Vom Garten fieng sich die Haushaltung an, nicht vom Ackerbau. Man aß eher Aep- fel, als Brod. Jeder Mensch bebauete sich einen Fleck mit Bäumen und Kraut, und nie- mand beneidete dem andern sein Gartenland, und niemand kam dem andern ins Gehege. Das Hirtenleben, das Schäferleben wird dem Ackerbau im ersten Buch Mose vorgezogen, und das mit Recht. Die Schäfer waren Kin- der Gottes; die Ackerbauer Kinder der Men- schen. Cain brachte dem Herrn ein Opfer von Feldfrüchten; Abel von den Erstlingen der Heerde. Cain gefiel dem Herrn nicht so wohl, der schon bey seinem Acker, bey seinem erarbeiteten Mein und Dein mit dem Gedan- ken umgieng, eine Stadt zu bauen, die er nach seinem Sohn Hanoch nannte, der Mör- der der! So giengs! Erst Ein Garten, dann zwey Wege, einer das Schäferleben, der an- dre Ackerbau. Beym Schäferleben war noch am wenigsten vom Mein und Dein; al- lein beym Ackerbau, wo der Mensch der Na- tur weniger überläßt, wo er selbst Hand ans Werk legt, wie viel Mein und Dein! Vom Ackerbau bis zur Stadt ist nur so weit, als von Vater und Sohn, vom Mörder Cain und
vom
Vom Garten fieng ſich die Haushaltung an, nicht vom Ackerbau. Man aß eher Aep- fel, als Brod. Jeder Menſch bebauete ſich einen Fleck mit Baͤumen und Kraut, und nie- mand beneidete dem andern ſein Gartenland, und niemand kam dem andern ins Gehege. Das Hirtenleben, das Schaͤferleben wird dem Ackerbau im erſten Buch Moſe vorgezogen, und das mit Recht. Die Schaͤfer waren Kin- der Gottes; die Ackerbauer Kinder der Men- ſchen. Cain brachte dem Herrn ein Opfer von Feldfruͤchten; Abel von den Erſtlingen der Heerde. Cain gefiel dem Herrn nicht ſo wohl, der ſchon bey ſeinem Acker, bey ſeinem erarbeiteten Mein und Dein mit dem Gedan- ken umgieng, eine Stadt zu bauen, die er nach ſeinem Sohn Hanoch nannte, der Moͤr- der der! So giengs! Erſt Ein Garten, dann zwey Wege, einer das Schaͤferleben, der an- dre Ackerbau. Beym Schaͤferleben war noch am wenigſten vom Mein und Dein; al- lein beym Ackerbau, wo der Menſch der Na- tur weniger uͤberlaͤßt, wo er ſelbſt Hand ans Werk legt, wie viel Mein und Dein! Vom Ackerbau bis zur Stadt iſt nur ſo weit, als von Vater und Sohn, vom Moͤrder Cain und
vom
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0218"n="212"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Vom Garten fieng ſich die Haushaltung<lb/>
an, nicht vom Ackerbau. Man aß eher Aep-<lb/>
fel, als Brod. Jeder Menſch bebauete ſich<lb/>
einen Fleck mit Baͤumen und Kraut, und nie-<lb/>
mand beneidete dem andern ſein Gartenland,<lb/>
und niemand kam dem andern ins Gehege.<lb/>
Das Hirtenleben, das Schaͤferleben wird dem<lb/>
Ackerbau im erſten Buch Moſe vorgezogen,<lb/>
und das mit Recht. Die Schaͤfer waren Kin-<lb/>
der Gottes; die Ackerbauer Kinder der Men-<lb/>ſchen. Cain brachte dem Herrn ein Opfer<lb/>
von Feldfruͤchten; Abel von den Erſtlingen<lb/>
der Heerde. Cain gefiel dem Herrn nicht ſo<lb/>
wohl, der ſchon bey ſeinem Acker, bey ſeinem<lb/>
erarbeiteten Mein und Dein mit dem Gedan-<lb/>
ken umgieng, eine Stadt zu bauen, die er<lb/>
nach ſeinem Sohn Hanoch nannte, der Moͤr-<lb/>
der der! So giengs! Erſt Ein Garten, dann<lb/>
zwey Wege, einer das Schaͤferleben, <hirendition="#fr">der an-<lb/>
dre</hi> Ackerbau. Beym Schaͤferleben war<lb/>
noch am wenigſten vom Mein und Dein; al-<lb/>
lein beym Ackerbau, wo der Menſch der Na-<lb/>
tur weniger uͤberlaͤßt, wo er ſelbſt Hand ans<lb/>
Werk legt, wie viel Mein und Dein! Vom<lb/>
Ackerbau bis zur Stadt iſt nur ſo weit, als<lb/>
von Vater und Sohn, vom Moͤrder Cain und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">vom</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[212/0218]
Vom Garten fieng ſich die Haushaltung
an, nicht vom Ackerbau. Man aß eher Aep-
fel, als Brod. Jeder Menſch bebauete ſich
einen Fleck mit Baͤumen und Kraut, und nie-
mand beneidete dem andern ſein Gartenland,
und niemand kam dem andern ins Gehege.
Das Hirtenleben, das Schaͤferleben wird dem
Ackerbau im erſten Buch Moſe vorgezogen,
und das mit Recht. Die Schaͤfer waren Kin-
der Gottes; die Ackerbauer Kinder der Men-
ſchen. Cain brachte dem Herrn ein Opfer
von Feldfruͤchten; Abel von den Erſtlingen
der Heerde. Cain gefiel dem Herrn nicht ſo
wohl, der ſchon bey ſeinem Acker, bey ſeinem
erarbeiteten Mein und Dein mit dem Gedan-
ken umgieng, eine Stadt zu bauen, die er
nach ſeinem Sohn Hanoch nannte, der Moͤr-
der der! So giengs! Erſt Ein Garten, dann
zwey Wege, einer das Schaͤferleben, der an-
dre Ackerbau. Beym Schaͤferleben war
noch am wenigſten vom Mein und Dein; al-
lein beym Ackerbau, wo der Menſch der Na-
tur weniger uͤberlaͤßt, wo er ſelbſt Hand ans
Werk legt, wie viel Mein und Dein! Vom
Ackerbau bis zur Stadt iſt nur ſo weit, als
von Vater und Sohn, vom Moͤrder Cain und
vom
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/218>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.