ihm im gro-
ßen Zuſammenhange der Natur ein Medium fehlen, ſie hin-
auszufuͤhren? und muß er es nicht thun, da er ſie eben ſo
wunderbar, offenbar zu einer hoͤhern Bildung, in dies orga-
niſche Haus fuͤhrte?

III.
Aller Zuſammenhang der Kraͤfte und Formen iſt
weder Ruͤckgang noch Stillſtand, ſon-
dern Fortſchreitung.



Die Sache ſcheinet durch ſich klar: denn wie eine lebendige
Kraft der Natur, ohne daß eine feindliche Uebermacht ſie ein-

ſchraͤnkte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0282" n="280[260]"/>
wegung, des Lebens ur&#x017F;pru&#x0364;nglich Eins &#x017F;ei und nur auf einer<lb/>
ho&#x0364;hern Stufe in einer ausgebildetern feinern Organi&#x017F;ation<lb/>
wirke; hat man denn je auch nur eine Kraft der Bewegung<lb/>
und des Reizes untergehen &#x017F;ehen? und &#x017F;ind die&#x017F;e niedern<lb/>
Kra&#x0364;fte mit ihren Organen Eins und da&#x017F;&#x017F;elbe? der nun Eine<lb/>
unza&#x0364;hlbare Menge der&#x017F;elben in meinen Ko&#x0364;rper fu&#x0364;hrte und je-<lb/>
der ihr Gebilde anwies, der meine Seele u&#x0364;ber &#x017F;ie &#x017F;etzte und<lb/>
ihr ihre Kun&#x017F;twerk&#x017F;ta&#x0364;te und an den Nerven die Bande an-<lb/>
wies, dadurch &#x017F;ie alle jene Kra&#x0364;fte lenket: wird ihm im gro-<lb/>
ßen Zu&#x017F;ammenhange der Natur ein Medium fehlen, &#x017F;ie hin-<lb/>
auszufu&#x0364;hren? und muß er es nicht thun, da er &#x017F;ie eben &#x017F;o<lb/>
wunderbar, offenbar zu einer ho&#x0364;hern Bildung, in dies orga-<lb/>
ni&#x017F;che Haus fu&#x0364;hrte?</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">III.</hi><lb/>
Aller Zu&#x017F;ammenhang der Kra&#x0364;fte und Formen i&#x017F;t<lb/>
weder Ru&#x0364;ckgang noch Still&#x017F;tand, &#x017F;on-<lb/>
dern Fort&#x017F;chreitung.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Sache &#x017F;cheinet durch &#x017F;ich klar: denn wie eine lebendige<lb/>
Kraft der Natur, ohne daß eine feindliche Uebermacht &#x017F;ie ein-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chra&#x0364;nkte</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280[260]/0282] wegung, des Lebens urſpruͤnglich Eins ſei und nur auf einer hoͤhern Stufe in einer ausgebildetern feinern Organiſation wirke; hat man denn je auch nur eine Kraft der Bewegung und des Reizes untergehen ſehen? und ſind dieſe niedern Kraͤfte mit ihren Organen Eins und daſſelbe? der nun Eine unzaͤhlbare Menge derſelben in meinen Koͤrper fuͤhrte und je- der ihr Gebilde anwies, der meine Seele uͤber ſie ſetzte und ihr ihre Kunſtwerkſtaͤte und an den Nerven die Bande an- wies, dadurch ſie alle jene Kraͤfte lenket: wird ihm im gro- ßen Zuſammenhange der Natur ein Medium fehlen, ſie hin- auszufuͤhren? und muß er es nicht thun, da er ſie eben ſo wunderbar, offenbar zu einer hoͤhern Bildung, in dies orga- niſche Haus fuͤhrte? III. Aller Zuſammenhang der Kraͤfte und Formen iſt weder Ruͤckgang noch Stillſtand, ſon- dern Fortſchreitung. Die Sache ſcheinet durch ſich klar: denn wie eine lebendige Kraft der Natur, ohne daß eine feindliche Uebermacht ſie ein- ſchraͤnkte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/282
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 280[260]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/282>, abgerufen am 10.05.2024.