Kopf -- Seine Nation war in ihm getroffen, wie aus dem Auge gerissen. Er kam von Ruß- land, und wollte noch weiter in die Welt. Hier, sagt er, in eurem Staat (ich bin ein Curländer, mein Herr Engländer,) überall eine Saladiere zu wenig, ein Friedrichsd'or bespart. In Rußland zehn Rubel, ein paar Schüsseln zu viel. Immer Epakten, immer Ueberschuß! Das, fuhr er fort, liegt im geheimsten Mark des Staats. In Peters- burg ist zu viel, in Berlin zu wenig Platz, das seh' ich an Gebäuden, die sich sehen laßen. -- Man weiß, wie die Engländer sind! Für den König war er, wie ich. Ganz gewiß hat er an seinen Vater auch so geschrieben, wie ich. -- Der Starrkopf! Die Franzosen wa- ren seine Freunde nicht, wie gewöhnlich. Der König von Preußen, sagte mein Eng- länder, liebt den französischen Verstand; aber nicht den französischen Willen. Wir und ihr (Wir voraus, das hieß: Engländer und Teutschen) bleiben bey der Angel, wenn gleich in einigen Stunden kein Fisch kommt. Der Franzose schießt wäh- rend der Zeit einen Vogel. Er trägt Gold auf dem Hut; wir ein feines Hemde. Viele in Berlin, fuhr er fort, welche den Un-
ter-
Kopf — Seine Nation war in ihm getroffen, wie aus dem Auge geriſſen. Er kam von Ruß- land, und wollte noch weiter in die Welt. Hier, ſagt er, in eurem Staat (ich bin ein Curlaͤnder, mein Herr Englaͤnder,) uͤberall eine Saladiere zu wenig, ein Friedrichsd’or beſpart. In Rußland zehn Rubel, ein paar Schuͤſſeln zu viel. Immer Epakten, immer Ueberſchuß! Das, fuhr er fort, liegt im geheimſten Mark des Staats. In Peters- burg iſt zu viel, in Berlin zu wenig Platz, das ſeh’ ich an Gebaͤuden, die ſich ſehen laßen. — Man weiß, wie die Englaͤnder ſind! Fuͤr den Koͤnig war er, wie ich. Ganz gewiß hat er an ſeinen Vater auch ſo geſchrieben, wie ich. — Der Starrkopf! Die Franzoſen wa- ren ſeine Freunde nicht, wie gewoͤhnlich. Der Koͤnig von Preußen, ſagte mein Eng- laͤnder, liebt den franzoͤſiſchen Verſtand; aber nicht den franzoͤſiſchen Willen. Wir und ihr (Wir voraus, das hieß: Englaͤnder und Teutſchen) bleiben bey der Angel, wenn gleich in einigen Stunden kein Fiſch kommt. Der Franzoſe ſchießt waͤh- rend der Zeit einen Vogel. Er traͤgt Gold auf dem Hut; wir ein feines Hemde. Viele in Berlin, fuhr er fort, welche den Un-
ter-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0448"n="440"/>
Kopf — Seine Nation war in ihm getroffen,<lb/>
wie aus dem Auge geriſſen. Er kam von Ruß-<lb/>
land, und wollte noch weiter in die Welt.<lb/>
Hier, ſagt er, in eurem Staat (ich bin ein<lb/>
Curlaͤnder, mein Herr Englaͤnder,) uͤberall<lb/>
eine Saladiere zu wenig, ein Friedrichsd’or<lb/>
beſpart. In Rußland zehn Rubel, ein paar<lb/>
Schuͤſſeln zu viel. Immer Epakten, immer<lb/>
Ueberſchuß! Das, fuhr er fort, liegt im<lb/>
geheimſten Mark des Staats. In Peters-<lb/>
burg iſt zu viel, in Berlin zu wenig Platz, das<lb/>ſeh’ ich an Gebaͤuden, die ſich ſehen laßen. —<lb/>
Man weiß, wie die Englaͤnder ſind! Fuͤr den<lb/>
Koͤnig war er, wie ich. Ganz gewiß hat er<lb/>
an ſeinen Vater auch ſo geſchrieben, wie<lb/>
ich. — Der Starrkopf! Die Franzoſen wa-<lb/>
ren ſeine Freunde nicht, wie gewoͤhnlich. <hirendition="#fr">Der<lb/>
Koͤnig von Preußen, ſagte mein Eng-<lb/>
laͤnder, liebt den franzoͤſiſchen Verſtand;<lb/>
aber nicht den franzoͤſiſchen Willen. Wir<lb/>
und ihr</hi> (Wir voraus, das hieß: Englaͤnder<lb/>
und Teutſchen) <hirendition="#fr">bleiben bey der Angel,<lb/>
wenn gleich in einigen Stunden kein<lb/>
Fiſch kommt. Der Franzoſe ſchießt waͤh-<lb/>
rend der Zeit einen Vogel. Er traͤgt<lb/>
Gold auf dem Hut; wir ein feines Hemde</hi>.<lb/>
Viele in Berlin, fuhr er fort, welche den Un-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ter-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[440/0448]
Kopf — Seine Nation war in ihm getroffen,
wie aus dem Auge geriſſen. Er kam von Ruß-
land, und wollte noch weiter in die Welt.
Hier, ſagt er, in eurem Staat (ich bin ein
Curlaͤnder, mein Herr Englaͤnder,) uͤberall
eine Saladiere zu wenig, ein Friedrichsd’or
beſpart. In Rußland zehn Rubel, ein paar
Schuͤſſeln zu viel. Immer Epakten, immer
Ueberſchuß! Das, fuhr er fort, liegt im
geheimſten Mark des Staats. In Peters-
burg iſt zu viel, in Berlin zu wenig Platz, das
ſeh’ ich an Gebaͤuden, die ſich ſehen laßen. —
Man weiß, wie die Englaͤnder ſind! Fuͤr den
Koͤnig war er, wie ich. Ganz gewiß hat er
an ſeinen Vater auch ſo geſchrieben, wie
ich. — Der Starrkopf! Die Franzoſen wa-
ren ſeine Freunde nicht, wie gewoͤhnlich. Der
Koͤnig von Preußen, ſagte mein Eng-
laͤnder, liebt den franzoͤſiſchen Verſtand;
aber nicht den franzoͤſiſchen Willen. Wir
und ihr (Wir voraus, das hieß: Englaͤnder
und Teutſchen) bleiben bey der Angel,
wenn gleich in einigen Stunden kein
Fiſch kommt. Der Franzoſe ſchießt waͤh-
rend der Zeit einen Vogel. Er traͤgt
Gold auf dem Hut; wir ein feines Hemde.
Viele in Berlin, fuhr er fort, welche den Un-
ter-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/448>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.