Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

ihm nicht, meinem Vater. Denen, die Gott
lieben, müssen alle Dinge zum besten dienen.
Seine Grausamkeit ist meine Beförderung
zur ewigen Ruhe. Mein Leib stirbt je län-
ger je mehr, und der Geist, sein Freund,
nimmt oft mehr hier an Theil, als ichs gerne
sehe. Doch giebts Stunden, wo ich fühle,
daß meine Seel' unsterblich sey, wo ich nicht
sehe auf das Sichtbare, sondern auf das Un-
sichtbare, denn was sichtbar ist, ist zeitlich,
was aber unsichtbar ist, (o Gott hilf mir!) ist
ewig, ist ewig. Es ist meiner Seel oft so,
als wenn man den Kirchthurm von dem Orte
sieht, wo man hin will. Man denkt, man
sey schon da! Ich habe heute mit meinem lie-
ben Pastor wegen des Tagebuchs mit dem
Zeichen des Kreuzes
noch einmal gespro-
chen. Er nimmt es auf sich, dich zu allem
vorzubereiten. -- Fluche meinem Vater
nicht. Fluch' ihm nicht! --

Darf ich hier eine Einschaltung machen;
dies Kruztagebuch lag im großen Pack. Nach
einem großen Kreuze fängt es an:

[Abbildung]


Ob

ihm nicht, meinem Vater. Denen, die Gott
lieben, muͤſſen alle Dinge zum beſten dienen.
Seine Grauſamkeit iſt meine Befoͤrderung
zur ewigen Ruhe. Mein Leib ſtirbt je laͤn-
ger je mehr, und der Geiſt, ſein Freund,
nimmt oft mehr hier an Theil, als ichs gerne
ſehe. Doch giebts Stunden, wo ich fuͤhle,
daß meine Seel’ unſterblich ſey, wo ich nicht
ſehe auf das Sichtbare, ſondern auf das Un-
ſichtbare, denn was ſichtbar iſt, iſt zeitlich,
was aber unſichtbar iſt, (o Gott hilf mir!) iſt
ewig, iſt ewig. Es iſt meiner Seel oft ſo,
als wenn man den Kirchthurm von dem Orte
ſieht, wo man hin will. Man denkt, man
ſey ſchon da! Ich habe heute mit meinem lie-
ben Paſtor wegen des Tagebuchs mit dem
Zeichen des Kreuzes
noch einmal geſpro-
chen. Er nimmt es auf ſich, dich zu allem
vorzubereiten. — Fluche meinem Vater
nicht. Fluch’ ihm nicht! —

Darf ich hier eine Einſchaltung machen;
dies Kruztagebuch lag im großen Pack. Nach
einem großen Kreuze faͤngt es an:

[Abbildung]


Ob
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0546" n="534"/>
ihm nicht, meinem Vater. Denen, die Gott<lb/>
lieben, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en alle Dinge zum be&#x017F;ten dienen.<lb/>
Seine Grau&#x017F;amkeit i&#x017F;t meine Befo&#x0364;rderung<lb/>
zur ewigen Ruhe. Mein Leib &#x017F;tirbt je la&#x0364;n-<lb/>
ger je mehr, und der Gei&#x017F;t, &#x017F;ein Freund,<lb/>
nimmt oft mehr hier an Theil, als ichs gerne<lb/>
&#x017F;ehe. Doch giebts Stunden, wo ich fu&#x0364;hle,<lb/>
daß meine Seel&#x2019; un&#x017F;terblich &#x017F;ey, wo ich nicht<lb/>
&#x017F;ehe auf das Sichtbare, &#x017F;ondern auf das Un-<lb/>
&#x017F;ichtbare, denn was &#x017F;ichtbar i&#x017F;t, i&#x017F;t zeitlich,<lb/>
was aber un&#x017F;ichtbar i&#x017F;t, (o Gott hilf mir!) i&#x017F;t<lb/>
ewig, i&#x017F;t ewig. Es i&#x017F;t meiner Seel oft &#x017F;o,<lb/>
als wenn man den Kirchthurm von dem Orte<lb/>
&#x017F;ieht, wo man hin will. Man denkt, man<lb/>
&#x017F;ey &#x017F;chon da! Ich habe heute mit meinem lie-<lb/>
ben Pa&#x017F;tor wegen des <hi rendition="#fr">Tagebuchs mit dem<lb/>
Zeichen des Kreuzes</hi> noch einmal ge&#x017F;pro-<lb/>
chen. Er nimmt es auf &#x017F;ich, dich zu allem<lb/>
vorzubereiten. &#x2014; Fluche meinem Vater<lb/>
nicht. Fluch&#x2019; ihm nicht! &#x2014;</p><lb/>
          <p>Darf ich hier eine <hi rendition="#fr">Ein&#x017F;chaltung</hi> machen;<lb/>
dies Kruztagebuch lag im großen Pack. Nach<lb/>
einem großen Kreuze fa&#x0364;ngt es an:<lb/><figure/></p>
          <fw place="bottom" type="catch">Ob</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[534/0546] ihm nicht, meinem Vater. Denen, die Gott lieben, muͤſſen alle Dinge zum beſten dienen. Seine Grauſamkeit iſt meine Befoͤrderung zur ewigen Ruhe. Mein Leib ſtirbt je laͤn- ger je mehr, und der Geiſt, ſein Freund, nimmt oft mehr hier an Theil, als ichs gerne ſehe. Doch giebts Stunden, wo ich fuͤhle, daß meine Seel’ unſterblich ſey, wo ich nicht ſehe auf das Sichtbare, ſondern auf das Un- ſichtbare, denn was ſichtbar iſt, iſt zeitlich, was aber unſichtbar iſt, (o Gott hilf mir!) iſt ewig, iſt ewig. Es iſt meiner Seel oft ſo, als wenn man den Kirchthurm von dem Orte ſieht, wo man hin will. Man denkt, man ſey ſchon da! Ich habe heute mit meinem lie- ben Paſtor wegen des Tagebuchs mit dem Zeichen des Kreuzes noch einmal geſpro- chen. Er nimmt es auf ſich, dich zu allem vorzubereiten. — Fluche meinem Vater nicht. Fluch’ ihm nicht! — Darf ich hier eine Einſchaltung machen; dies Kruztagebuch lag im großen Pack. Nach einem großen Kreuze faͤngt es an: [Abbildung] Ob

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/546
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/546>, abgerufen am 21.11.2024.