Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

der Amtmann, mit dem ich gepaart war, auf
mich gewartet. Ich konnte nichts sprechen,
nicht einst ein Wort zum Dank. Auf solch
einen Tag, wie schön schläft es sich! -- Mein
Schlaf war eine Entzückung in den dritten
Himmel. Es fiel keine Schäkerey den andern
Morgen vor, keine Strohkranzrede. Die
Frau Nathanael schlich sich aus der Schlaf-
kammer, und ich merkte, sie ward roth auf
ihre eigene Hand; sie hätte nicht schleichen
dürfen, auch nicht roth werden, das gute
Gretchen! Nathanael und Gretchen waren
jetzt so ganz eins. Ein Leib, eine Seele!

Wie sich das Paar benachbarter Freunde
kreuzt' und segnete, das zur Hochzeit gebeten
war, und wie der Prediger sagte: post festum!
(nach dem Fest) kam, kann man sich leicht
vorstellen. Hätte der Graf et Compagnie
zusagen laßen; dann hätten wir den Tag zu-
vor diese Freude nicht haben können. Mit
dem Paar benachbarter Freunde hatt' es
nichts zu bedeuten. Dieser Nachtag, dies
Agio von Hochzeitfest, hatte drey Umstände,
die ich außer dem, daß dreymahl mehr Eßen
und dreymahl weniger Vergnügen herrschte,
der Bemerkung werth halte. Die erste Denk-
würdigkeit. Der Amtmann brachte sein Kleid

mir

der Amtmann, mit dem ich gepaart war, auf
mich gewartet. Ich konnte nichts ſprechen,
nicht einſt ein Wort zum Dank. Auf ſolch
einen Tag, wie ſchoͤn ſchlaͤft es ſich! — Mein
Schlaf war eine Entzuͤckung in den dritten
Himmel. Es fiel keine Schaͤkerey den andern
Morgen vor, keine Strohkranzrede. Die
Frau Nathanael ſchlich ſich aus der Schlaf-
kammer, und ich merkte, ſie ward roth auf
ihre eigene Hand; ſie haͤtte nicht ſchleichen
duͤrfen, auch nicht roth werden, das gute
Gretchen! Nathanael und Gretchen waren
jetzt ſo ganz eins. Ein Leib, eine Seele!

Wie ſich das Paar benachbarter Freunde
kreuzt’ und ſegnete, das zur Hochzeit gebeten
war, und wie der Prediger ſagte: poſt feſtum!
(nach dem Feſt) kam, kann man ſich leicht
vorſtellen. Haͤtte der Graf et Compagnie
zuſagen laßen; dann haͤtten wir den Tag zu-
vor dieſe Freude nicht haben koͤnnen. Mit
dem Paar benachbarter Freunde hatt’ es
nichts zu bedeuten. Dieſer Nachtag, dies
Agio von Hochzeitfeſt, hatte drey Umſtaͤnde,
die ich außer dem, daß dreymahl mehr Eßen
und dreymahl weniger Vergnuͤgen herrſchte,
der Bemerkung werth halte. Die erſte Denk-
wuͤrdigkeit. Der Amtmann brachte ſein Kleid

mir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0357" n="351"/>
der Amtmann, mit dem ich gepaart war, auf<lb/>
mich gewartet. Ich konnte nichts &#x017F;prechen,<lb/>
nicht ein&#x017F;t ein Wort zum Dank. Auf &#x017F;olch<lb/>
einen Tag, wie &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;chla&#x0364;ft es &#x017F;ich! &#x2014; Mein<lb/>
Schlaf war eine Entzu&#x0364;ckung in den dritten<lb/>
Himmel. Es fiel keine Scha&#x0364;kerey den andern<lb/>
Morgen vor, keine Strohkranzrede. Die<lb/>
Frau Nathanael &#x017F;chlich &#x017F;ich aus der Schlaf-<lb/>
kammer, und ich merkte, &#x017F;ie ward roth auf<lb/>
ihre eigene Hand; &#x017F;ie ha&#x0364;tte nicht &#x017F;chleichen<lb/>
du&#x0364;rfen, auch nicht roth werden, das gute<lb/>
Gretchen! Nathanael und Gretchen waren<lb/>
jetzt &#x017F;o ganz eins. Ein Leib, eine Seele!</p><lb/>
        <p>Wie &#x017F;ich das Paar benachbarter Freunde<lb/>
kreuzt&#x2019; und &#x017F;egnete, das zur Hochzeit gebeten<lb/>
war, und wie der Prediger &#x017F;agte: <hi rendition="#aq">po&#x017F;t fe&#x017F;tum!</hi><lb/>
(nach dem Fe&#x017F;t) kam, kann man &#x017F;ich leicht<lb/>
vor&#x017F;tellen. Ha&#x0364;tte der <hi rendition="#fr">Graf et Compagnie</hi><lb/>
zu&#x017F;agen laßen; dann ha&#x0364;tten wir den Tag zu-<lb/>
vor die&#x017F;e Freude nicht haben ko&#x0364;nnen. Mit<lb/>
dem Paar benachbarter Freunde hatt&#x2019; es<lb/>
nichts zu bedeuten. Die&#x017F;er Nachtag, dies<lb/>
Agio von Hochzeitfe&#x017F;t, hatte drey Um&#x017F;ta&#x0364;nde,<lb/>
die ich außer dem, daß dreymahl mehr Eßen<lb/>
und dreymahl weniger Vergnu&#x0364;gen herr&#x017F;chte,<lb/>
der Bemerkung werth halte. Die er&#x017F;te Denk-<lb/>
wu&#x0364;rdigkeit. Der Amtmann brachte &#x017F;ein Kleid<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mir</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0357] der Amtmann, mit dem ich gepaart war, auf mich gewartet. Ich konnte nichts ſprechen, nicht einſt ein Wort zum Dank. Auf ſolch einen Tag, wie ſchoͤn ſchlaͤft es ſich! — Mein Schlaf war eine Entzuͤckung in den dritten Himmel. Es fiel keine Schaͤkerey den andern Morgen vor, keine Strohkranzrede. Die Frau Nathanael ſchlich ſich aus der Schlaf- kammer, und ich merkte, ſie ward roth auf ihre eigene Hand; ſie haͤtte nicht ſchleichen duͤrfen, auch nicht roth werden, das gute Gretchen! Nathanael und Gretchen waren jetzt ſo ganz eins. Ein Leib, eine Seele! Wie ſich das Paar benachbarter Freunde kreuzt’ und ſegnete, das zur Hochzeit gebeten war, und wie der Prediger ſagte: poſt feſtum! (nach dem Feſt) kam, kann man ſich leicht vorſtellen. Haͤtte der Graf et Compagnie zuſagen laßen; dann haͤtten wir den Tag zu- vor dieſe Freude nicht haben koͤnnen. Mit dem Paar benachbarter Freunde hatt’ es nichts zu bedeuten. Dieſer Nachtag, dies Agio von Hochzeitfeſt, hatte drey Umſtaͤnde, die ich außer dem, daß dreymahl mehr Eßen und dreymahl weniger Vergnuͤgen herrſchte, der Bemerkung werth halte. Die erſte Denk- wuͤrdigkeit. Der Amtmann brachte ſein Kleid mir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/357
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/357>, abgerufen am 22.11.2024.