von selbst versieht, ihr gebranntes Herzeleid vom Vater; Rückhalt aber von der Frau Mamma, die durchaus ihr Blut, wie sie sagte, ins Reine bringen wollte. Ihr Va- ter seliger war Sekretair, und hatte des Jahrs praeter propter hundert Reichsthaler jährliche Einkünfte gehabt, womit ihr Ehemann gewis kaum vierzehn Tage haushielt, aber des Bluts wegen --
Eine Ermahnung an Herrn v. G -- der von der Jagd kam, und sich noch ein Viertelstündchen vom Schlaf losbit- ten muste.
Es kostet' ihm doch einige Mühe, die Frak- turbuchstaben für die Blondine auszusirei- chen, eigentlich auszukratzen. Die Reise kam ihm sehr zu statten. Wären wir länger in Königsberg geblieben, würd' er sich vor- züglich an die Brunette gewendet haben, die ihm der Testator eigentlich beschied, und die, so stolz sie war, mit keiner Sylbe an die hei- lige Ehe dachte. Sie wollte nur siegen, blos siegen; aus der Beute machte sie nichts. Sie theilte sie andern aus. Mit den lieben Blon- dinen, sie wollen gleich heyrathen, sagte Jun- ker Gotthard. -- Ich hab' es schon irgend- wo bemerkt, daß Junker Gotthard beyde,
die
von ſelbſt verſieht, ihr gebranntes Herzeleid vom Vater; Ruͤckhalt aber von der Frau Mamma, die durchaus ihr Blut, wie ſie ſagte, ins Reine bringen wollte. Ihr Va- ter ſeliger war Sekretair, und hatte des Jahrs præter propter hundert Reichsthaler jaͤhrliche Einkuͤnfte gehabt, womit ihr Ehemann gewis kaum vierzehn Tage haushielt, aber des Bluts wegen —
Eine Ermahnung an Herrn v. G — der von der Jagd kam, und ſich noch ein Viertelſtuͤndchen vom Schlaf losbit- ten muſte.
Es koſtet’ ihm doch einige Muͤhe, die Frak- turbuchſtaben fuͤr die Blondine auszuſirei- chen, eigentlich auszukratzen. Die Reiſe kam ihm ſehr zu ſtatten. Waͤren wir laͤnger in Koͤnigsberg geblieben, wuͤrd’ er ſich vor- zuͤglich an die Brunette gewendet haben, die ihm der Teſtator eigentlich beſchied, und die, ſo ſtolz ſie war, mit keiner Sylbe an die hei- lige Ehe dachte. Sie wollte nur ſiegen, blos ſiegen; aus der Beute machte ſie nichts. Sie theilte ſie andern aus. Mit den lieben Blon- dinen, ſie wollen gleich heyrathen, ſagte Jun- ker Gotthard. — Ich hab’ es ſchon irgend- wo bemerkt, daß Junker Gotthard beyde,
die
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von ſelbſt verſieht, ihr gebranntes Herzeleid
vom Vater; Ruͤckhalt aber von der Frau
Mamma, die durchaus ihr Blut, wie ſie
ſagte, ins Reine bringen wollte. Ihr Va-
ter ſeliger war Sekretair, und hatte des Jahrs
præter propter hundert Reichsthaler jaͤhrliche
Einkuͤnfte gehabt, womit ihr Ehemann gewis
kaum vierzehn Tage haushielt, aber des
Bluts wegen —
Eine Ermahnung an Herrn
v. G — der von der Jagd kam, und ſich
noch ein Viertelſtuͤndchen vom Schlaf losbit-
ten muſte.
Es koſtet’ ihm doch einige Muͤhe, die Frak-
turbuchſtaben fuͤr die Blondine auszuſirei-
chen, eigentlich auszukratzen. Die Reiſe
kam ihm ſehr zu ſtatten. Waͤren wir laͤnger
in Koͤnigsberg geblieben, wuͤrd’ er ſich vor-
zuͤglich an die Brunette gewendet haben, die
ihm der Teſtator eigentlich beſchied, und die,
ſo ſtolz ſie war, mit keiner Sylbe an die hei-
lige Ehe dachte. Sie wollte nur ſiegen, blos
ſiegen; aus der Beute machte ſie nichts. Sie
theilte ſie andern aus. Mit den lieben Blon-
dinen, ſie wollen gleich heyrathen, ſagte Jun-
ker Gotthard. — Ich hab’ es ſchon irgend-
wo bemerkt, daß Junker Gotthard beyde,
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/421>, abgerufen am 22.11.2024.
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