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Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

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Hält ein Ernsteres dich, so spar's dem Winter,
und willst du
Freien, habe Geduld, Freier beglücket der Mai.
Jetzt ist Anderes Noth, jetzt komm und feire des
Herbstes
Alte Sitte, noch jetzt blühet die edle mit uns.
Eins nur gilt für den Tag, das Vaterland, und
des Opfers
Festlicher Flamme wirft jeder sein Eigenes zu.
Darum kränzt der gemeinsame Gott umsäuselnd
das Haar uns,
Und den eigenen Sinn schmelzet, wie Perlen,
der Wein.
Dieß bedeutet der Tisch, der gelehrte, wenn, wie
die Bienen,
Rund um den Eichbaum, wir sitzen und singen
um ihn.
Dieß der Pokale Klang und darum zwinget die wilden
Seelen der streitenden Männer zusammen der
Chor.
3.
Aber damit uns nicht, gleich Allzuklugen, entfliehe
Diese neigende Zeit, komm' ich entgegen sogleich,
Bis an die Grenze des Lands, wo mir den lieben
Geburtsort
Und die Insel des Stroms blaues Gewässer
umfließt.
Haͤlt ein Ernſteres dich, ſo ſpar's dem Winter,
und willſt du
Freien, habe Geduld, Freier begluͤcket der Mai.
Jetzt iſt Anderes Noth, jetzt komm und feire des
Herbſtes
Alte Sitte, noch jetzt bluͤhet die edle mit uns.
Eins nur gilt fuͤr den Tag, das Vaterland, und
des Opfers
Feſtlicher Flamme wirft jeder ſein Eigenes zu.
Darum kraͤnzt der gemeinſame Gott umſaͤuſelnd
das Haar uns,
Und den eigenen Sinn ſchmelzet, wie Perlen,
der Wein.
Dieß bedeutet der Tiſch, der gelehrte, wenn, wie
die Bienen,
Rund um den Eichbaum, wir ſitzen und ſingen
um ihn.
Dieß der Pokale Klang und darum zwinget die wilden
Seelen der ſtreitenden Maͤnner zuſammen der
Chor.
3.
Aber damit uns nicht, gleich Allzuklugen, entfliehe
Dieſe neigende Zeit, komm' ich entgegen ſogleich,
Bis an die Grenze des Lands, wo mir den lieben
Geburtsort
Und die Inſel des Stroms blaues Gewaͤſſer
umfließt.
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[141/0149] Haͤlt ein Ernſteres dich, ſo ſpar's dem Winter, und willſt du Freien, habe Geduld, Freier begluͤcket der Mai. Jetzt iſt Anderes Noth, jetzt komm und feire des Herbſtes Alte Sitte, noch jetzt bluͤhet die edle mit uns. Eins nur gilt fuͤr den Tag, das Vaterland, und des Opfers Feſtlicher Flamme wirft jeder ſein Eigenes zu. Darum kraͤnzt der gemeinſame Gott umſaͤuſelnd das Haar uns, Und den eigenen Sinn ſchmelzet, wie Perlen, der Wein. Dieß bedeutet der Tiſch, der gelehrte, wenn, wie die Bienen, Rund um den Eichbaum, wir ſitzen und ſingen um ihn. Dieß der Pokale Klang und darum zwinget die wilden Seelen der ſtreitenden Maͤnner zuſammen der Chor. 3. Aber damit uns nicht, gleich Allzuklugen, entfliehe Dieſe neigende Zeit, komm' ich entgegen ſogleich, Bis an die Grenze des Lands, wo mir den lieben Geburtsort Und die Inſel des Stroms blaues Gewaͤſſer umfließt.

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/149>, abgerufen am 21.11.2024.