Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

und dieser allein käme man ohne alle So-
phisterei zum reinen Gute der Wahrheit.
Freiheit des Willens endlich sei der
Charakter des Göttlichen in uns; Gott
zwinge nicht, und wolle nicht, daß Men-
schen gezwungen, sondern gelehrt, geleitet,
unterstützt werden. So weit wir vom
Wege der Einigkeit, Einfalt und
Sinnesfreiheit abgewichen seyn: so
sei eine Rückkehr dahin möglich, sobald
wir uns nur vornähmen, ohne Ausschlies-
sung Alles, für Alle, auf alle Art
und Weise
zu verbessern. In diesen drei
Worten liege das ganze Geheimniß: (om-
nia, omnibus omnimode esse emendanda)

denn alle bisherige Vereitelung guter Be-
mühungen sei blos daher gekommen, daß
man nicht Alles, nicht für Alle,
nicht auf alle Weise habe verbessern
wollen, sondern zurückbehalten, geschont,

und dieſer allein kaͤme man ohne alle So-
phiſterei zum reinen Gute der Wahrheit.
Freiheit des Willens endlich ſei der
Charakter des Goͤttlichen in uns; Gott
zwinge nicht, und wolle nicht, daß Men-
ſchen gezwungen, ſondern gelehrt, geleitet,
unterſtuͤtzt werden. So weit wir vom
Wege der Einigkeit, Einfalt und
Sinnesfreiheit abgewichen ſeyn: ſo
ſei eine Ruͤckkehr dahin moͤglich, ſobald
wir uns nur vornaͤhmen, ohne Ausſchlieſ-
ſung Alles, fuͤr Alle, auf alle Art
und Weiſe
zu verbeſſern. In dieſen drei
Worten liege das ganze Geheimniß: (om-
nia, omnibus omnimode esse emendanda)

denn alle bisherige Vereitelung guter Be-
muͤhungen ſei blos daher gekommen, daß
man nicht Alles, nicht fuͤr Alle,
nicht auf alle Weiſe habe verbeſſern
wollen, ſondern zuruͤckbehalten, geſchont,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="46"/>
und die&#x017F;er allein ka&#x0364;me man ohne alle So-<lb/>
phi&#x017F;terei zum reinen Gute der Wahrheit.<lb/><hi rendition="#g">Freiheit des Willens</hi> endlich &#x017F;ei der<lb/>
Charakter des Go&#x0364;ttlichen in uns; Gott<lb/>
zwinge nicht, und wolle nicht, daß Men-<lb/>
&#x017F;chen gezwungen, &#x017F;ondern gelehrt, geleitet,<lb/>
unter&#x017F;tu&#x0364;tzt werden. So weit wir vom<lb/>
Wege der <hi rendition="#g">Einigkeit</hi>, <hi rendition="#g">Einfalt</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Sinnesfreiheit</hi> abgewichen &#x017F;eyn: &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ei eine Ru&#x0364;ckkehr dahin mo&#x0364;glich, &#x017F;obald<lb/>
wir uns nur vorna&#x0364;hmen, ohne Aus&#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung <hi rendition="#g">Alles</hi>, <hi rendition="#g">fu&#x0364;r Alle</hi>, <hi rendition="#g">auf alle Art<lb/>
und Wei&#x017F;e</hi> zu verbe&#x017F;&#x017F;ern. In die&#x017F;en drei<lb/>
Worten liege das ganze Geheimniß: <hi rendition="#aq">(om-<lb/>
nia, omnibus omnimode esse emendanda)</hi><lb/>
denn alle bisherige Vereitelung guter Be-<lb/>
mu&#x0364;hungen &#x017F;ei blos daher gekommen, daß<lb/>
man <hi rendition="#g">nicht Alles</hi>, <hi rendition="#g">nicht fu&#x0364;r Alle</hi>,<lb/><hi rendition="#g">nicht auf alle Wei&#x017F;e</hi> habe verbe&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
wollen, &#x017F;ondern zuru&#x0364;ckbehalten, ge&#x017F;chont,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0061] und dieſer allein kaͤme man ohne alle So- phiſterei zum reinen Gute der Wahrheit. Freiheit des Willens endlich ſei der Charakter des Goͤttlichen in uns; Gott zwinge nicht, und wolle nicht, daß Men- ſchen gezwungen, ſondern gelehrt, geleitet, unterſtuͤtzt werden. So weit wir vom Wege der Einigkeit, Einfalt und Sinnesfreiheit abgewichen ſeyn: ſo ſei eine Ruͤckkehr dahin moͤglich, ſobald wir uns nur vornaͤhmen, ohne Ausſchlieſ- ſung Alles, fuͤr Alle, auf alle Art und Weiſe zu verbeſſern. In dieſen drei Worten liege das ganze Geheimniß: (om- nia, omnibus omnimode esse emendanda) denn alle bisherige Vereitelung guter Be- muͤhungen ſei blos daher gekommen, daß man nicht Alles, nicht fuͤr Alle, nicht auf alle Weiſe habe verbeſſern wollen, ſondern zuruͤckbehalten, geſchont,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/61
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 5. Riga, 1795, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet05_1795/61>, abgerufen am 15.05.2024.