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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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der Agende auszuweichen, da sie vom Stande
der Unschuld keinen Begrif haben. --

Meine Leser sind in der Kirche zu L --
schon so bekannt, wie ich selbst, und wissen,
daß die Kirche nie anders als nach einem Lob-
gesang geschlossen wird. Wie beym Begräb-
nis ward nach der Copulation gesungen:
Nun danket alle Gott! --

Nach diesem Gesang betet' alles vorm Al-
tar. Die Braut hatte, wie es wohl sonst
etwas ungewöhnliches ist, keine einzige
Thräne geweint. -- Nach dem Gebet tra-
ten die beyden Töchter der Dorfältesten hin-
zu, und wünschten Gretchen alles aus dem
zweyten Capitel. -- Die ädle Einfalt dieser
Wünschenden war rührend, so wie es alles
ädeleinfältige ist. Gretchen und die Mäd-
chen waren Jahreskinder, Milchschwestern,
zusammen zur Kinderlehre gegangen und zu-
sammen confirmirt, oder, wie es in Preussen
heißt: eingesegnet. Gretchen wünschte, daß
sie auch bald Gelegenheit haben möge, ihnen
beyden so Glück zu wünschen. -- Die Mäd-
chen hatten Thränen in den Augen, und man
sah' es ihnen an, daß es Thränen der Liebe
waren. Gretchen küßte sie beyde, und nun

gien-

der Agende auszuweichen, da ſie vom Stande
der Unſchuld keinen Begrif haben. —

Meine Leſer ſind in der Kirche zu L —
ſchon ſo bekannt, wie ich ſelbſt, und wiſſen,
daß die Kirche nie anders als nach einem Lob-
geſang geſchloſſen wird. Wie beym Begraͤb-
nis ward nach der Copulation geſungen:
Nun danket alle Gott!

Nach dieſem Geſang betet’ alles vorm Al-
tar. Die Braut hatte, wie es wohl ſonſt
etwas ungewoͤhnliches iſt, keine einzige
Thraͤne geweint. — Nach dem Gebet tra-
ten die beyden Toͤchter der Dorfaͤlteſten hin-
zu, und wuͤnſchten Gretchen alles aus dem
zweyten Capitel. — Die aͤdle Einfalt dieſer
Wuͤnſchenden war ruͤhrend, ſo wie es alles
aͤdeleinfaͤltige iſt. Gretchen und die Maͤd-
chen waren Jahreskinder, Milchſchweſtern,
zuſammen zur Kinderlehre gegangen und zu-
ſammen confirmirt, oder, wie es in Preuſſen
heißt: eingeſegnet. Gretchen wuͤnſchte, daß
ſie auch bald Gelegenheit haben moͤge, ihnen
beyden ſo Gluͤck zu wuͤnſchen. — Die Maͤd-
chen hatten Thraͤnen in den Augen, und man
ſah’ es ihnen an, daß es Thraͤnen der Liebe
waren. Gretchen kuͤßte ſie beyde, und nun

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[338/0344] der Agende auszuweichen, da ſie vom Stande der Unſchuld keinen Begrif haben. — Meine Leſer ſind in der Kirche zu L — ſchon ſo bekannt, wie ich ſelbſt, und wiſſen, daß die Kirche nie anders als nach einem Lob- geſang geſchloſſen wird. Wie beym Begraͤb- nis ward nach der Copulation geſungen: Nun danket alle Gott! — Nach dieſem Geſang betet’ alles vorm Al- tar. Die Braut hatte, wie es wohl ſonſt etwas ungewoͤhnliches iſt, keine einzige Thraͤne geweint. — Nach dem Gebet tra- ten die beyden Toͤchter der Dorfaͤlteſten hin- zu, und wuͤnſchten Gretchen alles aus dem zweyten Capitel. — Die aͤdle Einfalt dieſer Wuͤnſchenden war ruͤhrend, ſo wie es alles aͤdeleinfaͤltige iſt. Gretchen und die Maͤd- chen waren Jahreskinder, Milchſchweſtern, zuſammen zur Kinderlehre gegangen und zu- ſammen confirmirt, oder, wie es in Preuſſen heißt: eingeſegnet. Gretchen wuͤnſchte, daß ſie auch bald Gelegenheit haben moͤge, ihnen beyden ſo Gluͤck zu wuͤnſchen. — Die Maͤd- chen hatten Thraͤnen in den Augen, und man ſah’ es ihnen an, daß es Thraͤnen der Liebe waren. Gretchen kuͤßte ſie beyde, und nun gien-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/344>, abgerufen am 21.11.2024.