Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.
Achter Abschnitt. Gartenmäßige Verschönerung Erweiterung der Nahrung und des Handels. Ihre Vortheile vergrößern sich mitjedem Jahre, und verbreiten sich über die späteste Nachkommenschaft hinaus. Der Gewinn dieser Vortheile ist mit geringer Mühe, und fast nur im Anfang, verbun- den; sie lassen sich in der Folge ohne erhebliche Anstrengung der Kosten, und ohne Zeitverlust einerndten. Die Obstbaumzucht ist keiner einzigen Arbeit des Landmanns hinderlich. In den Feyerstunden, die dem Landbau nicht gewidmet sind, kann er sich selbst zum Vergnügen mit seinen Fruchtbäumen beschäftigen. Sie bereichern seine Haushaltung mit einem mannichfaltigen, angenehmen und zugleich gesunden Vorrath zur Speise und zum Getränk, zum Viehfutter und zum einträglichen Han- del nicht weniger, als die Feldfrüchte, die ihm Schweiß und Zeit kosten; sie hüllen seine Wohnung in die Ruhe eines anmuthigen Schattens ein; und spät spielen und sammeln noch seine Enkel unter eben den Stämmen, worunter er mit seinem gelieb- ten Weibe so oft von der Arbeit ausruhete, so oft voll stiller Zufriedenheit in die Dämmerung der Zukunft hinaus blickte. Die Vortheile der Obstbaumzucht sind so groß und so zuverläßig, daß selbst in manchen Ländern, die schon mit Fruchtbäumen genug bereichert scheinen, ihre Anpflanzungen noch jährlich mit dem lebhaftesten Eifer fortgesetzt werden. In so vielen Provinzen von Deutschland sowohl, als auch von andern Ländern, nähren sich nicht allein die Einwohner sehr reichlich von der Obstbaumzucht, sondern gewinnen auch noch davon ein ansehnliches verzinsbares Vermögen*). Die Benutzung der Baumfrüchte ist so vielfältig und so sehr noch der Erweiterung fähig, daß sie eine eigene Abhandlung erforderte, die jedoch so we- nig zu dem Plan dieses Werks gehört, als eine Anweisung zur Erziehung der Frucht- bäume selbst**). Die Meyerey verstattet eine Anxflanzung von allen Gattungen und Arten der Sie *) Viele Nachrichten davon findet man in meinem Gartenkalender schon von den Jahren 1782, 83, und 84. **) Die besten neuern Schriften über
die Obstbaumzucht, so wie über andere [Spaltenumbruch] Zweige der ökonomischen Gärtnerey, fin- det man in den angeführten Jahrgängen des Gartenkalenders und in seinen Fortse- tzungen angezeigt. Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung Erweiterung der Nahrung und des Handels. Ihre Vortheile vergroͤßern ſich mitjedem Jahre, und verbreiten ſich uͤber die ſpaͤteſte Nachkommenſchaft hinaus. Der Gewinn dieſer Vortheile iſt mit geringer Muͤhe, und faſt nur im Anfang, verbun- den; ſie laſſen ſich in der Folge ohne erhebliche Anſtrengung der Koſten, und ohne Zeitverluſt einerndten. Die Obſtbaumzucht iſt keiner einzigen Arbeit des Landmanns hinderlich. In den Feyerſtunden, die dem Landbau nicht gewidmet ſind, kann er ſich ſelbſt zum Vergnuͤgen mit ſeinen Fruchtbaͤumen beſchaͤftigen. Sie bereichern ſeine Haushaltung mit einem mannichfaltigen, angenehmen und zugleich geſunden Vorrath zur Speiſe und zum Getraͤnk, zum Viehfutter und zum eintraͤglichen Han- del nicht weniger, als die Feldfruͤchte, die ihm Schweiß und Zeit koſten; ſie huͤllen ſeine Wohnung in die Ruhe eines anmuthigen Schattens ein; und ſpaͤt ſpielen und ſammeln noch ſeine Enkel unter eben den Staͤmmen, worunter er mit ſeinem gelieb- ten Weibe ſo oft von der Arbeit ausruhete, ſo oft voll ſtiller Zufriedenheit in die Daͤmmerung der Zukunft hinaus blickte. Die Vortheile der Obſtbaumzucht ſind ſo groß und ſo zuverlaͤßig, daß ſelbſt in manchen Laͤndern, die ſchon mit Fruchtbaͤumen genug bereichert ſcheinen, ihre