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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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unaussprechliche Worte! Wenn haben wir
nicht unaussprechliche Selbstlaute gehört,
wenn uns eine schöne Frühlings Morgenrö-
the ins Freye einlud, und wir einsam der
Sonne entgegen giengen! Und das Gefühl
der Kräfte der zukünftigen Welt, welche Be-
geisterung im Sterben!

Die Offenbahrung ist eine erhöhete Ver-
nunft, die Vernunft in heiliger Poesie. Ein
Vernunft-Körper! Sie stellt dar! Sie macht
anschaulich. Es ist ein Höchstes der Ver-
nunft, ein vernünftiges Ideal, und doch eine
solche lautre Milch, daß sie ein Kind faßen
kann. Wo die Vernunft Zahlen hat, besi-
tzet der Christ lebendiges Wesen. Der Weise
denkt, der Christ sieht. Wie sehr weg setzt
ihn diese Faßung über alles, was in der Welt
ist! Er ißt Aehren am Sonntage, wenn ihn
hungert, und wenn selbst der Hohepriester,
auf deßen Brust Licht und Recht strahlen soll-
te, diesen göttlichen Orden verkennet, und
den Pöbel zum kreuzige ihn auffordert, und
sein Müthgen an ihm kühlet. Wenn der
Saducäismus und der Pharisäismus es mit
ihm anbinden will. Wenn die Welt ihn aus-
pfeift, überwindet er weit. -- Christus hat
am meisten von Gelehrten gelitten. -- Seht

die
O 2

unausſprechliche Worte! Wenn haben wir
nicht unausſprechliche Selbſtlaute gehoͤrt,
wenn uns eine ſchoͤne Fruͤhlings Morgenroͤ-
the ins Freye einlud, und wir einſam der
Sonne entgegen giengen! Und das Gefuͤhl
der Kraͤfte der zukuͤnftigen Welt, welche Be-
geiſterung im Sterben!

Die Offenbahrung iſt eine erhoͤhete Ver-
nunft, die Vernunft in heiliger Poeſie. Ein
Vernunft-Koͤrper! Sie ſtellt dar! Sie macht
anſchaulich. Es iſt ein Hoͤchſtes der Ver-
nunft, ein vernuͤnftiges Ideal, und doch eine
ſolche lautre Milch, daß ſie ein Kind faßen
kann. Wo die Vernunft Zahlen hat, beſi-
tzet der Chriſt lebendiges Weſen. Der Weiſe
denkt, der Chriſt ſieht. Wie ſehr weg ſetzt
ihn dieſe Faßung uͤber alles, was in der Welt
iſt! Er ißt Aehren am Sonntage, wenn ihn
hungert, und wenn ſelbſt der Hoheprieſter,
auf deßen Bruſt Licht und Recht ſtrahlen ſoll-
te, dieſen goͤttlichen Orden verkennet, und
den Poͤbel zum kreuzige ihn auffordert, und
ſein Muͤthgen an ihm kuͤhlet. Wenn der
Saducaͤismus und der Phariſaͤismus es mit
ihm anbinden will. Wenn die Welt ihn aus-
pfeift, uͤberwindet er weit. — Chriſtus hat
am meiſten von Gelehrten gelitten. — Seht

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[211/0217] unausſprechliche Worte! Wenn haben wir nicht unausſprechliche Selbſtlaute gehoͤrt, wenn uns eine ſchoͤne Fruͤhlings Morgenroͤ- the ins Freye einlud, und wir einſam der Sonne entgegen giengen! Und das Gefuͤhl der Kraͤfte der zukuͤnftigen Welt, welche Be- geiſterung im Sterben! Die Offenbahrung iſt eine erhoͤhete Ver- nunft, die Vernunft in heiliger Poeſie. Ein Vernunft-Koͤrper! Sie ſtellt dar! Sie macht anſchaulich. Es iſt ein Hoͤchſtes der Ver- nunft, ein vernuͤnftiges Ideal, und doch eine ſolche lautre Milch, daß ſie ein Kind faßen kann. Wo die Vernunft Zahlen hat, beſi- tzet der Chriſt lebendiges Weſen. Der Weiſe denkt, der Chriſt ſieht. Wie ſehr weg ſetzt ihn dieſe Faßung uͤber alles, was in der Welt iſt! Er ißt Aehren am Sonntage, wenn ihn hungert, und wenn ſelbſt der Hoheprieſter, auf deßen Bruſt Licht und Recht ſtrahlen ſoll- te, dieſen goͤttlichen Orden verkennet, und den Poͤbel zum kreuzige ihn auffordert, und ſein Muͤthgen an ihm kuͤhlet. Wenn der Saducaͤismus und der Phariſaͤismus es mit ihm anbinden will. Wenn die Welt ihn aus- pfeift, uͤberwindet er weit. — Chriſtus hat am meiſten von Gelehrten gelitten. — Seht die O 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/217>, abgerufen am 21.11.2024.