Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.Dritter Abschnitt. Gärten Hoffnung des Lebens! hier mußte er sich von ihr trennen, mußte sie in seiner Entfer-nung verlieren, und kam hieher zurück, um ihren Tod und seinen Schmerz zu bewei- nen. Wie rührend waren nicht seine Klagen, wovon diese Einöde ertönte, die Kla- gen der schwermüthigsten Zärtlichkeit, da sie lebte, und der zärtlichsten Schwermuth, da sie starb! "Heitre Quelle, kühle und sanfte Gewässer, an denen meine Schöne "Reizendes Bild im Gedächtniß! Von den schönen Zweigen fiel ein Re- "Wie oft sagte ich damals voll Erstaunen: Ohne Zweifel ist sie eine der "O du, welches so oft von meinen Klagen wiederschallet, einsames Thal! ich
Dritter Abſchnitt. Gaͤrten Hoffnung des Lebens! hier mußte er ſich von ihr trennen, mußte ſie in ſeiner Entfer-nung verlieren, und kam hieher zuruͤck, um ihren Tod und ſeinen Schmerz zu bewei- nen. Wie ruͤhrend waren nicht ſeine Klagen, wovon dieſe Einoͤde ertoͤnte, die Kla- gen der ſchwermuͤthigſten Zaͤrtlichkeit, da ſie lebte, und der zaͤrtlichſten Schwermuth, da ſie ſtarb! „Heitre Quelle, kuͤhle und ſanfte Gewaͤſſer, an denen meine Schoͤne „Reizendes Bild im Gedaͤchtniß! Von den ſchoͤnen Zweigen fiel ein Re- „Wie oft ſagte ich damals voll Erſtaunen: Ohne Zweifel iſt ſie eine der „O du, welches ſo oft von meinen Klagen wiederſchallet, einſames Thal! ich
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Dritter Abſchnitt. Gaͤrten
Hoffnung des Lebens! hier mußte er ſich von ihr trennen, mußte ſie in ſeiner Entfer-
nung verlieren, und kam hieher zuruͤck, um ihren Tod und ſeinen Schmerz zu bewei-
nen. Wie ruͤhrend waren nicht ſeine Klagen, wovon dieſe Einoͤde ertoͤnte, die Kla-
gen der ſchwermuͤthigſten Zaͤrtlichkeit, da ſie lebte, und der zaͤrtlichſten Schwermuth,
da ſie ſtarb!
„Heitre Quelle, kuͤhle und ſanfte Gewaͤſſer, an denen meine Schoͤne
ruhte, die allein dieſes Herz beherrſchet! Schoͤner Baum, den ſie an ihrer
zarten Seite zur Stuͤtze waͤhlte! (mit Seufzen erneure ich dein Bild!) Laub
und Blumen, die ihr zierliches Kleid und ihren engliſchen Buſen bedeckten!
Reine, heilige Luft, in welcher die Liebe mein Herz durch die ſchoͤnen Augen
verwundet! Gebet zuſammen meinen traurigen, meinen letzten Worten
Gehoͤr!“
„Reizendes Bild im Gedaͤchtniß! Von den ſchoͤnen Zweigen fiel ein Re-
gen von Bluͤthen in ihren Schooß; und ſie ſaß demuͤthig in ſolcher Pracht,
mit dem verliebten Regen ſchon bedeckt. Bald fiel eine Bluͤthe auf ihr
Kleid, eine andre ſetzte ſich auf ihre blonden Haare, die damals gleich ge-
ſchliffenem Golde mit Perlen verziert glaͤnzten; eine andre drehte ſich in ei-
ner verliebten Irre langſam um ſie her, und ſchien zu ſagen: Hier herrſchet
die Liebe!“
„Wie oft ſagte ich damals voll Erſtaunen: Ohne Zweifel iſt ſie eine der
Bewohnerinnen des Paradieſes; in ſo tiefe Vergeſſenheit hatten mich ihr
goͤttlicher Gang, das Geſicht, die Worte, das ſanfte Laͤcheln verſenket, ſo
ſehr hatten ſie mich von der Wahrheit entfernt, daß ich ſeufzend ſagte: Wie
oder wann bin ich hieher gekommen? Denn ich glaubte im Himmel zu ſeyn,
und nicht mehr da, wo ich war. Seit dieſer Zeit gefallen mir dieſe Gefilde
ſo ſehr, daß ich an andern Orten keinen Frieden mehr finde.“
„O du, welches ſo oft von meinen Klagen wiederſchallet, einſames Thal!
und du, o Fluß, der oft von meinen Thraͤnen ſchwillt! wilde Thiere, fluͤch-
tige Voͤgel, ſchwimmende Bewohner der Fluthen, welche dieſes gruͤne Ufer
einſchließt! und du von meinen Seufzern erhitzte, heitere Luft! anmuthiger
Weg, der mir jetzt ſo ſchwer wird! o Huͤgel, der vordem mich ergoͤtzet, und
jetzt mich betruͤbet, auf den mich noch aus Gewohnheit die Liebe fuͤhrt! In
euch erkenne ich wohl die vorige Geſtalt; nicht in mir Ungluͤcklichen, der
ich
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