Anpflanzungen noch jaͤhrlich mit dem lebhafteſten Eifer fortgeſetzt werden. In ſo vielen Provinzen von Deutſchland ſowohl, als auch von andern Laͤndern, naͤhren ſich nicht allein die Einwohner ſehr reichlich von der Obſtbaumzucht, ſondern gewinnen auch noch davon ein anſehnliches verzinsbares Vermoͤgen*). Die Benutzung der Baumfruͤchte iſt ſo vielfaͤltig und ſo ſehr noch der Erweiterung faͤhig, daß ſie eine eigene Abhandlung erforderte, die jedoch ſo we- nig zu dem Plan dieſes Werks gehoͤrt, als eine Anweiſung zur Erziehung der Frucht- baͤume ſelbſt**). Die Meyerey verſtattet eine Anxflanzung von allen Gattungen und Arten der Sie *) Viele Nachrichten davon findet man in meinem Gartenkalender ſchon von den Jahren 1782, 83, und 84. **) Die beſten neuern Schriften uͤber
die Obſtbaumzucht, ſo wie uͤber andere [Spaltenumbruch] Zweige der oͤkonomiſchen Gaͤrtnerey, fin- det man in den angefuͤhrten Jahrgaͤngen des Gartenkalenders und in ſeinen Fortſe- tzungen angezeigt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0156" n="148"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung</hi></fw><lb/> Erweiterung der Nahrung und des Handels. Ihre Vortheile vergroͤßern ſich mit<lb/> jedem Jahre, und verbreiten ſich uͤber die ſpaͤteſte Nachkommenſchaft hinaus. Der<lb/> Gewinn dieſer Vortheile iſt mit geringer Muͤhe, und faſt nur im Anfang, verbun-<lb/> den; ſie laſſen ſich in der Folge ohne erhebliche Anſtrengung der Koſten, und ohne<lb/> Zeitverluſt einerndten. Die Obſtbaumzucht iſt keiner einzigen Arbeit des Landmanns<lb/> hinderlich. In den Feyerſtunden, die dem Landbau nicht gewidmet ſind, kann er<lb/> ſich ſelbſt zum Vergnuͤgen mit ſeinen Fruchtbaͤumen beſchaͤftigen. Sie bereichern<lb/> ſeine Haushaltung mit einem mannichfaltigen, angenehmen und zugleich geſunden<lb/> Vorrath zur Speiſe und zum Getraͤnk, zum Viehfutter und zum eintraͤglichen Han-<lb/> del nicht weniger, als die Feldfruͤchte, die ihm Schweiß und Zeit koſten; ſie huͤllen<lb/> ſeine Wohnung in die Ruhe eines anmuthigen Schattens ein; und ſpaͤt ſpielen und<lb/> ſammeln noch ſeine Enkel unter eben den Staͤmmen, worunter er mit ſeinem gelieb-<lb/> ten Weibe ſo oft von der Arbeit ausruhete, ſo oft voll ſtiller Zufriedenheit in die<lb/> Daͤmmerung der Zukunft hinaus blickte. Die Vortheile der Obſtbaumzucht ſind ſo<lb/> groß und ſo zuverlaͤßig, daß ſelbſt in manchen Laͤndern, die ſchon mit Fruchtbaͤumen<lb/> genug bereichert ſcheinen, ihre Anpflanzungen noch jaͤhrlich mit dem lebhafteſten<lb/> Eifer fortgeſetzt werden. In ſo vielen Provinzen von <hi rendition="#fr">Deutſchland</hi> ſowohl, als auch<lb/> von andern Laͤndern, naͤhren ſich nicht allein die Einwohner ſehr reichlich von der<lb/> Obſtbaumzucht, ſondern gewinnen auch noch davon ein anſehnliches verzinsbares<lb/> Vermoͤgen<note place="foot" n="*)">Viele Nachrichten davon findet man<lb/> in meinem Gartenkalender ſchon von den<lb/> Jahren 1782, 83, und 84.</note>. Die Benutzung der Baumfruͤchte iſt ſo vielfaͤltig und ſo ſehr noch<lb/> der Erweiterung faͤhig, daß ſie eine eigene Abhandlung erforderte, die jedoch ſo we-<lb/> nig zu dem Plan dieſes Werks gehoͤrt, als eine Anweiſung zur Erziehung der Frucht-<lb/> baͤume ſelbſt<note place="foot" n="**)">Die beſten neuern Schriften uͤber<lb/> die Obſtbaumzucht, ſo wie uͤber andere<lb/><cb/> Zweige der oͤkonomiſchen Gaͤrtnerey, fin-<lb/> det man in den angefuͤhrten Jahrgaͤngen<lb/> des Gartenkalenders und in ſeinen Fortſe-<lb/> tzungen angezeigt.</note>.