Halbglück war ein Mädchen, das mir wohl- wolte. Es ward meine Frau. Bald dar- auf erschien der volle Mond. Ich bekam eine Stelle bey der Zoll- und Accise-Verwal- tung, wo ich außer einer Aergernis, die mir viel zusetzt, ehrlich und ordentlich lebe! Zur Aergernis gab ein ganz besondrer Vorfall Gelegenheit. Benjamins Hauptmann, der nicht so gut schrieb und rechnete, wie Benja- min Darius, ward als sein Subaltern ange- setzt. Der arme Mann hatte Feldzüge mit- gemacht, und Darius nichts weiter, als Werbdienste gethan. Natürlich, daß dieser wunderliche Wechsel dem Herrn Hauptmann schmerzen mußte, und dies um so mehr, da er sich von Adel hielt, woran indessen auch gezweifelt ward. Bruder, fügt er hinzu: es ist ein Litteratusadel, den ich mir auch zu- zueignen im Stande wäre. Ich konnte mich nicht des Lachens enthalten.
Benjamin unterhielt mich mit dem Für und Wider, den Adel des Herrn Haupt- manns betreffend, länger als ich selbst wolte. Das ärgste ist, sagt' er, daß unser Hauptmann von Capernaum aus einem gu- ten Hause geheyrathet und eben darum sich Anhang zusammengesprengt hat. Alles
Haus-
Halbgluͤck war ein Maͤdchen, das mir wohl- wolte. Es ward meine Frau. Bald dar- auf erſchien der volle Mond. Ich bekam eine Stelle bey der Zoll- und Acciſe-Verwal- tung, wo ich außer einer Aergernis, die mir viel zuſetzt, ehrlich und ordentlich lebe! Zur Aergernis gab ein ganz beſondrer Vorfall Gelegenheit. Benjamins Hauptmann, der nicht ſo gut ſchrieb und rechnete, wie Benja- min Darius, ward als ſein Subaltern ange- ſetzt. Der arme Mann hatte Feldzuͤge mit- gemacht, und Darius nichts weiter, als Werbdienſte gethan. Natuͤrlich, daß dieſer wunderliche Wechſel dem Herrn Hauptmann ſchmerzen mußte, und dies um ſo mehr, da er ſich von Adel hielt, woran indeſſen auch gezweifelt ward. Bruder, fuͤgt er hinzu: es iſt ein Litteratusadel, den ich mir auch zu- zueignen im Stande waͤre. Ich konnte mich nicht des Lachens enthalten.
Benjamin unterhielt mich mit dem Fuͤr und Wider, den Adel des Herrn Haupt- manns betreffend, laͤnger als ich ſelbſt wolte. Das aͤrgſte iſt, ſagt’ er, daß unſer Hauptmann von Capernaum aus einem gu- ten Hauſe geheyrathet und eben darum ſich Anhang zuſammengeſprengt hat. Alles
Haus-
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Halbgluͤck war ein Maͤdchen, das mir wohl-
wolte. Es ward meine Frau. Bald dar-
auf erſchien der volle Mond. Ich bekam
eine Stelle bey der Zoll- und Acciſe-Verwal-
tung, wo ich außer einer Aergernis, die mir
viel zuſetzt, ehrlich und ordentlich lebe! Zur
Aergernis gab ein ganz beſondrer Vorfall
Gelegenheit. Benjamins Hauptmann, der
nicht ſo gut ſchrieb und rechnete, wie Benja-
min Darius, ward als ſein Subaltern ange-
ſetzt. Der arme Mann hatte Feldzuͤge mit-
gemacht, und Darius nichts weiter, als
Werbdienſte gethan. Natuͤrlich, daß dieſer
wunderliche Wechſel dem Herrn Hauptmann
ſchmerzen mußte, und dies um ſo mehr, da
er ſich von Adel hielt, woran indeſſen auch
gezweifelt ward. Bruder, fuͤgt er hinzu:
es iſt ein Litteratusadel, den ich mir auch zu-
zueignen im Stande waͤre. Ich konnte mich
nicht des Lachens enthalten.
Benjamin unterhielt mich mit dem Fuͤr
und Wider, den Adel des Herrn Haupt-
manns betreffend, laͤnger als ich ſelbſt
wolte. Das aͤrgſte iſt, ſagt’ er, daß unſer
Hauptmann von Capernaum aus einem gu-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/392>, abgerufen am 22.11.2024.
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