Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 2. Riga, 1767.nen? Der Kunstrichter siehet sich nach Bei- Das * p. 134. A a 2
nen? Der Kunſtrichter ſiehet ſich nach Bei- Das * p. 134. A a 2
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nen? Der Kunſtrichter ſiehet ſich nach Bei-
ſpielen um, ſeinen Gedanken zu erlaͤutern, und
ich — zu widerlegen. Theokrit iſt Bei-
ſpiel genug! Man flechte in irgend eine Geß-
nerſche Jdylle einen Theokritſchen niedrigen
Zug ein; er wird unausſtehlich: im Theokrit
aber ohne verwoͤhnte Ohren nicht. Wie
kommt das? „Geßners groͤſtes Verdienſt iſt,
„daß er die Schranken der Veredelung ſo ge-
„nau zu treffen gewuſt.„ Und Theokrit nicht
ſo genau? Und hat doch ſein Jdeal hoͤchſt
verſchoͤnert? Gehorſamer Diener! Der
Kunſtrichter hat ſich blos in das Jdeal ſeiner
Eintheilung und Erklaͤrung wegen verliebt;
ſo bald er ſein Deſtniren vergißt, bekennt er
ſelbſt: * „Man hat die Empfindungen des Land-
„mannes verſchoͤnert, dem Jdeal naͤher ge-
„bracht, doch ſo daß ſie ihre Natur nicht ab-
„legen!„ Nun ſind wir ſchon mehr Freunde,
doch nicht voͤllig: wenn das Jdeal die hoͤchſte
Schoͤnheit bleibt: ſo ſteht Virgil uͤber Theo-
krit, Geßner uͤber Virgil, und Fontenelle
uͤber Geßner; und ich rangire umgekehrt.
Das
* p. 134.
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