Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite
sonst betriegt man sich um das Leben. Klei-
der sind das, was Ceremonien in der Kirche
sind.
Herr v. G. Das letzte mag seyn, das
erste nicht also. Du, hochzuehrender Herr
Bruder, du! du selbst bist der größte Lebens-
betrüger, den ich kenne, du lebst die vorige
Zeit so vielmal, du wiederholst dich selbst
so offt --
Herr v. W. Ich mische Waßer und Wein,
Herr Bruder, das Vergangene und das Ge-
genwärtige.
Herrmann. Waßer macht weise, und frö-
lich der Wein.
Herr v. G. Wer weise ist, Herr! ist auch
frölich. -- Weg mit diesen Zusammenfügun-
gen, die die Natur nicht selbst veranstaltet.
Mit diesen elenden Kuplereien. Wasser al-
lein, Wein allein.
Herrmann. Aber mit Ew. Hochwohlge-
bornen Erlaubnis --
Hier ist wieder etwas außerhalb der Linie. Dies
Etwas gehört auf die Rechnung der Frau v. G.
Sie winckte mir, um mir einige Festfragen
wegen meiner Predigt der Frau v. W. zur
Lehre und Trost vorzulegen. Meine Leser ha-
ben über diese Predigt schon mehr als eine
Predigt gehört. Ich antwortete der Frau v. G.,
bückte
H h
ſonſt betriegt man ſich um das Leben. Klei-
der ſind das, was Ceremonien in der Kirche
ſind.
Herr v. G. Das letzte mag ſeyn, das
erſte nicht alſo. Du, hochzuehrender Herr
Bruder, du! du ſelbſt biſt der groͤßte Lebens-
betruͤger, den ich kenne, du lebſt die vorige
Zeit ſo vielmal, du wiederholſt dich ſelbſt
ſo offt —
Herr v. W. Ich miſche Waßer und Wein,
Herr Bruder, das Vergangene und das Ge-
genwaͤrtige.
Herrmann. Waßer macht weiſe, und froͤ-
lich der Wein.
Herr v. G. Wer weiſe iſt, Herr! iſt auch
froͤlich. — Weg mit dieſen Zuſammenfuͤgun-
gen, die die Natur nicht ſelbſt veranſtaltet.
Mit dieſen elenden Kuplereien. Waſſer al-
lein, Wein allein.
Herrmann. Aber mit Ew. Hochwohlge-
bornen Erlaubnis —
Hier iſt wieder etwas außerhalb der Linie. Dies
Etwas gehoͤrt auf die Rechnung der Frau v. G.
Sie winckte mir, um mir einige Feſtfragen
wegen meiner Predigt der Frau v. W. zur
Lehre und Troſt vorzulegen. Meine Leſer ha-
ben uͤber dieſe Predigt ſchon mehr als eine
Predigt gehoͤrt. Ich antwortete der Frau v. G.,
buͤckte
H h
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp>
            <p><pb facs="#f0493" n="479"/>
&#x017F;on&#x017F;t betriegt man &#x017F;ich um das Leben. Klei-<lb/>
der &#x017F;ind das, was Ceremonien in der Kirche<lb/>
&#x017F;ind.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Herr v. G.</hi> </speaker>
            <p>Das letzte mag &#x017F;eyn, das<lb/>
er&#x017F;te nicht al&#x017F;o. Du, hochzuehrender Herr<lb/>
Bruder, du! du &#x017F;elb&#x017F;t bi&#x017F;t der gro&#x0364;ßte Lebens-<lb/>
betru&#x0364;ger, den ich kenne, du leb&#x017F;t die vorige<lb/>
Zeit &#x017F;o vielmal, du wiederhol&#x017F;t dich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o offt &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Herr v. W.</hi> </speaker>
            <p>Ich mi&#x017F;che Waßer und Wein,<lb/>
Herr Bruder, das Vergangene und das Ge-<lb/>
genwa&#x0364;rtige.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Herrmann.</hi> </speaker>
            <p>Waßer macht wei&#x017F;e, und fro&#x0364;-<lb/>
lich der Wein.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Herr v. G.</hi> </speaker>
            <p>Wer wei&#x017F;e i&#x017F;t, Herr! i&#x017F;t auch<lb/>
fro&#x0364;lich. &#x2014; Weg mit die&#x017F;en Zu&#x017F;ammenfu&#x0364;gun-<lb/>
gen, die die Natur nicht &#x017F;elb&#x017F;t veran&#x017F;taltet.<lb/>
Mit die&#x017F;en elenden Kuplereien. Wa&#x017F;&#x017F;er al-<lb/>
lein, Wein allein.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Herrmann.</hi> </speaker>
            <p>Aber mit Ew. Hochwohlge-<lb/>
bornen Erlaubnis &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <stage>Hier i&#x017F;t wieder etwas außerhalb der Linie. Dies<lb/>
Etwas geho&#x0364;rt auf die Rechnung der Frau v. G.<lb/>
Sie winckte mir, um mir einige Fe&#x017F;tfragen<lb/>
wegen meiner Predigt der Frau v. W. zur<lb/>
Lehre und Tro&#x017F;t vorzulegen. Meine Le&#x017F;er ha-<lb/>
ben u&#x0364;ber die&#x017F;e Predigt &#x017F;chon mehr als eine<lb/>
Predigt geho&#x0364;rt. Ich antwortete der Frau v. G.,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h</fw><fw place="bottom" type="catch">bu&#x0364;ckte</fw><lb/></stage>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[479/0493] ſonſt betriegt man ſich um das Leben. Klei- der ſind das, was Ceremonien in der Kirche ſind. Herr v. G. Das letzte mag ſeyn, das erſte nicht alſo. Du, hochzuehrender Herr Bruder, du! du ſelbſt biſt der groͤßte Lebens- betruͤger, den ich kenne, du lebſt die vorige Zeit ſo vielmal, du wiederholſt dich ſelbſt ſo offt — Herr v. W. Ich miſche Waßer und Wein, Herr Bruder, das Vergangene und das Ge- genwaͤrtige. Herrmann. Waßer macht weiſe, und froͤ- lich der Wein. Herr v. G. Wer weiſe iſt, Herr! iſt auch froͤlich. — Weg mit dieſen Zuſammenfuͤgun- gen, die die Natur nicht ſelbſt veranſtaltet. Mit dieſen elenden Kuplereien. Waſſer al- lein, Wein allein. Herrmann. Aber mit Ew. Hochwohlge- bornen Erlaubnis — Hier iſt wieder etwas außerhalb der Linie. Dies Etwas gehoͤrt auf die Rechnung der Frau v. G. Sie winckte mir, um mir einige Feſtfragen wegen meiner Predigt der Frau v. W. zur Lehre und Troſt vorzulegen. Meine Leſer ha- ben uͤber dieſe Predigt ſchon mehr als eine Predigt gehoͤrt. Ich antwortete der Frau v. G., buͤckte H h

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/493
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/493>, abgerufen am 22.11.2024.