Auftrags bekannt worden und hiernächst dem Herolde meine Würklichkeit versichert; so war die Frage Fremde. Nebenher, was meynen meine Leser, ziemlich unhöflich! Ich be- grüßte die gute Frau v. W -- mit so vieler Achtung, als Empfindung. Nahm Tinchen bey der Hand, die sie sehr nachläßig wegge- worfen, und wolt ihr zum heutigen heili- gen Abend und morgenden Verlobungstage Glück wünschen, da ich bemerkte, daß Mut- ter und Tochter einen geheimen Kummer hat- ten, der tiefer lag, als Herr v. W -- ihn kurz zuvor anzugeben für gut fand! -- War doch Tinchen fast so ausser sich, als wie sie ins Waßer gefallen und als Louischen: Rett! Rett! rief. O wie gern hätt ich das arme Mädchen wieder aus diesem Waßer der An- fechtung gezogen, wenn es in meinen Kräf- ten gewesen wäre! -- Endlich erhohlte sie sich wieder, und Herr v. W -- konnte nicht vor dem Bitten um Vergebung Luft und Kraft schöpfen. Fürs erste, daß er mich ver- kannt, sodann daß seine Frau so unvorberei- tet erschien, hienächst daß die Braut sich so wie ins Waßer gefallen, aufgeführt. An die Frage: ob ich denn auch würklich Major wäre dacht' er nicht, obgleich er billig dieser
Frage
Auftrags bekannt worden und hiernaͤchſt dem Herolde meine Wuͤrklichkeit verſichert; ſo war die Frage Fremde. Nebenher, was meynen meine Leſer, ziemlich unhoͤflich! Ich be- gruͤßte die gute Frau v. W — mit ſo vieler Achtung, als Empfindung. Nahm Tinchen bey der Hand, die ſie ſehr nachlaͤßig wegge- worfen, und wolt ihr zum heutigen heili- gen Abend und morgenden Verlobungstage Gluͤck wuͤnſchen, da ich bemerkte, daß Mut- ter und Tochter einen geheimen Kummer hat- ten, der tiefer lag, als Herr v. W — ihn kurz zuvor anzugeben fuͤr gut fand! — War doch Tinchen faſt ſo auſſer ſich, als wie ſie ins Waßer gefallen und als Louischen: Rett! Rett! rief. O wie gern haͤtt ich das arme Maͤdchen wieder aus dieſem Waßer der An- fechtung gezogen, wenn es in meinen Kraͤf- ten geweſen waͤre! — Endlich erhohlte ſie ſich wieder, und Herr v. W — konnte nicht vor dem Bitten um Vergebung Luft und Kraft ſchoͤpfen. Fuͤrs erſte, daß er mich ver- kannt, ſodann daß ſeine Frau ſo unvorberei- tet erſchien, hienaͤchſt daß die Braut ſich ſo wie ins Waßer gefallen, aufgefuͤhrt. An die Frage: ob ich denn auch wuͤrklich Major waͤre dacht’ er nicht, obgleich er billig dieſer
Frage
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0452"n="444"/>
Auftrags bekannt worden und hiernaͤchſt dem<lb/>
Herolde meine Wuͤrklichkeit verſichert; ſo war<lb/>
die Frage <hirendition="#fr">Fremde</hi>. Nebenher, was meynen<lb/>
meine Leſer, <hirendition="#fr">ziemlich unhoͤflich!</hi> Ich be-<lb/>
gruͤßte die gute Frau v. W — mit ſo vieler<lb/>
Achtung, als Empfindung. Nahm Tinchen<lb/>
bey der Hand, die ſie ſehr nachlaͤßig wegge-<lb/>
worfen, und wolt ihr zum heutigen heili-<lb/>
gen Abend und morgenden Verlobungstage<lb/>
Gluͤck wuͤnſchen, da ich bemerkte, daß Mut-<lb/>
ter und Tochter einen geheimen Kummer hat-<lb/>
ten, der tiefer lag, als Herr v. W — ihn kurz<lb/>
zuvor anzugeben fuͤr gut fand! — War<lb/>
doch Tinchen faſt ſo auſſer ſich, als wie ſie ins<lb/>
Waßer gefallen und als <hirendition="#fr">Louischen: Rett!<lb/>
Rett!</hi> rief. O wie gern haͤtt ich das arme<lb/>
Maͤdchen wieder aus dieſem Waßer der An-<lb/>
fechtung gezogen, wenn es in meinen Kraͤf-<lb/>
ten geweſen waͤre! — Endlich erhohlte ſie<lb/>ſich wieder, und Herr v. W — konnte nicht<lb/>
vor dem Bitten um Vergebung Luft und<lb/>
Kraft ſchoͤpfen. Fuͤrs erſte, daß er mich ver-<lb/>
kannt, ſodann daß ſeine Frau ſo unvorberei-<lb/>
tet erſchien, hienaͤchſt daß die Braut ſich ſo<lb/>
wie ins Waßer gefallen, aufgefuͤhrt. An<lb/>
die Frage: ob ich denn auch wuͤrklich Major<lb/>
waͤre dacht’ er nicht, obgleich er billig dieſer<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Frage</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[444/0452]
Auftrags bekannt worden und hiernaͤchſt dem
Herolde meine Wuͤrklichkeit verſichert; ſo war
die Frage Fremde. Nebenher, was meynen
meine Leſer, ziemlich unhoͤflich! Ich be-
gruͤßte die gute Frau v. W — mit ſo vieler
Achtung, als Empfindung. Nahm Tinchen
bey der Hand, die ſie ſehr nachlaͤßig wegge-
worfen, und wolt ihr zum heutigen heili-
gen Abend und morgenden Verlobungstage
Gluͤck wuͤnſchen, da ich bemerkte, daß Mut-
ter und Tochter einen geheimen Kummer hat-
ten, der tiefer lag, als Herr v. W — ihn kurz
zuvor anzugeben fuͤr gut fand! — War
doch Tinchen faſt ſo auſſer ſich, als wie ſie ins
Waßer gefallen und als Louischen: Rett!
Rett! rief. O wie gern haͤtt ich das arme
Maͤdchen wieder aus dieſem Waßer der An-
fechtung gezogen, wenn es in meinen Kraͤf-
ten geweſen waͤre! — Endlich erhohlte ſie
ſich wieder, und Herr v. W — konnte nicht
vor dem Bitten um Vergebung Luft und
Kraft ſchoͤpfen. Fuͤrs erſte, daß er mich ver-
kannt, ſodann daß ſeine Frau ſo unvorberei-
tet erſchien, hienaͤchſt daß die Braut ſich ſo
wie ins Waßer gefallen, aufgefuͤhrt. An
die Frage: ob ich denn auch wuͤrklich Major
waͤre dacht’ er nicht, obgleich er billig dieſer
Frage
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/452>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.