Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.wahr? Kannst du's beschwören, daß das wahrhaftig der Mutter Reden gewesen sind? Sie suchte seine Hand zu ergreifen und wurde von Neuem traurig, als er sie ihr hastig entzog. Er warf einen scheuen Blick auf Rosine, die vor dem Bänkchen stehen geblieben war, um die Beiden erst allein sich unterreden zu lassen. Dann sah er wieder die Moidi mit einem Blicke an, der sie zittern machte. Rosel, sagte er jetzt, ich hab' mit der Moidi was zu sprechen, wir sind gleich wieder zurück. -- Damit winkte er der Schwester, daß sie mit ihm gehen solle, schritt eilig um die Ecke der hohen Klostermauer und trat durch eine andere Thür in einen Krautgarten, wo nur drüben unter den Apfelbäumen ein dienender Bruder grub und pflanzte. Sein Wesen war plötzlich verwandelt, sein Gesicht glühte über und über, er schien wieder um zehn Jahre verjüngt und schritt rüstig aus, wie damals, als er unter den Weinlauben die Wacht hatte. Jetzt, da sie allein in dem Gärtchen standen, wandte er sich zu ihr um. Moidi, sagte er mit zitternder Stimme, sag das Alles noch einmal, was du von der Mutter gehört hast, Alles, und so lieb dir deine Seligkeit ist, thu nichts davon, noch dazu; Tod und Leben hängen daran. Er hatte jetzt ihre Hand ergriffen und drückte sie fieberhaft. Ich weiß nicht, wie wunderlich du redest, sagte sie gelassen. Was ist es denn, wenn sie wahr? Kannst du's beschwören, daß das wahrhaftig der Mutter Reden gewesen sind? Sie suchte seine Hand zu ergreifen und wurde von Neuem traurig, als er sie ihr hastig entzog. Er warf einen scheuen Blick auf Rosine, die vor dem Bänkchen stehen geblieben war, um die Beiden erst allein sich unterreden zu lassen. Dann sah er wieder die Moidi mit einem Blicke an, der sie zittern machte. Rosel, sagte er jetzt, ich hab' mit der Moidi was zu sprechen, wir sind gleich wieder zurück. — Damit winkte er der Schwester, daß sie mit ihm gehen solle, schritt eilig um die Ecke der hohen Klostermauer und trat durch eine andere Thür in einen Krautgarten, wo nur drüben unter den Apfelbäumen ein dienender Bruder grub und pflanzte. Sein Wesen war plötzlich verwandelt, sein Gesicht glühte über und über, er schien wieder um zehn Jahre verjüngt und schritt rüstig aus, wie damals, als er unter den Weinlauben die Wacht hatte. Jetzt, da sie allein in dem Gärtchen standen, wandte er sich zu ihr um. Moidi, sagte er mit zitternder Stimme, sag das Alles noch einmal, was du von der Mutter gehört hast, Alles, und so lieb dir deine Seligkeit ist, thu nichts davon, noch dazu; Tod und Leben hängen daran. Er hatte jetzt ihre Hand ergriffen und drückte sie fieberhaft. Ich weiß nicht, wie wunderlich du redest, sagte sie gelassen. Was ist es denn, wenn sie <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0092"/> wahr? Kannst du's beschwören, daß das wahrhaftig der Mutter Reden gewesen sind?</p><lb/> <p>Sie suchte seine Hand zu ergreifen und wurde von Neuem traurig, als er sie ihr hastig entzog. Er warf einen scheuen Blick auf Rosine, die vor dem Bänkchen stehen geblieben war, um die Beiden erst allein sich unterreden zu lassen. Dann sah er wieder die Moidi mit einem Blicke an, der sie zittern machte. Rosel, sagte er jetzt, ich hab' mit der Moidi was zu sprechen, wir sind gleich wieder zurück. — Damit winkte er der Schwester, daß sie mit ihm gehen solle, schritt eilig um die Ecke der hohen Klostermauer und trat durch eine andere Thür in einen Krautgarten, wo nur drüben unter den Apfelbäumen ein dienender Bruder grub und pflanzte. Sein Wesen war plötzlich verwandelt, sein Gesicht glühte über und über, er schien wieder um zehn Jahre verjüngt und schritt rüstig aus, wie damals, als er unter den Weinlauben die Wacht hatte.</p><lb/> <p>Jetzt, da sie allein in dem Gärtchen standen, wandte er sich zu ihr um. Moidi, sagte er mit zitternder Stimme, sag das Alles noch einmal, was du von der Mutter gehört hast, Alles, und so lieb dir deine Seligkeit ist, thu nichts davon, noch dazu; Tod und Leben hängen daran.</p><lb/> <p>Er hatte jetzt ihre Hand ergriffen und drückte sie fieberhaft. Ich weiß nicht, wie wunderlich du redest, sagte sie gelassen. Was ist es denn, wenn sie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0092]
wahr? Kannst du's beschwören, daß das wahrhaftig der Mutter Reden gewesen sind?
Sie suchte seine Hand zu ergreifen und wurde von Neuem traurig, als er sie ihr hastig entzog. Er warf einen scheuen Blick auf Rosine, die vor dem Bänkchen stehen geblieben war, um die Beiden erst allein sich unterreden zu lassen. Dann sah er wieder die Moidi mit einem Blicke an, der sie zittern machte. Rosel, sagte er jetzt, ich hab' mit der Moidi was zu sprechen, wir sind gleich wieder zurück. — Damit winkte er der Schwester, daß sie mit ihm gehen solle, schritt eilig um die Ecke der hohen Klostermauer und trat durch eine andere Thür in einen Krautgarten, wo nur drüben unter den Apfelbäumen ein dienender Bruder grub und pflanzte. Sein Wesen war plötzlich verwandelt, sein Gesicht glühte über und über, er schien wieder um zehn Jahre verjüngt und schritt rüstig aus, wie damals, als er unter den Weinlauben die Wacht hatte.
Jetzt, da sie allein in dem Gärtchen standen, wandte er sich zu ihr um. Moidi, sagte er mit zitternder Stimme, sag das Alles noch einmal, was du von der Mutter gehört hast, Alles, und so lieb dir deine Seligkeit ist, thu nichts davon, noch dazu; Tod und Leben hängen daran.
Er hatte jetzt ihre Hand ergriffen und drückte sie fieberhaft. Ich weiß nicht, wie wunderlich du redest, sagte sie gelassen. Was ist es denn, wenn sie
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