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Hobrecht, James: Entwickelung der Verkehrs-Verhältnisse in Berlin. Berlin, 1893

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verpflichtet sind, mit Wasser gefüllte Zober und Tienen vor
die Hausthüren zu stellen, und wenn der Brand abends oder
nachts ausbricht, in der nächsten Umgebung der Brandstelle
brennende Lichte an die strassenwärts gelegenen Fenster zu
stellen, werden hierdurch usw. in Erinnerung gebracht.

Berlin, 15. III. 1836.

Königl. Pol.-Präsid. Gerlach.

In Bezug auf die Gewinnung von gutem Trink- und
Verbrauchswasser befand sich Berlin bis in die Mitte unseres
Jahrhunderts hinein, infolge seiner Bodenbeschaffenheit vor
vielen anderen Städten Europas in überaus günstiger Lage,
indem es in seinem Grundwasser eine durch eine grosse An-
zahl von Hof- und Strassenbrunnen erschlossene sehr ergiebige
Quelle besass.

Die allmähliche Verschlechterung des Brunnenwassers,
verbunden mit dem sich von Jahr zu Jahr steigenden Be-
dürfnisse, den Inhalt der tiefen Rinnsteine und Zungenrinn-
steine durch kräftige Wasserspülung zu beseitigen, liess be-
reits mit dem Beginn des uns beschäftigenden Zeitabschnittes
die Frage über die Anlage einer künstlichen Wasserver-
sorgung der Stadt in lebhaften Schwung kommen. Die dar-
über geführten Verhandlungen und Berathungen führten aber
erst im Jahre 1852 zu einem Ziel, indem der damalige
Polizei-Präsident von Hinkeldey mit einem englischen Con-
sortium einen Vertrag über das Unternehmen, Berlin mit
fliessendem Wasser zu versehen, abschloss. Es gelang
im Frühjahr 1856 auf dem vor dem Stralauer Thor zu
einem Pumpwerk und einer Filteranlage hergerichteten
Grundstücke den Betrieb zu eröffnen. Das Anlagecapital,
anfänglich auf 1 Million Thaler geschätzt, musste nach und
nach auf 4 000 000 Thaler erhöht worden. Die Erträgnisse
des Werkes waren zunächst mehr als unbedeutende; erst vom
Jahre 1861 an war es imstande, eine Dividende von 1 v. H.
abzuwerfen, die sich dann allerdings bis zum Jahre 1872 auf
111/4 v. H. steigerte.

Da in Bezug auf die Spülung der Rinnsteine und auch in
sonstiger Beziehung die englische Gesellschaft den über-

verpflichtet sind, mit Wasser gefüllte Zober und Tienen vor
die Hausthüren zu stellen, und wenn der Brand abends oder
nachts ausbricht, in der nächsten Umgebung der Brandstelle
brennende Lichte an die straſsenwärts gelegenen Fenster zu
stellen, werden hierdurch usw. in Erinnerung gebracht.

Berlin, 15. III. 1836.

Königl. Pol.-Präsid. Gerlach.

In Bezug auf die Gewinnung von gutem Trink- und
Verbrauchswasser befand sich Berlin bis in die Mitte unseres
Jahrhunderts hinein, infolge seiner Bodenbeschaffenheit vor
vielen anderen Städten Europas in überaus günstiger Lage,
indem es in seinem Grundwasser eine durch eine groſse An-
zahl von Hof- und Straſsenbrunnen erschlossene sehr ergiebige
Quelle besaſs.

