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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.

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Anhang. Beschreibungen
die alle Aussicht verschließen, auf die Hinterseite eines Architecturwerks stößt. Wenn
man sich durch die Gebüsche hindurchdrängt, sieht man, daß dieses Werk ein schöner,
zirkelförmiger, bedeckter Sitz ist; und indem man sich niederläßt, wird das Auge von
dem schönsten ländlichen Anblick überrascht. Man übersieht nahe vor sich die Wiese
und die Kornflur in ihrer weiten Ausdehnung, über sie hin oben zur Linken den zwey-
ten Ellernwald, weiter herab den ersten Wald des Parks mit seinen Gebüschen und
Spatziergängen, die ihn diesseits umlaufen, und zur Rechten den jungen Eichenhayn.
Das Ganze macht einen reizenden waldigten Kranz; und in einer schmalen Oeffnung
des ersten Waldes steigen drey Hamburger Thürme dicht neben einander empor, als
wenn sie auf einem einzigen Fleck stünden, und erneuern mitten unter diesen ländlichen
Scenen die Erinnerung an das entfernte Gedränge der Stadt, wovon man sich in-
dessen an diesem Ort der Ruhe befreyt fühlt. Die Inschrift, die in dem Sitz ange-
bracht ist, scheint für ihn von dem Genius der Gegend selbst erfunden zu seyn, indem
sie ganz der Scene und der Empfindung, die sie veranlaßt, zustimmt.
O! Wald! o! Schatten grüner Gänge!
Geliebte Flur voll Frühlingspracht!
Mich hat vom städtischen Gepränge
Mein günstig Glück zu euch gebracht;
Wo ich, nach unruhvollen Stunden,
Die Ruhe, die dem Weisen lacht,
Im Schooße der Natur gefunden.

Verfolgt man ferner die weitläuftigen Spatziergänge dieses Waldes, so kommt man
auf ein schönes Feldstück, das von Wald und Gebüschen umschlossen ist. Indem
man zurückschaut, hat man einen angenehmen Prospect von Wandsbeck, indem die
Spitze des Kirchthurins hinter der Waldung malerisch emporsteigt, und die rothen
Dächer der Häuser aus den Ueberwölbungen der Bäume hie und da hervorschimmern.
Man geht queer über die Landstraße, und ist gleich darauf wieder in den Umschattun-
gen des Waldes, bald zwischen Gebüschen, bald unter hohen Bäumen. An dem
westlichen Rande des Waldes liegt Jüthorn, ein Wirthshaus, das nicht allein dem
müden Spatziergänger Ruhe und Erfrischungen anbietet, sondern auch durch seine zier-
liche Bauart, durch seine ländliche Lage und durch die Anpflanzungen, womit es um-
geben ist, einen Gegenstand der Verschönerung darstellt.

Auf den weitern waldigten Spatziergängen gelangt man nach langem Umher-
irren zu einer kleinen Erhöhung, die von Buschwerk ringsumher umschlossen ist.

Man

Anhang. Beſchreibungen
die alle Ausſicht verſchließen, auf die Hinterſeite eines Architecturwerks ſtoͤßt. Wenn
man ſich durch die Gebuͤſche hindurchdraͤngt, ſieht man, daß dieſes Werk ein ſchoͤner,
zirkelfoͤrmiger, bedeckter Sitz iſt; und indem man ſich niederlaͤßt, wird das Auge von
dem ſchoͤnſten laͤndlichen Anblick uͤberraſcht. Man uͤberſieht nahe vor ſich die Wieſe
und die Kornflur in ihrer weiten Ausdehnung, uͤber ſie hin oben zur Linken den zwey-
ten Ellernwald, weiter herab den erſten Wald des Parks mit ſeinen Gebuͤſchen und
Spatziergaͤngen, die ihn dieſſeits umlaufen, und zur Rechten den jungen Eichenhayn.
Das Ganze macht einen reizenden waldigten Kranz; und in einer ſchmalen Oeffnung
des erſten Waldes ſteigen drey Hamburger Thuͤrme dicht neben einander empor, als
wenn ſie auf einem einzigen Fleck ſtuͤnden, und erneuern mitten unter dieſen laͤndlichen
Scenen die Erinnerung an das entfernte Gedraͤnge der Stadt, wovon man ſich in-
deſſen an dieſem Ort der Ruhe befreyt fuͤhlt. Die Inſchrift, die in dem Sitz ange-
bracht iſt, ſcheint fuͤr ihn von dem Genius der Gegend ſelbſt erfunden zu ſeyn, indem
ſie ganz der Scene und der Empfindung, die ſie veranlaßt, zuſtimmt.
O! Wald! o! Schatten gruͤner Gaͤnge!
Geliebte Flur voll Fruͤhlingspracht!
Mich hat vom ſtaͤdtiſchen Gepraͤnge
Mein guͤnſtig Gluͤck zu euch gebracht;
Wo ich, nach unruhvollen Stunden,
Die Ruhe, die dem Weiſen lacht,
Im Schooße der Natur gefunden.

