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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Ich wünschte wohl, die Glocken, wenn ich be-
graben würde, hören zu können. Alte
Kirchen haben dunckle Fenster; indeßen weiß
jeder seinen Stand. Ein Prediger, dem
die Zähne ausgefallen, muß sich nicht von
einer andern Gemeine vociren laßen. Man
hat mir erzählt daß Demosthenes und Cicero
von Natur schlechte Stimmen gehabt; durch
Kunst haben sie schön reden gelernt. Ich hätte
sie nicht hören wollen. Mancher Pastor kann
sich hören, mancher sich lesen laßen. Es kann
also auch Redner geben, die stumm sind. Dein'
erste Predigt schlurftest du bey der Probe in
der Speisekammer, als wenn du weiche Eyer
äßest. In der Kirche gings besser. Lerne
deine Gemeine so kennen, wie ein Gelehrter die
Sprache, der bey jedem Worte das warum
und darum weiß. Ein Pastor, der seine Ge-
meine nicht kennt, und sich nicht wie der ge-
meine Mann ausdrücken kann, ist ein Mieth-
ling. Brauen und Backen geräth nicht im-
mer. Allemal kanns nicht was Neues vom
Jahr seyn. Schneid an eine alte Predigt
ein Zwiebelchen, lege Butter dazu, es ist eine
frische Schüßel. Hunger ist der beste Koch.
Ein Eyerkuchen macht Appetit allen die
vorüber gehen. Ein einzig faules Ey ver-

dirbt

Ich wuͤnſchte wohl, die Glocken, wenn ich be-
graben wuͤrde, hoͤren zu koͤnnen. Alte
Kirchen haben dunckle Fenſter; indeßen weiß
jeder ſeinen Stand. Ein Prediger, dem
die Zaͤhne ausgefallen, muß ſich nicht von
einer andern Gemeine vociren laßen. Man
hat mir erzaͤhlt daß Demoſthenes und Cicero
von Natur ſchlechte Stimmen gehabt; durch
Kunſt haben ſie ſchoͤn reden gelernt. Ich haͤtte
ſie nicht hoͤren wollen. Mancher Paſtor kann
ſich hoͤren, mancher ſich leſen laßen. Es kann
alſo auch Redner geben, die ſtumm ſind. Dein’
erſte Predigt ſchlurfteſt du bey der Probe in
der Speiſekammer, als wenn du weiche Eyer
aͤßeſt. In der Kirche gings beſſer. Lerne
deine Gemeine ſo kennen, wie ein Gelehrter die
Sprache, der bey jedem Worte das warum
und darum weiß. Ein Paſtor, der ſeine Ge-
meine nicht kennt, und ſich nicht wie der ge-
meine Mann ausdruͤcken kann, iſt ein Mieth-
ling. Brauen und Backen geraͤth nicht im-
mer. Allemal kanns nicht was Neues vom
Jahr ſeyn. Schneid an eine alte Predigt
ein Zwiebelchen, lege Butter dazu, es iſt eine
friſche Schuͤßel. Hunger iſt der beſte Koch.
Ein Eyerkuchen macht Appetit allen die
voruͤber gehen. Ein einzig faules Ey ver-

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[328/0340] Ich wuͤnſchte wohl, die Glocken, wenn ich be- graben wuͤrde, hoͤren zu koͤnnen. Alte Kirchen haben dunckle Fenſter; indeßen weiß jeder ſeinen Stand. Ein Prediger, dem die Zaͤhne ausgefallen, muß ſich nicht von einer andern Gemeine vociren laßen. Man hat mir erzaͤhlt daß Demoſthenes und Cicero von Natur ſchlechte Stimmen gehabt; durch Kunſt haben ſie ſchoͤn reden gelernt. Ich haͤtte ſie nicht hoͤren wollen. Mancher Paſtor kann ſich hoͤren, mancher ſich leſen laßen. Es kann alſo auch Redner geben, die ſtumm ſind. Dein’ erſte Predigt ſchlurfteſt du bey der Probe in der Speiſekammer, als wenn du weiche Eyer aͤßeſt. In der Kirche gings beſſer. Lerne deine Gemeine ſo kennen, wie ein Gelehrter die Sprache, der bey jedem Worte das warum und darum weiß. Ein Paſtor, der ſeine Ge- meine nicht kennt, und ſich nicht wie der ge- meine Mann ausdruͤcken kann, iſt ein Mieth- ling. Brauen und Backen geraͤth nicht im- mer. Allemal kanns nicht was Neues vom Jahr ſeyn. Schneid an eine alte Predigt ein Zwiebelchen, lege Butter dazu, es iſt eine friſche Schuͤßel. Hunger iſt der beſte Koch. Ein Eyerkuchen macht Appetit allen die voruͤber gehen. Ein einzig faules Ey ver- dirbt

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/340>, abgerufen am 22.11.2024.