in der Schlacht hat bei weitem nicht so viel Lehrreiches, wie der Tod einer Wöchnerin in dem Feldzuge, den die Natur ihr anwies -- Wie schön ist hier der Tod, der Tod fürs Vaterland! Ich muss abbrechen; sonst würde ich zu sehr verrathen, dass ich in Hinsicht des Todes nur ein Mann bin. Zwei Freun- dinnen, mit denen mich die Natur so nahe verband, starben diesen Muttertod -- "Es kommt auf die Kleider an, die man dem Tode anzieht," sagte *** -- Du hattest recht, Lie- be -- Dein Tod war leicht, froh, muthig angezogen -- -- -- So sterben Weiber; und wie leben sie? Männer thun, was sie thun, mehr aus Temperament, als aus Grundsätzen: von Umständen hangen sie ab, und lassen sich von ihnen, wie Schiffe die Mast und Ruder verloren vom Winde, hin und her treiben -- Aus Noth, aus Trägheit, aus Bedürfniss han- deln sie. Sie sind im Grunde weit furchtsa- mer als die Weiber; -- es scheint nur an- ders. Immer verbinden sie sich mit andern Männern, und nennen oft (o der Entheiligung des Namens!) Freundschaft, was Furchtsam-
in der Schlacht hat bei weitem nicht so viel Lehrreiches, wie der Tod einer Wöchnerin in dem Feldzuge, den die Natur ihr anwies — Wie schön ist hier der Tod, der Tod fürs Vaterland! Ich muſs abbrechen; sonst würde ich zu sehr verrathen, daſs ich in Hinsicht des Todes nur ein Mann bin. Zwei Freun- dinnen, mit denen mich die Natur so nahe verband, starben diesen Muttertod — »Es kommt auf die Kleider an, die man dem Tode anzieht,» sagte *** — Du hattest recht, Lie- be — Dein Tod war leicht, froh, muthig angezogen — — — So sterben Weiber; und wie leben sie? Männer thun, was sie thun, mehr aus Temperament, als aus Grundsätzen: von Umständen hangen sie ab, und lassen sich von ihnen, wie Schiffe die Mast und Ruder verloren vom Winde, hin und her treiben — Aus Noth, aus Trägheit, aus Bedürfniſs han- deln sie. Sie sind im Grunde weit furchtsa- mer als die Weiber; — es scheint nur an- ders. Immer verbinden sie sich mit andern Männern, und nennen oft (o der Entheiligung des Namens!) Freundschaft, was Furchtsam-
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in der Schlacht hat bei weitem nicht so viel
Lehrreiches, wie der Tod einer Wöchnerin
in dem Feldzuge, den die Natur ihr anwies —
Wie schön ist hier der Tod, der Tod fürs
Vaterland! Ich muſs abbrechen; sonst würde
ich zu sehr verrathen, daſs ich in Hinsicht
des Todes nur ein Mann bin. Zwei Freun-
dinnen, mit denen mich die Natur so nahe
verband, starben diesen Muttertod — »Es
kommt auf die Kleider an, die man dem Tode
anzieht,» sagte *** — Du hattest recht, Lie-
be — Dein Tod war leicht, froh, muthig
angezogen — — — So sterben Weiber; und
wie leben sie? Männer thun, was sie thun,
mehr aus Temperament, als aus Grundsätzen:
von Umständen hangen sie ab, und lassen sich
von ihnen, wie Schiffe die Mast und Ruder
verloren vom Winde, hin und her treiben —
Aus Noth, aus Trägheit, aus Bedürfniſs han-
deln sie. Sie sind im Grunde weit furchtsa-
mer als die Weiber; — es scheint nur an-
ders. Immer verbinden sie sich mit andern
Männern, und nennen oft (o der Entheiligung
des Namens!) Freundschaft, was Furchtsam-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/302>, abgerufen am 22.11.2024.
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