Verfolgt man ferner die weitlaͤuftigen Spatziergaͤnge dieſes Waldes, ſo kommt man
auf ein ſchoͤnes Feldſtuͤck, das von Wald und Gebuͤſchen umſchloſſen iſt. Indem
man zuruͤckſchaut, hat man einen angenehmen Proſpect von Wandsbeck, indem die
Spitze des Kirchthurins hinter der Waldung maleriſch emporſteigt, und die rothen
Daͤcher der Haͤuſer aus den Ueberwoͤlbungen der Baͤume hie und da hervorſchimmern.
Man geht queer uͤber die Landſtraße, und iſt gleich darauf wieder in den Umſchattun-
gen des Waldes, bald zwiſchen Gebuͤſchen, bald unter hohen Baͤumen. An dem
weſtlichen Rande des Waldes liegt Juͤthorn, ein Wirthshaus, das nicht allein dem
muͤden Spatziergaͤnger Ruhe und Erfriſchungen anbietet, ſondern auch durch ſeine zier-
liche Bauart, durch ſeine laͤndliche Lage und durch die Anpflanzungen, womit es um-
geben iſt, einen Gegenſtand der Verſchoͤnerung darſtellt.

Auf den weitern waldigten Spatziergaͤngen gelangt man nach langem Umher-
irren zu einer kleinen Erhoͤhung, die von Buſchwerk ringsumher umſchloſſen iſt.

Man
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[220/0224] Anhang. Beſchreibungen die alle Ausſicht verſchließen, auf die Hinterſeite eines Architecturwerks ſtoͤßt. Wenn man ſich durch die Gebuͤſche hindurchdraͤngt, ſieht man, daß dieſes Werk ein ſchoͤner, zirkelfoͤrmiger, bedeckter Sitz iſt; und indem man ſich niederlaͤßt, wird das Auge von dem ſchoͤnſten laͤndlichen Anblick uͤberraſcht. Man uͤberſieht nahe vor ſich die Wieſe und die Kornflur in ihrer weiten Ausdehnung, uͤber ſie hin oben zur Linken den zwey- ten Ellernwald, weiter herab den erſten Wald des Parks mit ſeinen Gebuͤſchen und Spatziergaͤngen, die ihn dieſſeits umlaufen, und zur Rechten den jungen Eichenhayn. Das Ganze macht einen reizenden waldigten Kranz; und in einer ſchmalen Oeffnung des erſten Waldes ſteigen drey Hamburger Thuͤrme dicht neben einander empor, als wenn ſie auf einem einzigen Fleck ſtuͤnden, und erneuern mitten unter dieſen laͤndlichen Scenen die Erinnerung an das entfernte Gedraͤnge der Stadt, wovon man ſich in- deſſen an dieſem Ort der Ruhe befreyt fuͤhlt. Die Inſchrift, die in dem Sitz ange- bracht iſt, ſcheint fuͤr ihn von dem Genius der Gegend ſelbſt erfunden zu ſeyn, indem ſie ganz der Scene und der Empfindung, die ſie veranlaßt, zuſtimmt. O! Wald! o! Schatten gruͤner Gaͤnge! Geliebte Flur voll Fruͤhlingspracht! Mich hat vom ſtaͤdtiſchen Gepraͤnge Mein guͤnſtig Gluͤck zu euch gebracht; Wo ich, nach unruhvollen Stunden, Die Ruhe, die dem Weiſen lacht, Im Schooße der Natur gefunden. Verfolgt man ferner die weitlaͤuftigen Spatziergaͤnge dieſes Waldes, ſo kommt man auf ein ſchoͤnes Feldſtuͤck, das von Wald und Gebuͤſchen umſchloſſen iſt. Indem man zuruͤckſchaut, hat man einen angenehmen Proſpect von Wandsbeck, indem die Spitze des Kirchthurins hinter der Waldung maleriſch emporſteigt, und die rothen Daͤcher der Haͤuſer aus den Ueberwoͤlbungen der Baͤume hie und da hervorſchimmern. Man geht queer uͤber die Landſtraße, und iſt gleich darauf wieder in den Umſchattun- gen des Waldes, bald zwiſchen Gebuͤſchen, bald unter hohen Baͤumen. An dem weſtlichen Rande des Waldes liegt Juͤthorn, ein Wirthshaus, das nicht allein dem muͤden Spatziergaͤnger Ruhe und Erfriſchungen anbietet, ſondern auch durch ſeine zier- liche Bauart, durch ſeine laͤndliche Lage und durch die Anpflanzungen, womit es um- geben iſt, einen Gegenſtand der Verſchoͤnerung darſtellt. Auf den weitern waldigten Spatziergaͤngen gelangt man nach langem Umher- irren zu einer kleinen Erhoͤhung, die von Buſchwerk ringsumher umſchloſſen iſt. Man

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/224>, abgerufen am 21.11.2024.