Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Achter Abschn. Gartenmäßige Verschönerung Fürst *) hat 1783 die Leibeigenschaft, die doch sehr erträglich war, im ganzen Landegegen alle Besorgnisse, die dagegen erregt wurden, mit einem Verlust ansehnlicher jährlicher Einkünfte, zum Ruhm der Menschheit und zum Segen der Nachkommen- schaft aufgehoben. Für diese großmüthige That wollte er nicht den Dank seines gerührten Volks annehmen; er versicherte, er habe nur gethan, was er für seine Pflicht gehalten, und was er zu thun lange gewünscht habe. Die Dörfer feyerten das große Fest der Freyheit. Die Aemter ließen Danksagungen gegen ihren men- schenfreundlichen Fürsten drucken, die selbst der Fremde mit innigster Rührung las. Die Kirchen ertönten von feyerlichen Dankreden. Der Abend des Festes ward zur Ergötzung verwendet. Das Landvolk trank auf das Wohl eines so edelmüthigen Vaters, tanzte und frohlockte in dem neuen Gefühl der Freyheit. Bey allem diesem Jubel, bey allen diesen Dankthränen seines Volks wiederholte der Menschenfreund: er habe nur gethan, was er für seine Pflicht gehalten, und was er zu thun lange gewünscht habe. -- Er dankte vielmehr selbst der Vorsehung für das Vergnügen, das sie ihm schenkte, ein freyes Volk zu regieren. -- Die Straße von Durlach nach Carlsruhe ist als eine der schönsten Alleen- Beym Herausfahren aus Carlsruhe hat man gleich an der Landstraße zu bey- nach *) Se. Durchl. Carl Friedrich, Markgraf zu Baadendurlach und Baaden.
Achter Abſchn. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung Fuͤrſt *) hat 1783 die Leibeigenſchaft, die doch ſehr ertraͤglich war, im ganzen Landegegen alle Beſorgniſſe, die dagegen erregt wurden, mit einem Verluſt anſehnlicher jaͤhrlicher Einkuͤnfte, zum Ruhm der Menſchheit und zum Segen der Nachkommen- ſchaft aufgehoben. Fuͤr dieſe großmuͤthige That wollte er nicht den Dank ſeines geruͤhrten Volks annehmen; er verſicherte, er habe nur gethan, was er fuͤr ſeine Pflicht gehalten, und was er zu thun lange gewuͤnſcht habe. Die Doͤrfer feyerten das große Feſt der Freyheit. Die Aemter ließen Dankſagungen gegen ihren men- ſchenfreundlichen Fuͤrſten drucken, die ſelbſt der Fremde mit innigſter Ruͤhrung las. Die Kirchen ertoͤnten von feyerlichen Dankreden. Der Abend des Feſtes ward zur Ergoͤtzung verwendet. Das Landvolk trank auf das Wohl eines ſo edelmuͤthigen Vaters, tanzte und frohlockte in dem neuen Gefuͤhl der Freyheit. Bey allem dieſem Jubel, bey allen dieſen Dankthraͤnen ſeines Volks wiederholte der Menſchenfreund: er habe nur gethan, was er fuͤr ſeine Pflicht gehalten, und was er zu thun lange gewuͤnſcht habe. — Er dankte vielmehr ſelbſt der Vorſehung fuͤr das Vergnuͤgen, das ſie ihm ſchenkte, ein freyes Volk zu regieren. — Die Straße von Durlach nach Carlsruhe iſt als eine der ſchoͤnſten Alleen- Beym Herausfahren aus Carlsruhe hat man gleich an der Landſtraße zu bey- nach *) Se. Durchl. Carl Friedrich, Markgraf zu Baadendurlach und Baaden.
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Achter Abſchn. Gartenmaͤßige Verſchoͤnerung
Fuͤrſt *) hat 1783 die Leibeigenſchaft, die doch ſehr ertraͤglich war, im ganzen Lande
gegen alle Beſorgniſſe, die dagegen erregt wurden, mit einem Verluſt anſehnlicher
jaͤhrlicher Einkuͤnfte, zum Ruhm der Menſchheit und zum Segen der Nachkommen-
ſchaft aufgehoben. Fuͤr dieſe großmuͤthige That wollte er nicht den Dank ſeines
geruͤhrten Volks annehmen; er verſicherte, er habe nur gethan, was er fuͤr ſeine
Pflicht gehalten, und was er zu thun lange gewuͤnſcht habe. Die Doͤrfer feyerten
das große Feſt der Freyheit. Die Aemter ließen Dankſagungen gegen ihren men-
ſchenfreundlichen Fuͤrſten drucken, die ſelbſt der Fremde mit innigſter Ruͤhrung las.
Die Kirchen ertoͤnten von feyerlichen Dankreden. Der Abend des Feſtes ward zur
Ergoͤtzung verwendet. Das Landvolk trank auf das Wohl eines ſo edelmuͤthigen
Vaters, tanzte und frohlockte in dem neuen Gefuͤhl der Freyheit. Bey allem dieſem
Jubel, bey allen dieſen Dankthraͤnen ſeines Volks wiederholte der Menſchenfreund:
er habe nur gethan, was er fuͤr ſeine Pflicht gehalten, und was er zu thun lange
gewuͤnſcht habe. — Er dankte vielmehr ſelbſt der Vorſehung fuͤr das Vergnuͤgen,
das ſie ihm ſchenkte, ein freyes Volk zu regieren. —
Die Straße von Durlach nach Carlsruhe iſt als eine der ſchoͤnſten Alleen-
ſtraßen bekannt, die wir nur in Deutſchland haben. Sie iſt trefflich gebauet,
geht in einer ganz geraden Linie eine kleine Meile fort, und iſt auf beyden Seiten mit
hohen und praͤchtigen italiaͤniſchen Pappeln beſetzt. Sie ſtellen bloß durch ihren
natuͤrlichen Wuchs ſchoͤne Pyramiden vor, ſind faſt vom Fuß an voll Zweige, und
bieten einen ſehr anmuthigen Schatten dar.
Beym Herausfahren aus Carlsruhe hat man gleich an der Landſtraße zu bey-
den Seiten eine Bepflanzung von Platanen und zur Rechten einen ſchoͤnen Wald.
Auf dieſe Allee folgt eine andre von italiaͤniſchen Pappeln; ſie faßt die Landſtraße,
eine Strecke von fuͤnf Stunden lang, bis nahe vor Raſtadt ein. Doch ſind zwi-
ſchen dieſen ſchoͤnen Baͤumen Obſtbaͤume eingeſtreut, ſo daß auf zwey Pappeln immer
ein fruchttragender Baum folgt. Dieſe Beflanzung giebt der Straße ein ange-
nehmes und unterhaltendes Anſehen, und entſchaͤdigt den Reiſenden wegen des An-
blicks der vielen Sandgegenden, die er vor ſich hat. Die Straße geht faſt immer,
außer einigen Kruͤmmungen, die ſie bey den Doͤrfern macht, in gerader Strecke fort.
Sie iſt ungemein gut gebauet, und dennoch zahlen die Reiſenden kein Weggeld.
Dieß wird ſelbſt in einigen Gegenden von Deutſchland, wo noch keine Wege ge-
macht ſind, eingefordert. Hier glaubt der Landesfuͤrſt, daß er Reiſenden, die ſeine
Poſten bezahlen, und ſeinen Poſthaltern gute Straßen ſchuldig iſt. Die Straße
nach
*) Se. Durchl. Carl Friedrich, Markgraf zu Baadendurlach und Baaden.
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