Die allmähliche Verschlechterung des Brunnenwassers,
verbunden mit dem sich von Jahr zu Jahr steigenden Be-
dürfnisse, den Inhalt der tiefen Rinnsteine und Zungenrinn-
steine durch kräftige Wasserspülung zu beseitigen, lieſs be-
reits mit dem Beginn des uns beschäftigenden Zeitabschnittes
die Frage über die Anlage einer künstlichen Wasserver-
sorgung der Stadt in lebhaften Schwung kommen. Die dar-
über geführten Verhandlungen und Berathungen führten aber
erst im Jahre 1852 zu einem Ziel, indem der damalige
Polizei-Präsident von Hinkeldey mit einem englischen Con-
sortium einen Vertrag über das Unternehmen, Berlin mit
flieſsendem Wasser zu versehen, abschloſs. Es gelang
im Frühjahr 1856 auf dem vor dem Stralauer Thor zu
einem Pumpwerk und einer Filteranlage hergerichteten
Grundstücke den Betrieb zu eröffnen. Das Anlagecapital,
anfänglich auf 1 Million Thaler geschätzt, muſste nach und
nach auf 4 000 000 Thaler erhöht worden. Die Erträgnisse
des Werkes waren zunächst mehr als unbedeutende; erst vom
Jahre 1861 an war es imstande, eine Dividende von 1 v. H.
abzuwerfen, die sich dann allerdings bis zum Jahre 1872 auf
11¼ v. H. steigerte.

Da in Bezug auf die Spülung der Rinnsteine und auch in
sonstiger Beziehung die englische Gesellschaft den über-

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[22/0028] verpflichtet sind, mit Wasser gefüllte Zober und Tienen vor die Hausthüren zu stellen, und wenn der Brand abends oder nachts ausbricht, in der nächsten Umgebung der Brandstelle brennende Lichte an die straſsenwärts gelegenen Fenster zu stellen, werden hierdurch usw. in Erinnerung gebracht. Berlin, 15. III. 1836. Königl. Pol.-Präsid. Gerlach. In Bezug auf die Gewinnung von gutem Trink- und Verbrauchswasser befand sich Berlin bis in die Mitte unseres Jahrhunderts hinein, infolge seiner Bodenbeschaffenheit vor vielen anderen Städten Europas in überaus günstiger Lage, indem es in seinem Grundwasser eine durch eine groſse An- zahl von Hof- und Straſsenbrunnen erschlossene sehr ergiebige Quelle besaſs. Die allmähliche Verschlechterung des Brunnenwassers, verbunden mit dem sich von Jahr zu Jahr steigenden Be- dürfnisse, den Inhalt der tiefen Rinnsteine und Zungenrinn- steine durch kräftige Wasserspülung zu beseitigen, lieſs be- reits mit dem Beginn des uns beschäftigenden Zeitabschnittes die Frage über die Anlage einer künstlichen Wasserver- sorgung der Stadt in lebhaften Schwung kommen. Die dar- über geführten Verhandlungen und Berathungen führten aber erst im Jahre 1852 zu einem Ziel, indem der damalige Polizei-Präsident von Hinkeldey mit einem englischen Con- sortium einen Vertrag über das Unternehmen, Berlin mit flieſsendem Wasser zu versehen, abschloſs. Es gelang im Frühjahr 1856 auf dem vor dem Stralauer Thor zu einem Pumpwerk und einer Filteranlage hergerichteten Grundstücke den Betrieb zu eröffnen. Das Anlagecapital, anfänglich auf 1 Million Thaler geschätzt, muſste nach und nach auf 4 000 000 Thaler erhöht worden. Die Erträgnisse des Werkes waren zunächst mehr als unbedeutende; erst vom Jahre 1861 an war es imstande, eine Dividende von 1 v. H. abzuwerfen, die sich dann allerdings bis zum Jahre 1872 auf 11¼ v. H. steigerte. Da in Bezug auf die Spülung der Rinnsteine und auch in sonstiger Beziehung die englische Gesellschaft den über-

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Zitationshilfe: Hobrecht, James: Entwickelung der Verkehrs-Verhältnisse in Berlin. Berlin, 1893, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hobrecht_verkehrsverhaeltnisse_1893/28>, abgerufen am 23.11.2024.