tet, über seinen Lieblingstext. Das Geläute zu diesen Reden -- Hier ists.
Ein Gespräch zwischen dem Grafen und mir. Meine Leser mögen es als eine capta- tionem benevolentiae ansehen.
Alles, was keine Sprache befitzet, was so gar keinen Laut vermag, ist todt an ihm selbst. Alles, was nicht mit vernehmlichen Tönen von der Natur ausgerüstet ist, ringt fast nach Gelegenheit, daß ihm die Zunge gelöset wer- de. Sprache, Ausdruck, ist Leben. Die schwerste Schrift wird biegsam, gefälliger, ge- lenkiger, geschliffener in unserm Munde. Die Zunge ist ein klein Stücklein Fleisch, und fast könnte man von ihr sagen, sie wäre das Lust- schloß der Seele! -- Der Mensch ist der Gott alles Leblosen. Wenn er ihm gleich nicht ei- nen lebendigen Odem einhauchen und es be- seelen kann, ists doch fast so, als ob alles spräche, wenn der Mensch ihm zuspricht, als wenn es antwortet, wenn der Mensch es frägt. Die Figur, daß man leblose Dinge anredet, wenn nur die Kunst nicht zu merklich ist, wä- re so unnatürlich eben nicht, als sie jezt auf- fält. Es scheint, als mache der Mensch den Versuch, ob es nicht angienge? Gott sprach, und es ward. Der Mensch spricht, und es
scheint
tet, uͤber ſeinen Lieblingstext. Das Gelaͤute zu dieſen Reden — Hier iſts.
Ein Geſpraͤch zwiſchen dem Grafen und mir. Meine Leſer moͤgen es als eine capta- tionem benevolentiæ anſehen.
Alles, was keine Sprache befitzet, was ſo gar keinen Laut vermag, iſt todt an ihm ſelbſt. Alles, was nicht mit vernehmlichen Toͤnen von der Natur ausgeruͤſtet iſt, ringt faſt nach Gelegenheit, daß ihm die Zunge geloͤſet wer- de. Sprache, Ausdruck, iſt Leben. Die ſchwerſte Schrift wird biegſam, gefaͤlliger, ge- lenkiger, geſchliffener in unſerm Munde. Die Zunge iſt ein klein Stuͤcklein Fleiſch, und faſt koͤnnte man von ihr ſagen, ſie waͤre das Luſt- ſchloß der Seele! — Der Menſch iſt der Gott alles Lebloſen. Wenn er ihm gleich nicht ei- nen lebendigen Odem einhauchen und es be- ſeelen kann, iſts doch faſt ſo, als ob alles ſpraͤche, wenn der Menſch ihm zuſpricht, als wenn es antwortet, wenn der Menſch es fraͤgt. Die Figur, daß man lebloſe Dinge anredet, wenn nur die Kunſt nicht zu merklich iſt, waͤ- re ſo unnatuͤrlich eben nicht, als ſie jezt auf- faͤlt. Es ſcheint, als mache der Menſch den Verſuch, ob es nicht angienge? Gott ſprach, und es ward. Der Menſch ſpricht, und es
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tet, uͤber ſeinen Lieblingstext. Das Gelaͤute
zu dieſen Reden — Hier iſts.
Ein Geſpraͤch zwiſchen dem Grafen und
mir. Meine Leſer moͤgen es als eine capta-
tionem benevolentiæ anſehen.
Alles, was keine Sprache befitzet, was ſo
gar keinen Laut vermag, iſt todt an ihm ſelbſt.
Alles, was nicht mit vernehmlichen Toͤnen
von der Natur ausgeruͤſtet iſt, ringt faſt nach
Gelegenheit, daß ihm die Zunge geloͤſet wer-
de. Sprache, Ausdruck, iſt Leben. Die
ſchwerſte Schrift wird biegſam, gefaͤlliger, ge-
lenkiger, geſchliffener in unſerm Munde. Die
Zunge iſt ein klein Stuͤcklein Fleiſch, und faſt
koͤnnte man von ihr ſagen, ſie waͤre das Luſt-
ſchloß der Seele! — Der Menſch iſt der Gott
alles Lebloſen. Wenn er ihm gleich nicht ei-
nen lebendigen Odem einhauchen und es be-
ſeelen kann, iſts doch faſt ſo, als ob alles
ſpraͤche, wenn der Menſch ihm zuſpricht, als
wenn es antwortet, wenn der Menſch es fraͤgt.
Die Figur, daß man lebloſe Dinge anredet,
wenn nur die Kunſt nicht zu merklich iſt, waͤ-
re ſo unnatuͤrlich eben nicht, als ſie jezt auf-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/163>, abgerufen am 26.11.2024.
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