Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

daß sich der Teig hebt wenn er herein ge-
legt wird --

Protagoras der Taglöhner legt' und band
sein Holz so künstlich, daß er dem Democri-
tus ins Auge fiel, der ihn die Wissenschaf-
ten so legen und binden lehrte und so findet
jeder Protagoras seinen Democritus, ob-
gleich noch die Frage bleibt, hat Democri-
tus dem Protagoras eine Last abgenommen
oder aufgelegt? --

Niemand als Minchen machte mich so
beredt und da endlich meine Mutter mir ent-
gegensetzte, daß wenn ich nicht auf Univer-
sitäten gewesen ich nicht Pastor werden konn-
te; kam ich auf andere Gedanken, und das
(wie zuvor) auch Minchens wegen. Ich sahe
wie ein Erleuchteter auf einmal alle Gründe
meiner Mutter ein und hatte keinen Zweifel
mehr als den: Muß denn jeder in der Frem-
de als Gesell arbeiten und wandren eh' er
Pastor wird? Diesen Zweifel löste mein
Vater.

Was er wieder die Universitäten gesagt
hatte war vorm Brande geschehen. Jetzt
war er zwar eben kein Apologist der hohen
Schulen; denn so sehr konnt' er nicht seinen

Grund-

daß ſich der Teig hebt wenn er herein ge-
legt wird —

Protagoras der Tagloͤhner legt’ und band
ſein Holz ſo kuͤnſtlich, daß er dem Democri-
tus ins Auge fiel, der ihn die Wiſſenſchaf-
ten ſo legen und binden lehrte und ſo findet
jeder Protagoras ſeinen Democritus, ob-
gleich noch die Frage bleibt, hat Democri-
tus dem Protagoras eine Laſt abgenommen
oder aufgelegt? —

Niemand als Minchen machte mich ſo
beredt und da endlich meine Mutter mir ent-
gegenſetzte, daß wenn ich nicht auf Univer-
ſitaͤten geweſen ich nicht Paſtor werden konn-
te; kam ich auf andere Gedanken, und das
(wie zuvor) auch Minchens wegen. Ich ſahe
wie ein Erleuchteter auf einmal alle Gruͤnde
meiner Mutter ein und hatte keinen Zweifel
mehr als den: Muß denn jeder in der Frem-
de als Geſell arbeiten und wandren eh’ er
Paſtor wird? Dieſen Zweifel loͤſte mein
Vater.

Was er wieder die Univerſitaͤten geſagt
hatte war vorm Brande geſchehen. Jetzt
war er zwar eben kein Apologiſt der hohen
Schulen; denn ſo ſehr konnt’ er nicht ſeinen

Grund-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0196" n="188"/>
daß &#x017F;ich der Teig hebt wenn er herein ge-<lb/>
legt wird &#x2014;</p><lb/>
        <p>Protagoras der Taglo&#x0364;hner legt&#x2019; und band<lb/>
&#x017F;ein Holz &#x017F;o ku&#x0364;n&#x017F;tlich, daß er dem Democri-<lb/>
tus ins Auge fiel, der ihn die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaf-<lb/>
ten &#x017F;o legen und binden lehrte und &#x017F;o findet<lb/>
jeder Protagoras &#x017F;einen Democritus, ob-<lb/>
gleich noch die Frage bleibt, hat Democri-<lb/>
tus dem Protagoras eine La&#x017F;t abgenommen<lb/>
oder aufgelegt? &#x2014;</p><lb/>
        <p>Niemand als Minchen machte mich &#x017F;o<lb/>
beredt und da endlich meine Mutter mir ent-<lb/>
gegen&#x017F;etzte, daß wenn ich nicht auf Univer-<lb/>
&#x017F;ita&#x0364;ten gewe&#x017F;en ich nicht Pa&#x017F;tor werden konn-<lb/>
te; kam ich auf andere Gedanken, und das<lb/>
(wie zuvor) auch Minchens wegen. Ich &#x017F;ahe<lb/>
wie ein Erleuchteter auf einmal alle Gru&#x0364;nde<lb/>
meiner Mutter ein und hatte keinen Zweifel<lb/>
mehr als den: Muß denn jeder in der Frem-<lb/>
de als Ge&#x017F;ell arbeiten und wandren eh&#x2019; er<lb/>
Pa&#x017F;tor wird? Die&#x017F;en Zweifel lo&#x0364;&#x017F;te mein<lb/>
Vater.</p><lb/>
        <p>Was er wieder die Univer&#x017F;ita&#x0364;ten ge&#x017F;agt<lb/>
hatte war vorm Brande ge&#x017F;chehen. Jetzt<lb/>
war er zwar eben kein Apologi&#x017F;t der hohen<lb/>
Schulen; denn &#x017F;o &#x017F;ehr konnt&#x2019; er nicht &#x017F;einen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Grund-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0196] daß ſich der Teig hebt wenn er herein ge- legt wird — Protagoras der Tagloͤhner legt’ und band ſein Holz ſo kuͤnſtlich, daß er dem Democri- tus ins Auge fiel, der ihn die Wiſſenſchaf- ten ſo legen und binden lehrte und ſo findet jeder Protagoras ſeinen Democritus, ob- gleich noch die Frage bleibt, hat Democri- tus dem Protagoras eine Laſt abgenommen oder aufgelegt? — Niemand als Minchen machte mich ſo beredt und da endlich meine Mutter mir ent- gegenſetzte, daß wenn ich nicht auf Univer- ſitaͤten geweſen ich nicht Paſtor werden konn- te; kam ich auf andere Gedanken, und das (wie zuvor) auch Minchens wegen. Ich ſahe wie ein Erleuchteter auf einmal alle Gruͤnde meiner Mutter ein und hatte keinen Zweifel mehr als den: Muß denn jeder in der Frem- de als Geſell arbeiten und wandren eh’ er Paſtor wird? Dieſen Zweifel loͤſte mein Vater. Was er wieder die Univerſitaͤten geſagt hatte war vorm Brande geſchehen. Jetzt war er zwar eben kein Apologiſt der hohen Schulen; denn ſo ſehr konnt’ er nicht ſeinen Grund-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/196
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/196>, abgerufen am 21.11.2024.