Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 2. Riga, 1769.Zweites Wäldchen. Das kakophaton ist nach Quintilians Beschrei- Wie a) Instit. orator. VIII. 3.
Zweites Waͤldchen. Das κακοφατον iſt nach Quintilians Beſchrei- Wie a) Inſtit. orator. VIII. 3.
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Zweites Waͤldchen.
Das κακοφατον iſt nach Quintilians Beſchrei-
bung a), ſi mala conſuetudine in obſcoenum in-
tellectum ſermo detortus eſt: und nun ſage man,
wie es ein Kennzeichen der wahren Schamhaftig-
keit eines Volks? wie es die erſte Probe von der
Schamhaftigkeit eines Schriftſtellers, eines Poe-
ten, ſeyn koͤnne? Ein Volk, das in den Graͤnzen
der wahren Schamhaftigkeit bleibt, wird ſich nicht
einfallen laſſen, dieſen und jenen Ausdruck auf einen
obſcoͤnen Sinn mit den Haaren herbei zu reißen, es
wird nicht aus Worten, quae longiſſime ab ob-
ſcoenitate abſunt, occaſionem turpitudinis rapere,
es wird nichts vom κακοφατον wiſſen. So z. E.
die bibliſchen Dichter in ihren Zeiten der unſchuldi-
gen Einfalt: ſo die alten Griechen; ſo, nach den
Beiſpielen eben des Quintilians, die alten Roͤmer.
Jhr Salluſtius dachte daran nicht, daß eine ſpaͤ-
tere uͤppige Zeit ſein ductare exercitus und patrare
bellum obſcoͤn verſtehen wuͤrde: er ſagte es ſancte
& religioſe: er begieng alſo ein κακοφατον. Wer
war nun ehrbarer, der es begieng, ohne daß ers
wollte, oder der es zuerſt zum κακοφατον machte,
der die Bedeutung deſſelben obſcoͤn verdrehete, der
den Ausdruck nothzuͤchtigte? Ohne Bedenken, der
letzte! und eben das Volk, der Schriftſteller iſt der
ehrbarſte, der von keinem κακοφατον weiß — ge-
rade das Widerſpiel, als was Herr Klotz be-
hauptet.
Wie
a) Inſtit. orator. VIII. 3.
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