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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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Sie überwindet den Tod oft weit leichter als
die Liebe: allein auch sie wird von der Pflicht
überwunden. Der Justitzrath fragte so wenig
wenn? daß er mich jetzt zu bitten anfieng,
doch ja zur Heimführung zu bleiben. Da
Gretchen fortfuhr, sich ihm ganz zu weihen,
gab er in seiner Bitte immer mehr zu. --
Zuletzt bat er mich im ganzen Ernst, gar
nicht aus Preussen zu gehen. -- Haben Sie
nicht hier Minens Grab? setzte er hinzu, und
konnte keinen grössern Bewegungsgrund an-
führen. -- Doch warum vorgreifend? Wir
setzten uns zu einem Mahl, so natürlich ein-
gerichtet, wie Gretchen gekleidet war. --
Wir alle, könnt' ich fast sagen, waren so ge-
kleidet, bis auf den Justitzrath, der wie ein
sauber geschriebenes Urtel in beweisender
Form aussah. -- Der Prediger bringt
mich auf diesen Ausdruck. Er hatte den
Einfall, daß wir alle, wie ein Concept, ein
Entwurf, aussähen -- wie die Probe, sagt'
ich, indem mir das Lautenconcert einfiel. --
Der Organist, obgleich er kein hochzeitlich
Kleid anhatte, blieb zum Mahl; nur die
Dorfgeschwornen nicht, obgleich man sie sehr
darum ersuchte. Ich erzählte dem Prediger
und dem Justitzrath, was ich bey dem Glück-

wunsch
Y 3

Sie uͤberwindet den Tod oft weit leichter als
die Liebe: allein auch ſie wird von der Pflicht
uͤberwunden. Der Juſtitzrath fragte ſo wenig
wenn? daß er mich jetzt zu bitten anfieng,
doch ja zur Heimfuͤhrung zu bleiben. Da
Gretchen fortfuhr, ſich ihm ganz zu weihen,
gab er in ſeiner Bitte immer mehr zu. —
Zuletzt bat er mich im ganzen Ernſt, gar
nicht aus Preuſſen zu gehen. — Haben Sie
nicht hier Minens Grab? ſetzte er hinzu, und
konnte keinen groͤſſern Bewegungsgrund an-
fuͤhren. — Doch warum vorgreifend? Wir
ſetzten uns zu einem Mahl, ſo natuͤrlich ein-
gerichtet, wie Gretchen gekleidet war. —
Wir alle, koͤnnt’ ich faſt ſagen, waren ſo ge-
kleidet, bis auf den Juſtitzrath, der wie ein
ſauber geſchriebenes Urtel in beweiſender
Form ausſah. — Der Prediger bringt
mich auf dieſen Ausdruck. Er hatte den
Einfall, daß wir alle, wie ein Concept, ein
Entwurf, ausſaͤhen — wie die Probe, ſagt’
ich, indem mir das Lautenconcert einfiel. —
Der Organiſt, obgleich er kein hochzeitlich
Kleid anhatte, blieb zum Mahl; nur die
Dorfgeſchwornen nicht, obgleich man ſie ſehr
darum erſuchte. Ich erzaͤhlte dem Prediger
und dem Juſtitzrath, was ich bey dem Gluͤck-

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[341/0347] Sie uͤberwindet den Tod oft weit leichter als die Liebe: allein auch ſie wird von der Pflicht uͤberwunden. Der Juſtitzrath fragte ſo wenig wenn? daß er mich jetzt zu bitten anfieng, doch ja zur Heimfuͤhrung zu bleiben. Da Gretchen fortfuhr, ſich ihm ganz zu weihen, gab er in ſeiner Bitte immer mehr zu. — Zuletzt bat er mich im ganzen Ernſt, gar nicht aus Preuſſen zu gehen. — Haben Sie nicht hier Minens Grab? ſetzte er hinzu, und konnte keinen groͤſſern Bewegungsgrund an- fuͤhren. — Doch warum vorgreifend? Wir ſetzten uns zu einem Mahl, ſo natuͤrlich ein- gerichtet, wie Gretchen gekleidet war. — Wir alle, koͤnnt’ ich faſt ſagen, waren ſo ge- kleidet, bis auf den Juſtitzrath, der wie ein ſauber geſchriebenes Urtel in beweiſender Form ausſah. — Der Prediger bringt mich auf dieſen Ausdruck. Er hatte den Einfall, daß wir alle, wie ein Concept, ein Entwurf, ausſaͤhen — wie die Probe, ſagt’ ich, indem mir das Lautenconcert einfiel. — Der Organiſt, obgleich er kein hochzeitlich Kleid anhatte, blieb zum Mahl; nur die Dorfgeſchwornen nicht, obgleich man ſie ſehr darum erſuchte. Ich erzaͤhlte dem Prediger und dem Juſtitzrath, was ich bey dem Gluͤck- wunſch Y 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/347>, abgerufen am 22.11.2024.