</p><lb/> <p>Die Meyerey verſtattet eine Anxflanzung von allen Gattungen und Arten der<lb/> Fruchtbaͤume und Fruchtſtraͤucher, nicht allein der gemeinnuͤtzigen, als Aepfel,<lb/> Birnen, Kirſchen, Pflaumen, Hanebutten, Wallnuͤſſe, Kaſtanien, ſondern<lb/> auch der ſeinen, die mehr zum Luxus des Geſchmacks als zum Beduͤrfniß gehoͤren,<lb/> als Pfirſchen und Apricoſen, und die roh oder eingemacht zum Verkauf dienen. Sie<lb/> ordnet die Pflanzung dieſer Baͤume und Straͤucher in ſolchen Gegenden und Lagen<lb/> an, die ihrem Fortkommen und Ertrag die vortheilhafteſten ſind. Doch ſind dieſe<lb/> Gegenſtaͤnde des Nutzens zugleich von einer ihnen eigenthuͤmlichen Anmuth begleitet.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [148/0156]
Achter Abſchnitt. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung
Erweiterung der Nahrung und des Handels. Ihre Vortheile vergroͤßern ſich mit
jedem Jahre, und verbreiten ſich uͤber die ſpaͤteſte Nachkommenſchaft hinaus. Der
Gewinn dieſer Vortheile iſt mit geringer Muͤhe, und faſt nur im Anfang, verbun-
den; ſie laſſen ſich in der Folge ohne erhebliche Anſtrengung der Koſten, und ohne
Zeitverluſt einerndten. Die Obſtbaumzucht iſt keiner einzigen Arbeit des Landmanns
hinderlich. In den Feyerſtunden, die dem Landbau nicht gewidmet ſind, kann er
ſich ſelbſt zum Vergnuͤgen mit ſeinen Fruchtbaͤumen beſchaͤftigen. Sie bereichern
ſeine Haushaltung mit einem mannichfaltigen, angenehmen und zugleich geſunden
Vorrath zur Speiſe und zum Getraͤnk, zum Viehfutter und zum eintraͤglichen Han-
del nicht weniger, als die Feldfruͤchte, die ihm Schweiß und Zeit koſten; ſie huͤllen
ſeine Wohnung in die Ruhe eines anmuthigen Schattens ein; und ſpaͤt ſpielen und
ſammeln noch ſeine Enkel unter eben den Staͤmmen, worunter er mit ſeinem gelieb-
ten Weibe ſo oft von der Arbeit ausruhete, ſo oft voll ſtiller Zufriedenheit in die
Daͤmmerung der Zukunft hinaus blickte. Die Vortheile der Obſtbaumzucht ſind ſo
groß und ſo zuverlaͤßig, daß ſelbſt in manchen Laͤndern, die ſchon mit Fruchtbaͤumen
genug bereichert ſcheinen, ihre Anpflanzungen noch jaͤhrlich mit dem lebhafteſten
Eifer fortgeſetzt werden. In ſo vielen Provinzen von Deutſchland ſowohl, als auch
von andern Laͤndern, naͤhren ſich nicht allein die Einwohner ſehr reichlich von der
Obſtbaumzucht, ſondern gewinnen auch noch davon ein anſehnliches verzinsbares
Vermoͤgen *). Die Benutzung der Baumfruͤchte iſt ſo vielfaͤltig und ſo ſehr noch
der Erweiterung faͤhig, daß ſie eine eigene Abhandlung erforderte, die jedoch ſo we-
nig zu dem Plan dieſes Werks gehoͤrt, als eine Anweiſung zur Erziehung der Frucht-
baͤume ſelbſt **).
Die Meyerey verſtattet eine Anxflanzung von allen Gattungen und Arten der
Fruchtbaͤume und Fruchtſtraͤucher, nicht allein der gemeinnuͤtzigen, als Aepfel,
Birnen, Kirſchen, Pflaumen, Hanebutten, Wallnuͤſſe, Kaſtanien, ſondern
auch der ſeinen, die mehr zum Luxus des Geſchmacks als zum Beduͤrfniß gehoͤren,
als Pfirſchen und Apricoſen, und die roh oder eingemacht zum Verkauf dienen. Sie
ordnet die Pflanzung dieſer Baͤume und Straͤucher in ſolchen Gegenden und Lagen
an, die ihrem Fortkommen und Ertrag die vortheilhafteſten ſind. Doch ſind dieſe
Gegenſtaͤnde des Nutzens zugleich von einer ihnen eigenthuͤmlichen Anmuth begleitet.
Sie
*) Viele Nachrichten davon findet man
in meinem Gartenkalender ſchon von den
Jahren 1782, 83, und 84.
**) Die beſten neuern Schriften uͤber
die Obſtbaumzucht, ſo wie uͤber andere
Zweige der oͤkonomiſchen Gaͤrtnerey, fin-
det man in den angefuͤhrten Jahrgaͤngen
des Gartenkalenders und in ſeinen Fortſe-
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| Zitationshilfe: | Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/156>, abgerufen am 21.11.2024. |
