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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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nur immer auf das sieht, was den Begrif-
fen gemein ist. Das Vermögen, sich Dinge
durch Begriffe vorzustellen, heißt denken.
Einen Begrif analysiren, ihn klar machen,
ist ein Hauptstück der Philosophie. Sie
macht Gold; denn wenn es aus der Erde
kommt, ist es Erde, durch Läuterungen wird
es Gold. -- Ein Moralphilosoph kann kei-
nen Buchstab mehr, als dies. Läge der
Begrif der Tugend nicht in uns, wie könn-
ten wir von ihm überzeugt werden? Wie?
-- Begrif, Urtheil, Schluß, major, mi-
nor, conclusio!
Ein Uebergang von einem
Urtheil zum andern, heißt Schluß. Major
enthält mehr in sich, als das Subjekt quae-
stionis.
Es ist der Vater vieler Kinder,
Söhne und Töchter. Ehe man sein Zimmer
bezieht, sieht man den ganzen Pallast. --
Das Prädicat ist größer, als das Subjekt. --
Es behaupten einige: Empfindung wäre die
größte Wahrheit; allein sie giebt nur Stof
zum Urtheil. Die Sinne urtheilen nicht;
die Vernunft urtheilt. Die Sinne sind
Stahl, Feuerstein und Zunder. Zum Ir-
thum
(Heil mir und meinem Buche!)
gehört so gut, als zur Wahrheit, Verstand.

Die

nur immer auf das ſieht, was den Begrif-
fen gemein iſt. Das Vermoͤgen, ſich Dinge
durch Begriffe vorzuſtellen, heißt denken.
Einen Begrif analyſiren, ihn klar machen,
iſt ein Hauptſtuͤck der Philoſophie. Sie
macht Gold; denn wenn es aus der Erde
kommt, iſt es Erde, durch Laͤuterungen wird
es Gold. — Ein Moralphiloſoph kann kei-
nen Buchſtab mehr, als dies. Laͤge der
Begrif der Tugend nicht in uns, wie koͤnn-
ten wir von ihm uͤberzeugt werden? Wie?
— Begrif, Urtheil, Schluß, major, mi-
nor, concluſio!
Ein Uebergang von einem
Urtheil zum andern, heißt Schluß. Major
enthaͤlt mehr in ſich, als das Subjekt quæ-
ſtionis.
Es iſt der Vater vieler Kinder,
Soͤhne und Toͤchter. Ehe man ſein Zimmer
bezieht, ſieht man den ganzen Pallaſt. —
Das Praͤdicat iſt groͤßer, als das Subjekt. —
Es behaupten einige: Empfindung waͤre die
groͤßte Wahrheit; allein ſie giebt nur Stof
zum Urtheil. Die Sinne urtheilen nicht;
die Vernunft urtheilt. Die Sinne ſind
Stahl, Feuerſtein und Zunder. Zum Ir-
thum
(Heil mir und meinem Buche!)
gehoͤrt ſo gut, als zur Wahrheit, Verſtand.

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[238/0246] nur immer auf das ſieht, was den Begrif- fen gemein iſt. Das Vermoͤgen, ſich Dinge durch Begriffe vorzuſtellen, heißt denken. Einen Begrif analyſiren, ihn klar machen, iſt ein Hauptſtuͤck der Philoſophie. Sie macht Gold; denn wenn es aus der Erde kommt, iſt es Erde, durch Laͤuterungen wird es Gold. — Ein Moralphiloſoph kann kei- nen Buchſtab mehr, als dies. Laͤge der Begrif der Tugend nicht in uns, wie koͤnn- ten wir von ihm uͤberzeugt werden? Wie? — Begrif, Urtheil, Schluß, major, mi- nor, concluſio! Ein Uebergang von einem Urtheil zum andern, heißt Schluß. Major enthaͤlt mehr in ſich, als das Subjekt quæ- ſtionis. Es iſt der Vater vieler Kinder, Soͤhne und Toͤchter. Ehe man ſein Zimmer bezieht, ſieht man den ganzen Pallaſt. — Das Praͤdicat iſt groͤßer, als das Subjekt. — Es behaupten einige: Empfindung waͤre die groͤßte Wahrheit; allein ſie giebt nur Stof zum Urtheil. Die Sinne urtheilen nicht; die Vernunft urtheilt. Die Sinne ſind Stahl, Feuerſtein und Zunder. Zum Ir- thum (Heil mir und meinem Buche!) gehoͤrt ſo gut, als zur Wahrheit, Verſtand. Die

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/246>, abgerufen am 23.11.2024.