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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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ich! ich tranck dich, ich war von dir betruncken,
und mein ganzes Blut ward davon entzündt.
Endlich das hohe Fest, deßen Jahrstag ge-
stern war! Sprachen wir oder sprachen wir
nicht? Ich glaube: Nein. Sprache und Lie-
be stehen nicht sonderlich, das hab ich offt erfah-
ren. Die Sprache ist ein ungetreuer Dienst-
bote. Gott wie du mich küßtest, und drey
Blüthen vom Baum herabfielen, um diesen
Ort zu heiligen, und die Nachtigall schlug, und
wir dies alles nur halb sahen, nur halb hör-
ten, bis wir uns von diesem Kuß erhohlet
hatten. O Mann, o lieber Mann! welch
ein Fest! Wie hab ich gebetet! Daß Gott
mit unsrer Liebe sey! Er, der die Liebe ist,
sey mit unsrer Liebe! Er weiß das Ja, das
wir stammlend vor seinem Angesicht ableg-
ten, die Sonne beschien es, der Altar war
mit Vergiß mein nicht bordirt und mit Blu-
men geschmückt, die so schön zusammenstan-
den, als ob sie auch unter einander vermählt
und zusammen getraut wären. An diesem
Tage, lieber Mann! müßen wir auch einmal,
wenn Zeit und Stund ist vor der Welt zu-
sammen gegeben werden. Dieser unser Welt-
hochzeittag sey uns ein untergeordnetes Fest,
und also am nemlichen Tage! -- Man muß

Gott
Q 2

ich! ich tranck dich, ich war von dir betruncken,
und mein ganzes Blut ward davon entzuͤndt.
Endlich das hohe Feſt, deßen Jahrstag ge-
ſtern war! Sprachen wir oder ſprachen wir
nicht? Ich glaube: Nein. Sprache und Lie-
be ſtehen nicht ſonderlich, das hab ich offt erfah-
ren. Die Sprache iſt ein ungetreuer Dienſt-
bote. Gott wie du mich kuͤßteſt, und drey
Bluͤthen vom Baum herabfielen, um dieſen
Ort zu heiligen, und die Nachtigall ſchlug, und
wir dies alles nur halb ſahen, nur halb hoͤr-
ten, bis wir uns von dieſem Kuß erhohlet
hatten. O Mann, o lieber Mann! welch
ein Feſt! Wie hab ich gebetet! Daß Gott
mit unſrer Liebe ſey! Er, der die Liebe iſt,
ſey mit unſrer Liebe! Er weiß das Ja, das
wir ſtammlend vor ſeinem Angeſicht ableg-
ten, die Sonne beſchien es, der Altar war
mit Vergiß mein nicht bordirt und mit Blu-
men geſchmuͤckt, die ſo ſchoͤn zuſammenſtan-
den, als ob ſie auch unter einander vermaͤhlt
und zuſammen getraut waͤren. An dieſem
Tage, lieber Mann! muͤßen wir auch einmal,
wenn Zeit und Stund iſt vor der Welt zu-
ſammen gegeben werden. Dieſer unſer Welt-
hochzeittag ſey uns ein untergeordnetes Feſt,
und alſo am nemlichen Tage! — Man muß

Gott
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[241/0253] ich! ich tranck dich, ich war von dir betruncken, und mein ganzes Blut ward davon entzuͤndt. Endlich das hohe Feſt, deßen Jahrstag ge- ſtern war! Sprachen wir oder ſprachen wir nicht? Ich glaube: Nein. Sprache und Lie- be ſtehen nicht ſonderlich, das hab ich offt erfah- ren. Die Sprache iſt ein ungetreuer Dienſt- bote. Gott wie du mich kuͤßteſt, und drey Bluͤthen vom Baum herabfielen, um dieſen Ort zu heiligen, und die Nachtigall ſchlug, und wir dies alles nur halb ſahen, nur halb hoͤr- ten, bis wir uns von dieſem Kuß erhohlet hatten. O Mann, o lieber Mann! welch ein Feſt! Wie hab ich gebetet! Daß Gott mit unſrer Liebe ſey! Er, der die Liebe iſt, ſey mit unſrer Liebe! Er weiß das Ja, das wir ſtammlend vor ſeinem Angeſicht ableg- ten, die Sonne beſchien es, der Altar war mit Vergiß mein nicht bordirt und mit Blu- men geſchmuͤckt, die ſo ſchoͤn zuſammenſtan- den, als ob ſie auch unter einander vermaͤhlt und zuſammen getraut waͤren. An dieſem Tage, lieber Mann! muͤßen wir auch einmal, wenn Zeit und Stund iſt vor der Welt zu- ſammen gegeben werden. Dieſer unſer Welt- hochzeittag ſey uns ein untergeordnetes Feſt, und alſo am nemlichen Tage! — Man muß Gott Q 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/253>, abgerufen am 22.11.2024.