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Hilty, Carl: Frauenstimmrecht. In: Hilty, Carl (Hg.): Politisches Jahrbuch der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Bern, 1897.

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Frauenstimmrecht.
vom 12. Februar 1870 verlieh jeder im Territorium seit sechs
Monaten wohnhaften, geborenen oder naturalisirten Ameri-
kanerin im Alter von 21 Jahren das Stimmrecht. Gegen
dieses Gesetz, das indirekt der Polygamie diente, richteten
sich nun aber die auf allmählige Abschaffung derselben zielenden
Bestrebungen der Union, und der Kongress verbot daher
schon durch ein Bundesgesetz vom 22. März 1882 den poly-
gamen Männern und Frauen die Theilnahme an Wahlen
irgendwo im Gebiet der Union, so dass das Stimmrecht nur
für die monogamen Frauen erhalten blieb. Ein zweites Bundes-
gesetz vom Februar 1887, die sogenannnte "Edmunds Tucker-
Bill", hob dann aber auch diesen Ueberrest auf (mit welchem
konstitutionellen Recht ist neben der von dem Kongress ge-
nehmigten Verfassung von Wyoming allerdings schwer er-
sichtlich) und es ist erst neuerlich in dem jetzigen Staate Utah
wieder hergestellt worden. Aus der ersten siebzehnjährigen
Periode des Frauenstimmrechts in Utah lässt sich daher nicht
sehr viel schliessen, da dort die Frage zu sehr mit dem
Mormonenthum verbunden war.

Das dritte, 1853 entstandene Territorium mit Frauen-
stimmrecht, Washington, führte dasselbe durch ein Gesetz
vom 22. November 1886 und eine Stimmregister-Verordnung
von 1886 ein. Das Gesetz wurde dann von dem Territorial-
Obergericht, wegen eines Formfehlers in der Ueberschrift, für
nichtig erklärt, jedoch am 18. Januar 1888 neuerdings er-
lassen. Auch dieses Gesetz erklärte das Obergericht aber
wieder für nichtig, weil es dem Kongressakt vom 23. März
1853, durch den das Territorium organisirt worden war,
widerspreche, was keinesfalls richtig ist. Der Kongress selbst
hat dies niemals ausgesprochen und die Meinung der Rechts-
gelehrten scheint die zu sein, dass der oberste Gerichtshof der
Union die Giltigkeit des Gesetzes von 1888 anerkennen

Frauenstimmrecht.
vom 12. Februar 1870 verlieh jeder im Territorium seit sechs
Monaten wohnhaften, geborenen oder naturalisirten Ameri-
kanerin im Alter von 21 Jahren das Stimmrecht. Gegen
dieses Gesetz, das indirekt der Polygamie diente, richteten
sich nun aber die auf allmählige Abschaffung derselben zielenden
Bestrebungen der Union, und der Kongress verbot daher
schon durch ein Bundesgesetz vom 22. März 1882 den poly-
gamen Männern und Frauen die Theilnahme an Wahlen
irgendwo im Gebiet der Union, so dass das Stimmrecht nur
für die monogamen Frauen erhalten blieb. Ein zweites Bundes-
gesetz vom Februar 1887, die sogenannnte «Edmunds Tucker-
Bill», hob dann aber auch diesen Ueberrest auf (mit welchem
konstitutionellen Recht ist neben der von dem Kongress ge-
nehmigten Verfassung von Wyoming allerdings schwer er-
sichtlich) und es ist erst neuerlich in dem jetzigen Staate Utah
wieder hergestellt worden. Aus der ersten siebzehnjährigen
Periode des Frauenstimmrechts in Utah lässt sich daher nicht
sehr viel schliessen, da dort die Frage zu sehr mit dem
Mormonenthum verbunden war.

Das dritte, 1853 entstandene Territorium mit Frauen-
stimmrecht, Washington, führte dasselbe durch ein Gesetz
vom 22. November 1886 und eine Stimmregister-Verordnung
von 1886 ein. Das Gesetz wurde dann von dem Territorial-
Obergericht, wegen eines Formfehlers in der Ueberschrift, für
nichtig erklärt, jedoch am 18. Januar 1888 neuerdings er-
lassen. Auch dieses Gesetz erklärte das Obergericht aber
wieder für nichtig, weil es dem Kongressakt vom 23. März
1853, durch den das Territorium organisirt worden war,
widerspreche, was keinesfalls richtig ist. Der Kongress selbst
hat dies niemals ausgesprochen und die Meinung der Rechts-
gelehrten scheint die zu sein, dass der oberste Gerichtshof der
Union die Giltigkeit des Gesetzes von 1888 anerkennen

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[274/0034] Frauenstimmrecht. vom 12. Februar 1870 verlieh jeder im Territorium seit sechs Monaten wohnhaften, geborenen oder naturalisirten Ameri- kanerin im Alter von 21 Jahren das Stimmrecht. Gegen dieses Gesetz, das indirekt der Polygamie diente, richteten sich nun aber die auf allmählige Abschaffung derselben zielenden Bestrebungen der Union, und der Kongress verbot daher schon durch ein Bundesgesetz vom 22. März 1882 den poly- gamen Männern und Frauen die Theilnahme an Wahlen irgendwo im Gebiet der Union, so dass das Stimmrecht nur für die monogamen Frauen erhalten blieb. Ein zweites Bundes- gesetz vom Februar 1887, die sogenannnte «Edmunds Tucker- Bill», hob dann aber auch diesen Ueberrest auf (mit welchem konstitutionellen Recht ist neben der von dem Kongress ge- nehmigten Verfassung von Wyoming allerdings schwer er- sichtlich) und es ist erst neuerlich in dem jetzigen Staate Utah wieder hergestellt worden. Aus der ersten siebzehnjährigen Periode des Frauenstimmrechts in Utah lässt sich daher nicht sehr viel schliessen, da dort die Frage zu sehr mit dem Mormonenthum verbunden war. Das dritte, 1853 entstandene Territorium mit Frauen- stimmrecht, Washington, führte dasselbe durch ein Gesetz vom 22. November 1886 und eine Stimmregister-Verordnung von 1886 ein. Das Gesetz wurde dann von dem Territorial- Obergericht, wegen eines Formfehlers in der Ueberschrift, für nichtig erklärt, jedoch am 18. Januar 1888 neuerdings er- lassen. Auch dieses Gesetz erklärte das Obergericht aber wieder für nichtig, weil es dem Kongressakt vom 23. März 1853, durch den das Territorium organisirt worden war, widerspreche, was keinesfalls richtig ist. Der Kongress selbst hat dies niemals ausgesprochen und die Meinung der Rechts- gelehrten scheint die zu sein, dass der oberste Gerichtshof der Union die Giltigkeit des Gesetzes von 1888 anerkennen

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Zitationshilfe: Hilty, Carl: Frauenstimmrecht. In: Hilty, Carl (Hg.): Politisches Jahrbuch der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Bern, 1897, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hilty_frauenstimmrecht_1897/34>, abgerufen am 27.04.2024.