terschied von Verstand und Willen, nicht so gut, wie der König, einsehen, sind ganz und gar Franzosen. Man könnte diese, unter- brach ich meinen Engländer, weit eher, als die Letten in Curland, Undeutsche nennen. Dies war ihm was Neues vom Jahr. Un- deutsch, wiederhohlt' er, und lächelte. Das Frauenzimmer, bemerkt' er, ist in Berlin zum grösten Theil von Haupt bis zu Füßen französisch. Zum grösten Theil, fiel ihm Junker Gotthard ein, und der kleinere Theil? ist englisch! -- Deutsch! wie Sie wollen, erwiederte der Engländer. Ich dächte, beschlos Junker Gotthard, das Frauenzimmer stamme durch die ganze Welt von den Franzosen, oder die Franzosen vom Frauenzimmer. Wir, der Engländer und ich, vereinigten uns wider den Junker Gott- hard, und bewiesen ihm, daß es noch Frauen- zimmer teutscher, oder englischer Art, gebe, und zeigten ihm davon etliche in Berlin! Ihr kennt sie nur von Ansehen, fuhr Junker Gotthard fort. Darf man mehr, wenn vom Frauenzimmer die Red ist? Da ich dem Jun- ker Gotthard die Gewissensfrage that, ob denn seine Trine von französischer Abkunft sey? war er verlegen. Ich richte meine Frage
nicht
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terſchied von Verſtand und Willen, nicht ſo gut, wie der Koͤnig, einſehen, ſind ganz und gar Franzoſen. Man koͤnnte dieſe, unter- brach ich meinen Englaͤnder, weit eher, als die Letten in Curland, Undeutſche nennen. Dies war ihm was Neues vom Jahr. Un- deutſch, wiederhohlt’ er, und laͤchelte. Das Frauenzimmer, bemerkt’ er, iſt in Berlin zum groͤſten Theil von Haupt bis zu Fuͤßen franzoͤſiſch. Zum groͤſten Theil, fiel ihm Junker Gotthard ein, und der kleinere Theil? iſt engliſch! — Deutſch! wie Sie wollen, erwiederte der Englaͤnder. Ich daͤchte, beſchlos Junker Gotthard, das Frauenzimmer ſtamme durch die ganze Welt von den Franzoſen, oder die Franzoſen vom Frauenzimmer. Wir, der Englaͤnder und ich, vereinigten uns wider den Junker Gott- hard, und bewieſen ihm, daß es noch Frauen- zimmer teutſcher, oder engliſcher Art, gebe, und zeigten ihm davon etliche in Berlin! Ihr kennt ſie nur von Anſehen, fuhr Junker Gotthard fort. Darf man mehr, wenn vom Frauenzimmer die Red iſt? Da ich dem Jun- ker Gotthard die Gewiſſensfrage that, ob denn ſeine Trine von franzoͤſiſcher Abkunft ſey? war er verlegen. Ich richte meine Frage
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terſchied von Verſtand und Willen, nicht ſo
gut, wie der Koͤnig, einſehen, ſind ganz und
gar Franzoſen. Man koͤnnte dieſe, unter-
brach ich meinen Englaͤnder, weit eher, als
die Letten in Curland, Undeutſche nennen.
Dies war ihm was Neues vom Jahr. Un-
deutſch, wiederhohlt’ er, und laͤchelte. Das
Frauenzimmer, bemerkt’ er, iſt in Berlin
zum groͤſten Theil von Haupt bis zu Fuͤßen
franzoͤſiſch. Zum groͤſten Theil, fiel ihm
Junker Gotthard ein, und der kleinere
Theil? iſt engliſch! — Deutſch! wie Sie
wollen, erwiederte der Englaͤnder. Ich
daͤchte, beſchlos Junker Gotthard, das
Frauenzimmer ſtamme durch die ganze Welt
von den Franzoſen, oder die Franzoſen vom
Frauenzimmer. Wir, der Englaͤnder und
ich, vereinigten uns wider den Junker Gott-
hard, und bewieſen ihm, daß es noch Frauen-
zimmer teutſcher, oder engliſcher Art, gebe,
und zeigten ihm davon etliche in Berlin!
Ihr kennt ſie nur von Anſehen, fuhr Junker
Gotthard fort. Darf man mehr, wenn vom
Frauenzimmer die Red iſt? Da ich dem Jun-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/449>, abgerufen am 22.11.2024.
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