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Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

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Wohl ernster schlägt sie nun, die Scheidestunde;
Denn ach! sie mahnt die unerbittliche,
Daß unser liebstes welkt, daß ew'ge Jugend
Nur drüben im Elysium gedeiht;
Sie wirft uns auseinander, Herzensfreund!
Wie Mast und Segel vom zerriss'nen Schiffe
Im wilden Ocean der Sturm zerstreut.
Vielleicht indeß uns andre nah und ferne
Der unerforschten Pepromene Wink
Durch Steppen oder Paradiese führt,
Fliegst du der jungen seligeren Welt
Auf Deiner Philadelphier Gestaden
Voll frohen Muths im fernen Meere zu;
Vielleicht, daß auch ein süßes Zauberband
Ans abgelebte feste Land Dich fesselt!
Denn traun! ein Räthsel ist des Menschen Herz!
Oft flammt der Wunsch, unendlich fortzuwandern,
Unwiderstehlich herrlich in uns auf;
Oft däucht uns auch im engbeschränkten Kreise
Ein Freund, ein Hüttchen, und ein liebes Weib
Zu aller Wünsche Sättigung genug. --
Doch werfe, wie sie will, die Scheidestunde
Die Herzen, die sich lieben, auseinander!
Es scheuet ja der Freundschaft heil'ger Fels
Die träge Zeit, und auch die Ferne nicht.
Wir kennen uns, Du Theurer! -- Lebe wohl!

Wohl ernſter ſchlaͤgt ſie nun, die Scheideſtunde;
Denn ach! ſie mahnt die unerbittliche,
Daß unſer liebſtes welkt, daß ew'ge Jugend
Nur druͤben im Elyſium gedeiht;
Sie wirft uns auseinander, Herzensfreund!
Wie Maſt und Segel vom zerriſſ'nen Schiffe
Im wilden Ocean der Sturm zerſtreut.
Vielleicht indeß uns andre nah und ferne
Der unerforſchten Pepromene Wink
Durch Steppen oder Paradieſe fuͤhrt,
Fliegſt du der jungen ſeligeren Welt
Auf Deiner Philadelphier Geſtaden
Voll frohen Muths im fernen Meere zu;
Vielleicht, daß auch ein ſuͤßes Zauberband
Ans abgelebte feſte Land Dich feſſelt!
Denn traun! ein Raͤthſel iſt des Menſchen Herz!
Oft flammt der Wunſch, unendlich fortzuwandern,
Unwiderſtehlich herrlich in uns auf;
Oft daͤucht uns auch im engbeſchraͤnkten Kreiſe
Ein Freund, ein Huͤttchen, und ein liebes Weib
Zu aller Wuͤnſche Saͤttigung genug. —
Doch werfe, wie ſie will, die Scheideſtunde
Die Herzen, die ſich lieben, auseinander!
Es ſcheuet ja der Freundſchaft heil'ger Fels
Die traͤge Zeit, und auch die Ferne nicht.
Wir kennen uns, Du Theurer! — Lebe wohl!

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[116/0124] Wohl ernſter ſchlaͤgt ſie nun, die Scheideſtunde; Denn ach! ſie mahnt die unerbittliche, Daß unſer liebſtes welkt, daß ew'ge Jugend Nur druͤben im Elyſium gedeiht; Sie wirft uns auseinander, Herzensfreund! Wie Maſt und Segel vom zerriſſ'nen Schiffe Im wilden Ocean der Sturm zerſtreut. Vielleicht indeß uns andre nah und ferne Der unerforſchten Pepromene Wink Durch Steppen oder Paradieſe fuͤhrt, Fliegſt du der jungen ſeligeren Welt Auf Deiner Philadelphier Geſtaden Voll frohen Muths im fernen Meere zu; Vielleicht, daß auch ein ſuͤßes Zauberband Ans abgelebte feſte Land Dich feſſelt! Denn traun! ein Raͤthſel iſt des Menſchen Herz! Oft flammt der Wunſch, unendlich fortzuwandern, Unwiderſtehlich herrlich in uns auf; Oft daͤucht uns auch im engbeſchraͤnkten Kreiſe Ein Freund, ein Huͤttchen, und ein liebes Weib Zu aller Wuͤnſche Saͤttigung genug. — Doch werfe, wie ſie will, die Scheideſtunde Die Herzen, die ſich lieben, auseinander! Es ſcheuet ja der Freundſchaft heil'ger Fels Die traͤge Zeit, und auch die Ferne nicht. Wir kennen uns, Du Theurer! — Lebe wohl!

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/124>, abgerufen am 21.11.2024.