Heyse, Paul: Novellen. Berlin, 1855.Frau und komm ins Schauspiel. Was soll dein So halb tröstend, halb scheltend zog sie die be¬ Frau und komm ins Schauſpiel. Was ſoll dein So halb tröſtend, halb ſcheltend zog ſie die be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0092" n="80"/> Frau und komm ins Schauſpiel. Was ſoll dein<lb/> Mann denken, wenn du nicht einmal Luſt haſt ſein<lb/> Stück zu ſehn!</p><lb/> <p>So halb tröſtend, halb ſcheltend zog ſie die be¬<lb/> trübte junge Frau zur Kammer hinaus nach den drei<lb/> Lilien. Dort ſah es bunt genug aus. In dem ge¬<lb/> räumigen Hof hatte ein gut Theil der Bürgerſchaft<lb/> auf Bänken Platz genommen; die Fenſter der niedern<lb/> Seitenflügel waren zu Logen für die Honoratioren<lb/> eingerichtet, die Bühne aber in einer Scheune am<lb/> Ende des Hofes aufgeſchlagen, deren mächtige Thor¬<lb/> flügel man zu dem Ende ausgehoben hatte. Marion<lb/> und Perrette kamen eben, als die Dame Avaritia<lb/> abtrat, die den Prolog geſprochen und manchen rei¬<lb/> chen Herrn der guten Stadt ihrer fernern Protection<lb/> verſichert hatte. Kein Plätzchen war für die beiden<lb/> Schönen weder im Hof noch an einem der Fenſter<lb/> frei gelaſſen. Perrette aber ließ ſich nicht abſchrecken,<lb/> und da ſie die Wege wußte, machte ſie ſich Bahn<lb/> durch eins der Seitengebäude und drang mit Marion<lb/> bis zu der Scheune vor. Hier ſtellten ſie ſich hinter<lb/> die großen Linnentücher, mit denen man die Bühne<lb/> abgegrenzt hatte, und ſchauten durch den Spalt der<lb/> Vorhänge dem Spiele zu, ungehindert von dem Per¬<lb/> ſonal des Stücks, das in ſeinen abenteuerlichen Ver¬<lb/> kleidungen den beiden Schönen den Hof zu machen<lb/> ſuchte. Marion achtete der Zudringlichen nicht und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [80/0092]
Frau und komm ins Schauſpiel. Was ſoll dein
Mann denken, wenn du nicht einmal Luſt haſt ſein
Stück zu ſehn!
So halb tröſtend, halb ſcheltend zog ſie die be¬
trübte junge Frau zur Kammer hinaus nach den drei
Lilien. Dort ſah es bunt genug aus. In dem ge¬
räumigen Hof hatte ein gut Theil der Bürgerſchaft
auf Bänken Platz genommen; die Fenſter der niedern
Seitenflügel waren zu Logen für die Honoratioren
eingerichtet, die Bühne aber in einer Scheune am
Ende des Hofes aufgeſchlagen, deren mächtige Thor¬
flügel man zu dem Ende ausgehoben hatte. Marion
und Perrette kamen eben, als die Dame Avaritia
abtrat, die den Prolog geſprochen und manchen rei¬
chen Herrn der guten Stadt ihrer fernern Protection
verſichert hatte. Kein Plätzchen war für die beiden
Schönen weder im Hof noch an einem der Fenſter
frei gelaſſen. Perrette aber ließ ſich nicht abſchrecken,
und da ſie die Wege wußte, machte ſie ſich Bahn
durch eins der Seitengebäude und drang mit Marion
bis zu der Scheune vor. Hier ſtellten ſie ſich hinter
die großen Linnentücher, mit denen man die Bühne
abgegrenzt hatte, und ſchauten durch den Spalt der
Vorhänge dem Spiele zu, ungehindert von dem Per¬
ſonal des Stücks, das in ſeinen abenteuerlichen Ver¬
kleidungen den beiden Schönen den Hof zu machen
ſuchte. Marion achtete der Zudringlichen nicht und
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