Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

len, machte sie ein Geschrey, als wann die
Hüner auffliegen wollen. Wahrlich! die
Farben waren auch nicht recht angebracht,
roth die Augen, schwarz die Zähne. Der
Inspektor, wie behutsam er vom Dache stieg!
Er bewies sich als einen wahren Darius, der
auf der Werbung Lieutnant geworden, und
war, wie er sich ausdrückte, in die Pfanne
gehauen. Er versprach, seinen Vater nicht
zu verlaßen, und ich bot mich als Mitler
an, welches von beyden, vorzüglich von der
Frau Inspektorin, dankbarlich aufgenom-
men ward. --

Was machen Sie da, Gretchen? Ich
kann mit dem Tuche nicht zurechtkommen --
Ich hatte Gretchen die Art gewiesen, wie
sich das schöne Geschlecht in Rußland ein
Tuch um den Kopf bindet. Allerliebst, sagte
Gretchen! Ich wette, sie geht noch alle
Morgen so, bis auf den heutigen Tag!

Ueber die Sprache der Frau Inspektorin
sagte mir Gretchen so was treffendes, daß
ich es durchaus meinen Lesern mittheilen
muß. Ein großer Unterschied, wenn der
Himmel begüßt, und wenn es die Hand des
Gärtnierers thut! Die Blumen wissen gut,
wo es herkommt!

Ich

len, machte ſie ein Geſchrey, als wann die
Huͤner auffliegen wollen. Wahrlich! die
Farben waren auch nicht recht angebracht,
roth die Augen, ſchwarz die Zaͤhne. Der
Inſpektor, wie behutſam er vom Dache ſtieg!
Er bewies ſich als einen wahren Darius, der
auf der Werbung Lieutnant geworden, und
war, wie er ſich ausdruͤckte, in die Pfanne
gehauen. Er verſprach, ſeinen Vater nicht
zu verlaßen, und ich bot mich als Mitler
an, welches von beyden, vorzuͤglich von der
Frau Inſpektorin, dankbarlich aufgenom-
men ward. —

Was machen Sie da, Gretchen? Ich
kann mit dem Tuche nicht zurechtkommen —
Ich hatte Gretchen die Art gewieſen, wie
ſich das ſchoͤne Geſchlecht in Rußland ein
Tuch um den Kopf bindet. Allerliebſt, ſagte
Gretchen! Ich wette, ſie geht noch alle
Morgen ſo, bis auf den heutigen Tag!

Ueber die Sprache der Frau Inſpektorin
ſagte mir Gretchen ſo was treffendes, daß
ich es durchaus meinen Leſern mittheilen
muß. Ein großer Unterſchied, wenn der
Himmel beguͤßt, und wenn es die Hand des
Gaͤrtnierers thut! Die Blumen wiſſen gut,
wo es herkommt!

Ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0437" n="429"/>
len, machte &#x017F;ie ein Ge&#x017F;chrey, als wann die<lb/>
Hu&#x0364;ner auffliegen wollen. Wahrlich! die<lb/>
Farben waren auch nicht recht angebracht,<lb/>
roth die Augen, &#x017F;chwarz die Za&#x0364;hne. Der<lb/>
In&#x017F;pektor, wie behut&#x017F;am er vom Dache &#x017F;tieg!<lb/>
Er bewies &#x017F;ich als einen wahren Darius, der<lb/>
auf der Werbung Lieutnant geworden, und<lb/>
war, wie er &#x017F;ich ausdru&#x0364;ckte, in die Pfanne<lb/>
gehauen. Er ver&#x017F;prach, &#x017F;einen Vater nicht<lb/>
zu verlaßen, und ich bot mich als Mitler<lb/>
an, welches von beyden, vorzu&#x0364;glich von der<lb/>
Frau In&#x017F;pektorin, dankbarlich aufgenom-<lb/>
men ward. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Was machen Sie da, Gretchen? Ich<lb/>
kann mit dem Tuche nicht zurechtkommen &#x2014;<lb/>
Ich hatte Gretchen die Art gewie&#x017F;en, wie<lb/>
&#x017F;ich das &#x017F;cho&#x0364;ne Ge&#x017F;chlecht in Rußland ein<lb/>
Tuch um den Kopf bindet. Allerlieb&#x017F;t, &#x017F;agte<lb/>
Gretchen! Ich wette, &#x017F;ie geht noch alle<lb/>
Morgen &#x017F;o, bis auf den heutigen Tag!</p><lb/>
        <p>Ueber die Sprache der Frau In&#x017F;pektorin<lb/>
&#x017F;agte mir Gretchen &#x017F;o was treffendes, daß<lb/>
ich es durchaus meinen Le&#x017F;ern mittheilen<lb/>
muß. Ein großer Unter&#x017F;chied, wenn der<lb/>
Himmel begu&#x0364;ßt, und wenn es die Hand des<lb/>
Ga&#x0364;rtnierers thut! Die Blumen wi&#x017F;&#x017F;en gut,<lb/>
wo es herkommt!</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Ich</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[429/0437] len, machte ſie ein Geſchrey, als wann die Huͤner auffliegen wollen. Wahrlich! die Farben waren auch nicht recht angebracht, roth die Augen, ſchwarz die Zaͤhne. Der Inſpektor, wie behutſam er vom Dache ſtieg! Er bewies ſich als einen wahren Darius, der auf der Werbung Lieutnant geworden, und war, wie er ſich ausdruͤckte, in die Pfanne gehauen. Er verſprach, ſeinen Vater nicht zu verlaßen, und ich bot mich als Mitler an, welches von beyden, vorzuͤglich von der Frau Inſpektorin, dankbarlich aufgenom- men ward. — Was machen Sie da, Gretchen? Ich kann mit dem Tuche nicht zurechtkommen — Ich hatte Gretchen die Art gewieſen, wie ſich das ſchoͤne Geſchlecht in Rußland ein Tuch um den Kopf bindet. Allerliebſt, ſagte Gretchen! Ich wette, ſie geht noch alle Morgen ſo, bis auf den heutigen Tag! Ueber die Sprache der Frau Inſpektorin ſagte mir Gretchen ſo was treffendes, daß ich es durchaus meinen Leſern mittheilen muß. Ein großer Unterſchied, wenn der Himmel beguͤßt, und wenn es die Hand des Gaͤrtnierers thut! Die Blumen wiſſen gut, wo es herkommt! Ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/437
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/437>, abgerufen am 22.11.2024.