vom Hanoch. Noch jezt thun wir uns etwas zu gut, wenn wir vom Schäferleben, von der güldenen Zeit, träumen. Wir sehen das Schäferleben als den nächsten Grenzort zum Paradise an.
Der Fall Adams ist der Fall aus der Na- tur ins Mein und Dein, wodurch Arbeit, Mühe, Schweis des Angesichts, Uebermuth, Weichlichkeit in die Welt kam. Auch der Tod ist der Sold dieses Standes der Sünden, der aus Krankheiten besteht, welche aus einem unparadisischen Leben entstehen, und womit der Tod jezt gemeinhin verbunden ist. Vor diesem wäre der Mensch lebendig gen Himmel gekommen; er wäre in dieser Welt eingeschla- fen und im Himmel aufgewacht. Das läßt sich schön hören, lieben Freunde in dem Herrn! allein eingemachte Früchte sind auch nicht zu verwerfen, und eine vorhergegangene Krankheit, hat sie denn nicht ihren großen Nutzen? Macht sie uns nicht das so liebe Le- ben ekel? Ich habe schon oben gesagt: es ist gut zu wissen, daß man wacht, und daß man schläft, und so könnt' ich auch behaupten, eben so gut sey es auch zu wissen, daß man stirbt, und daß man lebt. Ist denn die Kürze des Lebens so etwas schreckliches? Ja wenn
das
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vom Hanoch. Noch jezt thun wir uns etwas zu gut, wenn wir vom Schaͤferleben, von der guͤldenen Zeit, traͤumen. Wir ſehen das Schaͤferleben als den naͤchſten Grenzort zum Paradiſe an.
Der Fall Adams iſt der Fall aus der Na- tur ins Mein und Dein, wodurch Arbeit, Muͤhe, Schweis des Angeſichts, Uebermuth, Weichlichkeit in die Welt kam. Auch der Tod iſt der Sold dieſes Standes der Suͤnden, der aus Krankheiten beſteht, welche aus einem unparadiſiſchen Leben entſtehen, und womit der Tod jezt gemeinhin verbunden iſt. Vor dieſem waͤre der Menſch lebendig gen Himmel gekommen; er waͤre in dieſer Welt eingeſchla- fen und im Himmel aufgewacht. Das laͤßt ſich ſchoͤn hoͤren, lieben Freunde in dem Herrn! allein eingemachte Fruͤchte ſind auch nicht zu verwerfen, und eine vorhergegangene Krankheit, hat ſie denn nicht ihren großen Nutzen? Macht ſie uns nicht das ſo liebe Le- ben ekel? Ich habe ſchon oben geſagt: es iſt gut zu wiſſen, daß man wacht, und daß man ſchlaͤft, und ſo koͤnnt’ ich auch behaupten, eben ſo gut ſey es auch zu wiſſen, daß man ſtirbt, und daß man lebt. Iſt denn die Kuͤrze des Lebens ſo etwas ſchreckliches? Ja wenn
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vom Hanoch. Noch jezt thun wir uns etwas
zu gut, wenn wir vom Schaͤferleben, von der
guͤldenen Zeit, traͤumen. Wir ſehen das
Schaͤferleben als den naͤchſten Grenzort zum
Paradiſe an.
Der Fall Adams iſt der Fall aus der Na-
tur ins Mein und Dein, wodurch Arbeit,
Muͤhe, Schweis des Angeſichts, Uebermuth,
Weichlichkeit in die Welt kam. Auch der Tod
iſt der Sold dieſes Standes der Suͤnden, der
aus Krankheiten beſteht, welche aus einem
unparadiſiſchen Leben entſtehen, und womit
der Tod jezt gemeinhin verbunden iſt. Vor
dieſem waͤre der Menſch lebendig gen Himmel
gekommen; er waͤre in dieſer Welt eingeſchla-
fen und im Himmel aufgewacht. Das laͤßt
ſich ſchoͤn hoͤren, lieben Freunde in dem
Herrn! allein eingemachte Fruͤchte ſind auch
nicht zu verwerfen, und eine vorhergegangene
Krankheit, hat ſie denn nicht ihren großen
Nutzen? Macht ſie uns nicht das ſo liebe Le-
ben ekel? Ich habe ſchon oben geſagt: es iſt
gut zu wiſſen, daß man wacht, und daß man
ſchlaͤft, und ſo koͤnnt’ ich auch behaupten,
eben ſo gut ſey es auch zu wiſſen, daß man
ſtirbt, und daß man lebt. Iſt denn die Kuͤrze
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/219>, abgerufen am 27.11.2024.
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