Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.Contour weichet. Das schöne Stück: der So wie Anakreon für einen Griechen Jch habe in allgemeinen Beobachtungen neuen * Die Lieder nach dem Anakreon von Gleim
sind, nachdem ich dies geschrieben, erschienen; ich glaube aber, sie bestätigen meine ganze Parallele sehr augenscheinlich, wenn ich sie als Nachbildungen, nicht Uebersezzungen, betrachte. Contour weichet. Das ſchoͤne Stuͤck: der So wie Anakreon fuͤr einen Griechen Jch habe in allgemeinen Beobachtungen neuen * Die Lieder nach dem Anakreon von Gleim
ſind, nachdem ich dies geſchrieben, erſchienen; ich glaube aber, ſie beſtaͤtigen meine ganze Parallele ſehr augenſcheinlich, wenn ich ſie als Nachbildungen, nicht Ueberſezzungen, betrachte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0174" n="342"/> Contour weichet. Das ſchoͤne Stuͤck: <hi rendition="#fr">der<lb/> Tod einer Nachtigall,</hi> doͤrfte in allem<lb/> dieſem leiden; und durchgaͤngig mehr <hi rendition="#fr">todte<lb/> Kunſt,</hi> als lebende Natur in unſerm Lands-<lb/> mann anzutreffen ſeyn.</p><lb/> <p>So wie Anakreon fuͤr einen Griechen<lb/> durch ſeine kleine Umſtaͤnde, Neuheit gnug<lb/> hatte: ſo unterſcheidet ſich der unſrige am<lb/> meiſten durch einen gewiſſen <hi rendition="#fr">geiſtigen</hi> Reiz,<lb/> den er vor dem Griechen ſeinen Liedern er-<lb/> theilet. <note place="foot" n="*">Die Lieder nach dem <hi rendition="#fr">Anakreon</hi> von <hi rendition="#fr">Gleim</hi><lb/> ſind, nachdem ich dies geſchrieben, erſchienen;<lb/> ich glaube aber, ſie beſtaͤtigen meine ganze<lb/> Parallele ſehr augenſcheinlich, wenn ich ſie<lb/> als <hi rendition="#fr">Nachbildungen,</hi> nicht <hi rendition="#fr">Ueberſezzungen,</hi><lb/> betrachte.</note> Da dieſer Unterſchied nun feiner<lb/> iſt: ſo faͤllt auch die Mannichfaltigkeit min-<lb/> der in die Augen, und ſeine gemeinen Nach-<lb/> ahmer werden daher ſo bald einfoͤrmig, daß<lb/> man von ihren Stuͤcken ſagen kanm, was je-<lb/> ner von den Franzoſen behauptet: wer drei<lb/> kennet, hat ſie alle geſehen.</p><lb/> <p>Jch habe in allgemeinen Beobachtungen<lb/> geredt, und erwarte von <hi rendition="#fr">Gleim</hi> bei der<lb/> <fw place="bottom" type="catch">neuen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [342/0174]
Contour weichet. Das ſchoͤne Stuͤck: der
Tod einer Nachtigall, doͤrfte in allem
dieſem leiden; und durchgaͤngig mehr todte
Kunſt, als lebende Natur in unſerm Lands-
mann anzutreffen ſeyn.
So wie Anakreon fuͤr einen Griechen
durch ſeine kleine Umſtaͤnde, Neuheit gnug
hatte: ſo unterſcheidet ſich der unſrige am
meiſten durch einen gewiſſen geiſtigen Reiz,
den er vor dem Griechen ſeinen Liedern er-
theilet. * Da dieſer Unterſchied nun feiner
iſt: ſo faͤllt auch die Mannichfaltigkeit min-
der in die Augen, und ſeine gemeinen Nach-
ahmer werden daher ſo bald einfoͤrmig, daß
man von ihren Stuͤcken ſagen kanm, was je-
ner von den Franzoſen behauptet: wer drei
kennet, hat ſie alle geſehen.
Jch habe in allgemeinen Beobachtungen
geredt, und erwarte von Gleim bei der
neuen
* Die Lieder nach dem Anakreon von Gleim
ſind, nachdem ich dies geſchrieben, erſchienen;
ich glaube aber, ſie beſtaͤtigen meine ganze
Parallele ſehr augenſcheinlich, wenn ich ſie
als Nachbildungen, nicht Ueberſezzungen,
betrachte.
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