Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.Beschreibungen von Gärten. "Der Mensch braucht nur wenig, und das Wenige nicht lange; bald muß er "Beständige Glückseligkeit ist kein Gewächs der Erde; ihr Boden ist zu un- "Hier möge die Unschuld, vor Feinden sicher, wandeln; hier die Betrach- "Komm, genieße hier den erquickenden Schatten; laß uns eine gesellige "Es giebt glückliche Augenblicke, wo sich die Seele zu ernsthaften Gedanken Verschiedene andre Inschriften unter dieser großen Menge enthalten vortreff- "Geh, glücklicher Schatten, wohin Gott und dein Glück dich rufen. Ge- Noch andre Inschriften empfehlen sich dem Freund der schönen Natur, indem "O! möchte doch der Glücklichste der Menschen sein Glück recht erkennen: er, nung; F f 3
Beſchreibungen von Gaͤrten. „Der Menſch braucht nur wenig, und das Wenige nicht lange; bald muß er „Beſtaͤndige Gluͤckſeligkeit iſt kein Gewaͤchs der Erde; ihr Boden iſt zu un- „Hier moͤge die Unſchuld, vor Feinden ſicher, wandeln; hier die Betrach- „Komm, genieße hier den erquickenden Schatten; laß uns eine geſellige „Es giebt gluͤckliche Augenblicke, wo ſich die Seele zu ernſthaften Gedanken Verſchiedene andre Inſchriften unter dieſer großen Menge enthalten vortreff- „Geh, gluͤcklicher Schatten, wohin Gott und dein Gluͤck dich rufen. Ge- Noch andre Inſchriften empfehlen ſich dem Freund der ſchoͤnen Natur, indem „O! moͤchte doch der Gluͤcklichſte der Menſchen ſein Gluͤck recht erkennen: er, nung; F f 3
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Beſchreibungen von Gaͤrten.
„Der Menſch braucht nur wenig, und das Wenige nicht lange; bald muß er
der Natur den Staub wiedergeben, den die ſparſame Natur ihm auf eine
Stunde lieh.“
„Beſtaͤndige Gluͤckſeligkeit iſt kein Gewaͤchs der Erde; ihr Boden iſt zu un-
fruchtbar, um es hervorzubringen. Es iſt eine fremde himmliſche Pflanze,
die nur in himmliſcher Luft gedeiht.“
„Hier moͤge die Unſchuld, vor Feinden ſicher, wandeln; hier die Betrach-
tung ſich mit den Fluͤgeln des Seraphs aufſchwingen! O Einſamkeit!
Der Menſch, der dich nicht achtet, ſondern ſich vom Gewinnſt locken,
vom Ehrgeiz ſpornen laͤßt, wird nie die Quelle wahrer Hoheit kennen.“
„Komm, genieße hier den erquickenden Schatten; laß uns eine geſellige
Stunde der Freundſchaft weihen; komm, haſche die leicht befluͤgelte
Stunde. Denn ſie flieht, die Stunde der Froͤhlichkeit flieht auf luftigen
Schwingen dahin.“
„Es giebt gluͤckliche Augenblicke, wo ſich die Seele zu ernſthaften Gedanken
geneigt fuͤhlt und die Einſamkeit ſucht; dann ſammelt ſie ſich, und ſchwebt
in dem behaglichen Mittelſtand zwiſchen Schwermuth und ausſchweifender
Froͤhlichkeit, zwiſchen toller Freude und uͤbler Laune; ſie uͤberlaͤßt dem ge-
dankenloſen Haufen ſeine eiteln Wuͤnſche, blickt um ſich, laͤchelt, und
kehrt zu ſich ſelbſt zuruͤck.“
Verſchiedene andre Inſchriften unter dieſer großen Menge enthalten vortreff-
liche Lehren oder Maximen, nicht weniger vortrefflich ausgedruͤckt; allein ſie ſind zu
allgemein, als daß ſie hier eine Wiederholung finden koͤnnten. Andre Inſchriften
werden durch die beſondre treffende Beziehung auf die Scene intereſſant, wie dieſe:
„Geh, gluͤcklicher Schatten, wohin Gott und dein Gluͤck dich rufen. Ge-
nieß ewige Ruh und Seligkeit, indem wir hier deinen ſchnellen Abſchied
betrauren, bey deiner Urne an dich denken, und um dich klagen.“
Noch andre Inſchriften empfehlen ſich dem Freund der ſchoͤnen Natur, indem
ſie die Vortheile des Landlebens erheben.
„O! moͤchte doch der Gluͤcklichſte der Menſchen ſein Gluͤck recht erkennen: er,
der fern von Stadt und Gedraͤnge tief im Thale mit einigen Erwaͤhlten
wohnt, und die reinen Freuden des Landlebens trinkt. Sichere Ruhe iſt
ſein Loos; ſeinem Leben iſt der Verdruß fremd und die betruͤgeriſche Hoff-
nung;
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