so unschuldig, so rein -- Gretchen hatte ihrem Hansen viel von dem schönen Meyer- gute erzählt, das ihr Bruder mit bekäme, und Hausen, obgleich er kein andres Eigen- thum, als eine unbefangene Seele, und ein Paar gesunde Hände, besaß, wär es nicht eingefallen, daß das Gütchen, worauf Gret- chens Eltern waren, ihm mit Gretchen zufal- len würde, wenn Gretchen ihn nicht selbst darauf gebracht hätte. Der Sohn, der sonst das nächste Recht gehabt, war jetzo wohl ver- sorgt. Das liebe Eigenthum; es hat mehr Unheil, als dies, angerichtet. Hans machte sich den Kopf so warm mit allerley Entwür- fen, die er, wenn Gott will, auf diesem Güt- chen ausführen würde, daß sein Paar ge- sunde Hände am Werth verlohren. Gret- chen merkte, daß Hans mit etwas umgieng; indessen wußte sie nicht, was es war. Einst sagte sie ihm, du hast da etwas im Kopf, und sollst doch nur etwas im Herzen haben. Hans indessen hatte Gretchen bey seinen Ent- würfen nicht vergessen. Alles macht' er an ihrer Hand. Ein Stück uncultivirtes Land wollt' er erziehen, und es sollte Gretchenfeld heissen. Dort sollte ein Gang angelegt wer- den, und der sollte Gretchenhall genannt wer-
den.
ſo unſchuldig, ſo rein — Gretchen hatte ihrem Hanſen viel von dem ſchoͤnen Meyer- gute erzaͤhlt, das ihr Bruder mit bekaͤme, und Hauſen, obgleich er kein andres Eigen- thum, als eine unbefangene Seele, und ein Paar geſunde Haͤnde, beſaß, waͤr es nicht eingefallen, daß das Guͤtchen, worauf Gret- chens Eltern waren, ihm mit Gretchen zufal- len wuͤrde, wenn Gretchen ihn nicht ſelbſt darauf gebracht haͤtte. Der Sohn, der ſonſt das naͤchſte Recht gehabt, war jetzo wohl ver- ſorgt. Das liebe Eigenthum; es hat mehr Unheil, als dies, angerichtet. Hans machte ſich den Kopf ſo warm mit allerley Entwuͤr- fen, die er, wenn Gott will, auf dieſem Guͤt- chen ausfuͤhren wuͤrde, daß ſein Paar ge- ſunde Haͤnde am Werth verlohren. Gret- chen merkte, daß Hans mit etwas umgieng; indeſſen wußte ſie nicht, was es war. Einſt ſagte ſie ihm, du haſt da etwas im Kopf, und ſollſt doch nur etwas im Herzen haben. Hans indeſſen hatte Gretchen bey ſeinen Ent- wuͤrfen nicht vergeſſen. Alles macht’ er an ihrer Hand. Ein Stuͤck uncultivirtes Land wollt’ er erziehen, und es ſollte Gretchenfeld heiſſen. Dort ſollte ein Gang angelegt wer- den, und der ſollte Gretchenhall genannt wer-
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ſo unſchuldig, ſo rein — Gretchen hatte
ihrem Hanſen viel von dem ſchoͤnen Meyer-
gute erzaͤhlt, das ihr Bruder mit bekaͤme,
und Hauſen, obgleich er kein andres Eigen-
thum, als eine unbefangene Seele, und ein
Paar geſunde Haͤnde, beſaß, waͤr es nicht
eingefallen, daß das Guͤtchen, worauf Gret-
chens Eltern waren, ihm mit Gretchen zufal-
len wuͤrde, wenn Gretchen ihn nicht ſelbſt
darauf gebracht haͤtte. Der Sohn, der ſonſt
das naͤchſte Recht gehabt, war jetzo wohl ver-
ſorgt. Das liebe Eigenthum; es hat mehr
Unheil, als dies, angerichtet. Hans machte
ſich den Kopf ſo warm mit allerley Entwuͤr-
fen, die er, wenn Gott will, auf dieſem Guͤt-
chen ausfuͤhren wuͤrde, daß ſein Paar ge-
ſunde Haͤnde am Werth verlohren. Gret-
chen merkte, daß Hans mit etwas umgieng;
indeſſen wußte ſie nicht, was es war. Einſt
ſagte ſie ihm, du haſt da etwas im Kopf,
und ſollſt doch nur etwas im Herzen haben.
Hans indeſſen hatte Gretchen bey ſeinen Ent-
wuͤrfen nicht vergeſſen. Alles macht’ er an
ihrer Hand. Ein Stuͤck uncultivirtes Land
wollt’ er erziehen, und es ſollte Gretchenfeld
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/290>, abgerufen am 26.11.2024.
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