nützlich oder schädlich sei. Giebt es nicht Männer genug, die ihre Töchter nicht anders zu bewachen wissen, als dass sie ihnen Tinte und Federn untersagen?
Storch, ein neuer Reisender, fand, nach seinen Bemerkungen über Frankreich, in der Schule des berühmten Tachygraphen Coulon de Thevenot zu Paris Mädchen, unter denen es einige in der Kunst geschwind zu schrei- ben, zu einer erstaunenswürdigen Fertigkeit gebracht hatten. Heisst das nicht mehr als Orthographie und Kalligraphie?
Vieles in der Stadt- und Landwirthschaft hat man bis jetzt als unbedeutend behandelt; viele Hausthiere sind lange nicht in dem ge- hörigen Masse genutzt und im Ertrage in An- schlag gekommen, und überhaupt ist das anzu- bauende Feld nicht klein, welches auf Weiber- köpfe und Hände wartet, um urbar zu werden -- Fast möcht' ich sagen, die Ökonomie sei weiblichen Geschlechtes, und vorzüglich die, welche ins Grosse geht -- Wie wir doch Al- les so meisterhaft -- wie soll ich sagen? -- um- zukehren oder zu verkehren gewusst haben!
nützlich oder schädlich sei. Giebt es nicht Männer genug, die ihre Töchter nicht anders zu bewachen wissen, als daſs sie ihnen Tinte und Federn untersagen?
Storch, ein neuer Reisender, fand, nach seinen Bemerkungen über Frankreich, in der Schule des berühmten Tachygraphen Coulon de Thévenot zu Paris Mädchen, unter denen es einige in der Kunst geschwind zu schrei- ben, zu einer erstaunenswürdigen Fertigkeit gebracht hatten. Heiſst das nicht mehr als Orthographie und Kalligraphie?
Vieles in der Stadt- und Landwirthschaft hat man bis jetzt als unbedeutend behandelt; viele Hausthiere sind lange nicht in dem ge- hörigen Maſse genutzt und im Ertrage in An- schlag gekommen, und überhaupt ist das anzu- bauende Feld nicht klein, welches auf Weiber- köpfe und Hände wartet, um urbar zu werden — Fast möcht’ ich sagen, die Ökonomie sei weiblichen Geschlechtes, und vorzüglich die, welche ins Groſse geht — Wie wir doch Al- les so meisterhaft — wie soll ich sagen? — um- zukehren oder zu verkehren gewuſst haben!
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nützlich oder schädlich sei. Giebt es nicht
Männer genug, die ihre Töchter nicht anders
zu bewachen wissen, als daſs sie ihnen Tinte
und Federn untersagen?
Storch, ein neuer Reisender, fand, nach
seinen Bemerkungen über Frankreich, in der
Schule des berühmten Tachygraphen Coulon
de Thévenot zu Paris Mädchen, unter denen
es einige in der Kunst geschwind zu schrei-
ben, zu einer erstaunenswürdigen Fertigkeit
gebracht hatten. Heiſst das nicht mehr als
Orthographie und Kalligraphie?
Vieles in der Stadt- und Landwirthschaft
hat man bis jetzt als unbedeutend behandelt;
viele Hausthiere sind lange nicht in dem ge-
hörigen Maſse genutzt und im Ertrage in An-
schlag gekommen, und überhaupt ist das anzu-
bauende Feld nicht klein, welches auf Weiber-
köpfe und Hände wartet, um urbar zu werden
— Fast möcht’ ich sagen, die Ökonomie sei
weiblichen Geschlechtes, und vorzüglich die,
welche ins Groſse geht — Wie wir doch Al-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/324>, abgerufen am 22.11.2024.
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