Gott! muß man denn, rief ich aus, noch ehe der Herr Candidat geendiget hatte, Gott! muß man denn ein Fieber ausstehen, durch den D. Saft gerettet, und mit ei- nem Judenjungen gepaart werden, wenn man Gutes thut! Der alte Herr setzte noch hiezu: und dreymal um den großen Tisch hinken!
O Minchen! welch eine Seele hast du! (dies fühlt' ich nur) wie glücklich bin ich, daß sie mein ist! -- ich war außer mir. --
Bey dem Alexanderspiel hatt' es Min- chen in der ersten Zeit übel aufgenommen, daß ihr Bruder Darius immer geschlagen wurde. Laß mich den Darius machen, sagte sie zu Benjamin. -- Du wirst sehen wir gewinnen. Benjamin aber entschuldigte sich sehr weise mit der Geschichte, welcher er nachgeben müßte, obgleich ich auch beym Ringen, eh' er Darius und ich Alexander war, jederzeit bey allem seinem Schweis des Angesichts Ueberwinder war. Nach- dem sie größer war, setzte der Herr Candi- dat hinzu, ließ sie sich gern schlagen und ge- fangen nehmen. Sie sah' es ohnfehlbar selbst ein, daß es die Geschichte so mit sich brachte. Wie viel Mühe hatt' ich, nicht
über-
Gott! muß man denn, rief ich aus, noch ehe der Herr Candidat geendiget hatte, Gott! muß man denn ein Fieber ausſtehen, durch den D. Saft gerettet, und mit ei- nem Judenjungen gepaart werden, wenn man Gutes thut! Der alte Herr ſetzte noch hiezu: und dreymal um den großen Tiſch hinken!
O Minchen! welch eine Seele haſt du! (dies fuͤhlt’ ich nur) wie gluͤcklich bin ich, daß ſie mein iſt! — ich war außer mir. —
Bey dem Alexanderſpiel hatt’ es Min- chen in der erſten Zeit uͤbel aufgenommen, daß ihr Bruder Darius immer geſchlagen wurde. Laß mich den Darius machen, ſagte ſie zu Benjamin. — Du wirſt ſehen wir gewinnen. Benjamin aber entſchuldigte ſich ſehr weiſe mit der Geſchichte, welcher er nachgeben muͤßte, obgleich ich auch beym Ringen, eh’ er Darius und ich Alexander war, jederzeit bey allem ſeinem Schweis des Angeſichts Ueberwinder war. Nach- dem ſie groͤßer war, ſetzte der Herr Candi- dat hinzu, ließ ſie ſich gern ſchlagen und ge- fangen nehmen. Sie ſah’ es ohnfehlbar ſelbſt ein, daß es die Geſchichte ſo mit ſich brachte. Wie viel Muͤhe hatt’ ich, nicht
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Gott! muß man denn, rief ich aus,
noch ehe der Herr Candidat geendiget hatte,
Gott! muß man denn ein Fieber ausſtehen,
durch den D. Saft gerettet, und mit ei-
nem Judenjungen gepaart werden, wenn
man Gutes thut! Der alte Herr ſetzte noch
hiezu: und dreymal um den großen Tiſch
hinken!
O Minchen! welch eine Seele haſt du!
(dies fuͤhlt’ ich nur) wie gluͤcklich bin ich,
daß ſie mein iſt! — ich war außer mir. —
Bey dem Alexanderſpiel hatt’ es Min-
chen in der erſten Zeit uͤbel aufgenommen,
daß ihr Bruder Darius immer geſchlagen
wurde. Laß mich den Darius machen,
ſagte ſie zu Benjamin. — Du wirſt ſehen
wir gewinnen. Benjamin aber entſchuldigte
ſich ſehr weiſe mit der Geſchichte, welcher er
nachgeben muͤßte, obgleich ich auch beym
Ringen, eh’ er Darius und ich Alexander
war, jederzeit bey allem ſeinem Schweis
des Angeſichts Ueberwinder war. Nach-
dem ſie groͤßer war, ſetzte der Herr Candi-
dat hinzu, ließ ſie ſich gern ſchlagen und ge-
fangen nehmen. Sie ſah’ es ohnfehlbar
ſelbſt ein, daß es die Geſchichte ſo mit ſich
brachte. Wie viel Muͤhe hatt’ ich, nicht
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/53>, abgerufen am 23.11.2024.
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