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Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767.

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"man im Stande wäre, aus der Reihe, und
"daß ich so sage, aus dem Gedränge dieser
"schnellfortgesetzten Gedanken, dieser Gedan-
"ken von so genauen Bestimmungen, einige
"mit Kaltsinn herauszunehmen, und sie in
"kurze Säzze zu bringen; was für neue Wahr-
"heiten von Gott würden oft darunter seyn!"
So Klopstock, und sein Recensent:* "Die
"Sprache kann alles ausdrücken, was wir
"deutlich denken; daß sie aber alle Nuancen
"der Empfindung sollte ausdrücken können,
"das ist eben so unmöglich, als es unnöthig
"seyn würde. Keine einzige neue Wahrheit
"läßt sich im Taumel unsrer Empfindungen
"haschen! Jch verdenke es dem Verf. sehr,
"daß Er sich bloß gegeben, so etwas auch
"nur vermuthen zu können u. s. w." Jch
will nicht weiter abschreiben; der Rec, sieht
K. an der wahren Quelle aller fanatischen und
enthusiastischen Begriffe von Gott: sieht dies
als Jrrthümer an, als den Weg, ein Schwär-
mer, ein Böhme, ein Pordage zu werden,
sieht eine Theorie, die den Beschuldigungen

der
* Litt. Br. Th. 3. p. 78.
U 2

„man im Stande waͤre, aus der Reihe, und
„daß ich ſo ſage, aus dem Gedraͤnge dieſer
„ſchnellfortgeſetzten Gedanken, dieſer Gedan-
„ken von ſo genauen Beſtimmungen, einige
„mit Kaltſinn herauszunehmen, und ſie in
„kurze Saͤzze zu bringen; was fuͤr neue Wahr-
„heiten von Gott wuͤrden oft darunter ſeyn!„
So Klopſtock, und ſein Recenſent:* „Die
„Sprache kann alles ausdruͤcken, was wir
„deutlich denken; daß ſie aber alle Nuancen
„der Empfindung ſollte ausdruͤcken koͤnnen,
„das iſt eben ſo unmoͤglich, als es unnoͤthig
„ſeyn wuͤrde. Keine einzige neue Wahrheit
„laͤßt ſich im Taumel unſrer Empfindungen
„haſchen! Jch verdenke es dem Verf. ſehr,
„daß Er ſich bloß gegeben, ſo etwas auch
„nur vermuthen zu koͤnnen u. ſ. w.„ Jch
will nicht weiter abſchreiben; der Rec, ſieht
K. an der wahren Quelle aller fanatiſchen und
enthuſiaſtiſchen Begriffe von Gott: ſieht dies
als Jrrthuͤmer an, als den Weg, ein Schwaͤr-
mer, ein Boͤhme, ein Pordage zu werden,
ſieht eine Theorie, die den Beſchuldigungen

der
* Litt. Br. Th. 3. p. 78.
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[307/0315] „man im Stande waͤre, aus der Reihe, und „daß ich ſo ſage, aus dem Gedraͤnge dieſer „ſchnellfortgeſetzten Gedanken, dieſer Gedan- „ken von ſo genauen Beſtimmungen, einige „mit Kaltſinn herauszunehmen, und ſie in „kurze Saͤzze zu bringen; was fuͤr neue Wahr- „heiten von Gott wuͤrden oft darunter ſeyn!„ So Klopſtock, und ſein Recenſent: * „Die „Sprache kann alles ausdruͤcken, was wir „deutlich denken; daß ſie aber alle Nuancen „der Empfindung ſollte ausdruͤcken koͤnnen, „das iſt eben ſo unmoͤglich, als es unnoͤthig „ſeyn wuͤrde. Keine einzige neue Wahrheit „laͤßt ſich im Taumel unſrer Empfindungen „haſchen! Jch verdenke es dem Verf. ſehr, „daß Er ſich bloß gegeben, ſo etwas auch „nur vermuthen zu koͤnnen u. ſ. w.„ Jch will nicht weiter abſchreiben; der Rec, ſieht K. an der wahren Quelle aller fanatiſchen und enthuſiaſtiſchen Begriffe von Gott: ſieht dies als Jrrthuͤmer an, als den Weg, ein Schwaͤr- mer, ein Boͤhme, ein Pordage zu werden, ſieht eine Theorie, die den Beſchuldigungen der * Litt. Br. Th. 3. p. 78. U 2

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ueber die neuere Deutsche Litteratur. Bd. 3. Riga, 1767, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_litteratur03_1767/315>, abgerufen am 21.11.2024.