diesem Zweck beiträgt, der Ode zuwider, un- natürlich und Hinderniß sey; kurz, daß eine Ode, die blos durch Gelehrsamkeit, Kunst und Regelmäßigkeit schäzzbar ist, keine Ode sey, weil sie ihren Zweck nicht erreicht, wohl aber eine Sammlung künstlicher und schöner Verse heißen könne. Jch sehe es also nicht als einen Hauptgrund zur Vertheidigung an, wenn der vorige Rec. sagt: "wenn der Poet, "der mythologischen Bildern einen Standort "gibt, von dem sie, so zu reden, die glückliche "Aehnlichkeit, die darinn liegt, von selbst "zeigen: so zeigt er sich von der Seite des "Artisten *." Am Artisten ist uns Gottlob! im Gedicht nichts gelegen, wenn er nicht durch seine Künsteley sich als wahrer Dich- ter zeigt.
Nun sollte ich mich auf das weite Feld des Drama und der Epopee wagen -- un- ermäßlich und blos durch sich begränzt, liegt es vor mir: ich wage es also nicht, ein Ge- sezzgeber zu seyn, und zu sagen: "ein Helden- "gedicht, ein Drama ohne griechischen und
"römi-
* Deutsche Bibl. 1. B. 1. St. p. 204.
Fragm.IIIS. K
dieſem Zweck beitraͤgt, der Ode zuwider, un- natuͤrlich und Hinderniß ſey; kurz, daß eine Ode, die blos durch Gelehrſamkeit, Kunſt und Regelmaͤßigkeit ſchaͤzzbar iſt, keine Ode ſey, weil ſie ihren Zweck nicht erreicht, wohl aber eine Sammlung kuͤnſtlicher und ſchoͤner Verſe heißen koͤnne. Jch ſehe es alſo nicht als einen Hauptgrund zur Vertheidigung an, wenn der vorige Rec. ſagt: „wenn der Poet, „der mythologiſchen Bildern einen Standort „gibt, von dem ſie, ſo zu reden, die gluͤckliche „Aehnlichkeit, die darinn liegt, von ſelbſt „zeigen: ſo zeigt er ſich von der Seite des „Artiſten *.„ Am Artiſten iſt uns Gottlob! im Gedicht nichts gelegen, wenn er nicht durch ſeine Kuͤnſteley ſich als wahrer Dich- ter zeigt.
Nun ſollte ich mich auf das weite Feld des Drama und der Epopee wagen — un- ermaͤßlich und blos durch ſich begraͤnzt, liegt es vor mir: ich wage es alſo nicht, ein Ge- ſezzgeber zu ſeyn, und zu ſagen: „ein Helden- „gedicht, ein Drama ohne griechiſchen und
„roͤmi-
* Deutſche Bibl. 1. B. 1. St. p. 204.
Fragm.IIIS. K
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dieſem Zweck beitraͤgt, der Ode zuwider, un-
natuͤrlich und Hinderniß ſey; kurz, daß eine
Ode, die blos durch Gelehrſamkeit, Kunſt
und Regelmaͤßigkeit ſchaͤzzbar iſt, keine Ode
ſey, weil ſie ihren Zweck nicht erreicht, wohl
aber eine Sammlung kuͤnſtlicher und ſchoͤner
Verſe heißen koͤnne. Jch ſehe es alſo nicht
als einen Hauptgrund zur Vertheidigung an,
wenn der vorige Rec. ſagt: „wenn der Poet,
„der mythologiſchen Bildern einen Standort
„gibt, von dem ſie, ſo zu reden, die gluͤckliche
„Aehnlichkeit, die darinn liegt, von ſelbſt
„zeigen: ſo zeigt er ſich von der Seite des
„Artiſten *.„ Am Artiſten iſt uns Gottlob!
im Gedicht nichts gelegen, wenn er nicht
durch ſeine Kuͤnſteley ſich als wahrer Dich-
ter zeigt.
Nun ſollte ich mich auf das weite Feld
des Drama und der Epopee wagen — un-
ermaͤßlich und blos durch ſich begraͤnzt, liegt
es vor mir: ich wage es alſo nicht, ein Ge-
ſezzgeber zu ſeyn, und zu ſagen: „ein Helden-
„gedicht, ein Drama ohne griechiſchen und
„roͤmi-
* Deutſche Bibl. 1. B. 1. St. p. 204.
Fragm. III S. K
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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/153>, abgerufen am 20.05.2024.
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