hielt, weil sie einen monarchischen Staat machten; dagegen liebte er Ameisen, von de- nen er behauptete, daß sie in der Freyheit lebten. Ist denn der Honig nicht süß, sagte mein Vater? Kostet er denn nicht den besten Saft den Blumen, erwiederte Herr v. G --? Ist es nicht gesammleter Zoll und Arcise, und wird nicht Zoll und Accise noch oben ein mit einem widerlichen Gesumse genommen? Mich dünkt immer, ich höre die Bienen sumsen: Wir von Gottes Gnaden. Freylich ist die Biene militärisch, hat ihr Schwert bey sich, sticht -- allein wenn sie gestochen, wenn sie Krieg geführt hat, ist sie auch so matt und elend -- Und wenn uns die Ameisen be- kriechen? fiel mein Vater ein, so schüttelt man sie ab -- Die häßlichen Thiere -- Sind Curländer, sagte Herr v. G -- könnte seyn, mein Vater.
Staat ist ein so nothdringliches Mittel, den Menschen glücklich zu machen, daß man ohne dies Mittel zu keinem Zweck kommen kann. Alles führt zum Staate, untere und obere Seelenkräfte. Seele und Leib, Be- dürfnis und Leidenschaft, Hospital und Schauspielhaus. Die bürgerliche Gesellschaft ist auch eben darum so gar für Naturzweck
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hielt, weil ſie einen monarchiſchen Staat machten; dagegen liebte er Ameiſen, von de- nen er behauptete, daß ſie in der Freyheit lebten. Iſt denn der Honig nicht ſuͤß, ſagte mein Vater? Koſtet er denn nicht den beſten Saft den Blumen, erwiederte Herr v. G —? Iſt es nicht geſammleter Zoll und Arciſe, und wird nicht Zoll und Acciſe noch oben ein mit einem widerlichen Geſumſe genommen? Mich duͤnkt immer, ich hoͤre die Bienen ſumſen: Wir von Gottes Gnaden. Freylich iſt die Biene militaͤriſch, hat ihr Schwert bey ſich, ſticht — allein wenn ſie geſtochen, wenn ſie Krieg gefuͤhrt hat, iſt ſie auch ſo matt und elend — Und wenn uns die Ameiſen be- kriechen? fiel mein Vater ein, ſo ſchuͤttelt man ſie ab — Die haͤßlichen Thiere — Sind Curlaͤnder, ſagte Herr v. G — koͤnnte ſeyn, mein Vater.
Staat iſt ein ſo nothdringliches Mittel, den Menſchen gluͤcklich zu machen, daß man ohne dies Mittel zu keinem Zweck kommen kann. Alles fuͤhrt zum Staate, untere und obere Seelenkraͤfte. Seele und Leib, Be- duͤrfnis und Leidenſchaft, Hoſpital und Schauſpielhaus. Die buͤrgerliche Geſellſchaft iſt auch eben darum ſo gar fuͤr Naturzweck
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hielt, weil ſie einen monarchiſchen Staat
machten; dagegen liebte er Ameiſen, von de-
nen er behauptete, daß ſie in der Freyheit
lebten. Iſt denn der Honig nicht ſuͤß, ſagte
mein Vater? Koſtet er denn nicht den beſten
Saft den Blumen, erwiederte Herr v. G —?
Iſt es nicht geſammleter Zoll und Arciſe, und
wird nicht Zoll und Acciſe noch oben ein mit
einem widerlichen Geſumſe genommen? Mich
duͤnkt immer, ich hoͤre die Bienen ſumſen:
Wir von Gottes Gnaden. Freylich iſt die
Biene militaͤriſch, hat ihr Schwert bey ſich,
ſticht — allein wenn ſie geſtochen, wenn ſie
Krieg gefuͤhrt hat, iſt ſie auch ſo matt und
elend — Und wenn uns die Ameiſen be-
kriechen? fiel mein Vater ein, ſo ſchuͤttelt
man ſie ab — Die haͤßlichen Thiere —
Sind Curlaͤnder, ſagte Herr v. G — koͤnnte
ſeyn, mein Vater.
Staat iſt ein ſo nothdringliches Mittel,
den Menſchen gluͤcklich zu machen, daß man
ohne dies Mittel zu keinem Zweck kommen
kann. Alles fuͤhrt zum Staate, untere und
obere Seelenkraͤfte. Seele und Leib, Be-
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Schauſpielhaus. Die buͤrgerliche Geſellſchaft
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/184>, abgerufen am 25.11.2024.
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