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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796.

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Vaters, des Sohnes Gottes und sei-
ner Mutter, der heiligen Jungfrau
ausgemahlt und in das letzte insonderheit
ein hohes Ideal weiblicher Tugend, alle
Grazie ihres Geschlechts geleget. Jung-
fräuliche Keuschheit, Huld und Anmuth,
eine sich selbst unbewußte Hoheit und Wür-
de, mütterliche Liebe, schweigende Geduld,
Großmuth, Hoffnung, endlich ein stiller
Dank- und Freudegenuß jenes überschweng-
lichen Lohns, dessen sich die Wohlthätige
jetzt in Ewigkeit werth macht -- alles dies
ward nach und nach von der dichtenden
Andacht in sie gesenkt, in ihr besungen und
gepriesen.

Der Werth der Heiligen, die Märty-
rer waren, scheinet von geringerer Art; die
Tapferkeit der Seele aber, die um
des Bekänntnißes der Wahrheit willen Lei-
den erträgt und Martern erduldet; jene

Vaters, des Sohnes Gottes und ſei-
ner Mutter, der heiligen Jungfrau
ausgemahlt und in das letzte inſonderheit
ein hohes Ideal weiblicher Tugend, alle
Grazie ihres Geſchlechts geleget. Jung-
fraͤuliche Keuſchheit, Huld und Anmuth,
eine ſich ſelbſt unbewußte Hoheit und Wuͤr-
de, muͤtterliche Liebe, ſchweigende Geduld,
Großmuth, Hoffnung, endlich ein ſtiller
Dank- und Freudegenuß jenes uͤberſchweng-
lichen Lohns, deſſen ſich die Wohlthaͤtige
jetzt in Ewigkeit werth macht — alles dies
ward nach und nach von der dichtenden
Andacht in ſie geſenkt, in ihr beſungen und
geprieſen.

Der Werth der Heiligen, die Maͤrty-
rer waren, ſcheinet von geringerer Art; die
Tapferkeit der Seele aber, die um
des Bekaͤnntnißes der Wahrheit willen Lei-
den ertraͤgt und Martern erduldet; jene

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[151/0168] Vaters, des Sohnes Gottes und ſei- ner Mutter, der heiligen Jungfrau ausgemahlt und in das letzte inſonderheit ein hohes Ideal weiblicher Tugend, alle Grazie ihres Geſchlechts geleget. Jung- fraͤuliche Keuſchheit, Huld und Anmuth, eine ſich ſelbſt unbewußte Hoheit und Wuͤr- de, muͤtterliche Liebe, ſchweigende Geduld, Großmuth, Hoffnung, endlich ein ſtiller Dank- und Freudegenuß jenes uͤberſchweng- lichen Lohns, deſſen ſich die Wohlthaͤtige jetzt in Ewigkeit werth macht — alles dies ward nach und nach von der dichtenden Andacht in ſie geſenkt, in ihr beſungen und geprieſen. Der Werth der Heiligen, die Maͤrty- rer waren, ſcheinet von geringerer Art; die Tapferkeit der Seele aber, die um des Bekaͤnntnißes der Wahrheit willen Lei- den ertraͤgt und Martern erduldet; jene

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet07_1796/168>, abgerufen am 21.11.2024.