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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797.

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erlaubt. Auch kann ihm niemand vorschrei-
ben, wie sanft oder wie hart, wie lieblich
oder wie bitter er die Ausdrücke eines solchen
Tadels oder Spottes wählen soll. Er muß
wissen, welche Wirkung er damit hervorbrin-
gen will, und es ist nothwendig, daß er seine
Worte nach dieser Wirkung abwäget.

Aber sobald der Kunstrichter verräth, daß
er von seinem Autor mehr weiß, als ihm die
Schriften desselben sagen können; so bald er
sich aus dieser nähern Kenntniß des gering-
sten nachtheiligen Zuges wider ihn bedienet:
sogleich wird sein Tadel persönliche Beleidi-
gung. Er höret auf Kunstrichter zu seyn und
wird -- das verächtlichste, was ein vernünfti-
ges Geschöpf werden kann -- Klätscher, An-
schwärzer, Pasquillant.*)

43.

"Es thut mir leid, wenn mein Styl ir-
gendwo blos satyrisch ist. Meinem Vorsatze

*) Antiquar. B. 57.

erlaubt. Auch kann ihm niemand vorſchrei-
ben, wie ſanft oder wie hart, wie lieblich
oder wie bitter er die Ausdruͤcke eines ſolchen
Tadels oder Spottes waͤhlen ſoll. Er muß
wiſſen, welche Wirkung er damit hervorbrin-
gen will, und es iſt nothwendig, daß er ſeine
Worte nach dieſer Wirkung abwaͤget.

Aber ſobald der Kunſtrichter verraͤth, daß
er von ſeinem Autor mehr weiß, als ihm die
Schriften deſſelben ſagen koͤnnen; ſo bald er
ſich aus dieſer naͤhern Kenntniß des gering-
ſten nachtheiligen Zuges wider ihn bedienet:
ſogleich wird ſein Tadel perſoͤnliche Beleidi-
gung. Er hoͤret auf Kunſtrichter zu ſeyn und
wird — das veraͤchtlichſte, was ein vernuͤnfti-
ges Geſchoͤpf werden kann — Klaͤtſcher, An-
ſchwaͤrzer, Pasquillant.*)

43.

„Es thut mir leid, wenn mein Styl ir-
gendwo blos ſatyriſch iſt. Meinem Vorſatze

*) Antiquar. B. 57.
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[114/0121] erlaubt. Auch kann ihm niemand vorſchrei- ben, wie ſanft oder wie hart, wie lieblich oder wie bitter er die Ausdruͤcke eines ſolchen Tadels oder Spottes waͤhlen ſoll. Er muß wiſſen, welche Wirkung er damit hervorbrin- gen will, und es iſt nothwendig, daß er ſeine Worte nach dieſer Wirkung abwaͤget. Aber ſobald der Kunſtrichter verraͤth, daß er von ſeinem Autor mehr weiß, als ihm die Schriften deſſelben ſagen koͤnnen; ſo bald er ſich aus dieſer naͤhern Kenntniß des gering- ſten nachtheiligen Zuges wider ihn bedienet: ſogleich wird ſein Tadel perſoͤnliche Beleidi- gung. Er hoͤret auf Kunſtrichter zu ſeyn und wird — das veraͤchtlichſte, was ein vernuͤnfti- ges Geſchoͤpf werden kann — Klaͤtſcher, An- ſchwaͤrzer, Pasquillant. *) 43. „Es thut mir leid, wenn mein Styl ir- gendwo blos ſatyriſch iſt. Meinem Vorſatze *) Antiquar. B. 57.

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 9. Riga, 1797, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet09_1797/121>, abgerufen am 25.11.2024.