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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767.

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in ihre Quelle zurückzulenken weiß, in den
Sinn des Schriftstellers: so schreibt man
höchstens wider ihn, und erregt -- wenn
er sich nicht in unsre Stelle zu sezzen weiß --
statt Ueberzeugung, Widerspruch. Wie
schwer ists, Proben zu Grundsäzzen zurück-
zuführen, und Versuche zu Meisterstücken
zu erheben; beständig mit und statt seines
Autors denken zu können, statt seiner zu
arbeiten, und das Ganze nicht aus der
Acht zu lassen: wie schwer ists, sich und
seinem Schriftsteller, und dem Leser und
der Schutzgöttin Litteratur ein Gnüge zu
thun? so schwer, daß mein Plan lange
ein Traum meiner Phantasie bleiben wird.



Drey Werke sind es, die mit diesem
Grundriß eine Aehnlichkeit haben, und
die ich also darnach beurtheilen darf. Jst
mein Jdeal eigensinnig so zeichne ich,
wie es der Gestalt und Schwäche meiner
Augen erscheint. Sie erheben sich über
die übrigen Journäle so sehr, als nach
Virgils Gleichniß Rom über die Schäfer-

hüt-

in ihre Quelle zuruͤckzulenken weiß, in den
Sinn des Schriftſtellers: ſo ſchreibt man
hoͤchſtens wider ihn, und erregt — wenn
er ſich nicht in unſre Stelle zu ſezzen weiß —
ſtatt Ueberzeugung, Widerſpruch. Wie
ſchwer iſts, Proben zu Grundſaͤzzen zuruͤck-
zufuͤhren, und Verſuche zu Meiſterſtuͤcken
zu erheben; beſtaͤndig mit und ſtatt ſeines
Autors denken zu koͤnnen, ſtatt ſeiner zu
arbeiten, und das Ganze nicht aus der
Acht zu laſſen: wie ſchwer iſts, ſich und
ſeinem Schriftſteller, und dem Leſer und
der Schutzgoͤttin Litteratur ein Gnuͤge zu
thun? ſo ſchwer, daß mein Plan lange
ein Traum meiner Phantaſie bleiben wird.



Drey Werke ſind es, die mit dieſem
Grundriß eine Aehnlichkeit haben, und
die ich alſo darnach beurtheilen darf. Jſt
mein Jdeal eigenſinnig ſo zeichne ich,
wie es der Geſtalt und Schwaͤche meiner
Augen erſcheint. Sie erheben ſich uͤber
die uͤbrigen Journaͤle ſo ſehr, als nach
Virgils Gleichniß Rom uͤber die Schaͤfer-

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[10/0014] in ihre Quelle zuruͤckzulenken weiß, in den Sinn des Schriftſtellers: ſo ſchreibt man hoͤchſtens wider ihn, und erregt — wenn er ſich nicht in unſre Stelle zu ſezzen weiß — ſtatt Ueberzeugung, Widerſpruch. Wie ſchwer iſts, Proben zu Grundſaͤzzen zuruͤck- zufuͤhren, und Verſuche zu Meiſterſtuͤcken zu erheben; beſtaͤndig mit und ſtatt ſeines Autors denken zu koͤnnen, ſtatt ſeiner zu arbeiten, und das Ganze nicht aus der Acht zu laſſen: wie ſchwer iſts, ſich und ſeinem Schriftſteller, und dem Leſer und der Schutzgoͤttin Litteratur ein Gnuͤge zu thun? ſo ſchwer, daß mein Plan lange ein Traum meiner Phantaſie bleiben wird. Drey Werke ſind es, die mit dieſem Grundriß eine Aehnlichkeit haben, und die ich alſo darnach beurtheilen darf. Jſt mein Jdeal eigenſinnig ſo zeichne ich, wie es der Geſtalt und Schwaͤche meiner Augen erſcheint. Sie erheben ſich uͤber die uͤbrigen Journaͤle ſo ſehr, als nach Virgils Gleichniß Rom uͤber die Schaͤfer- huͤt-

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 1. Riga, 1767, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur01_1767/14>, abgerufen am 21.11.2024.