Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
An die Parzen.

Nur Einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen!
Und Einen Herbst zu reifem Gesange mir,
Daß williger mein Herz, vom süssen
Spiele gesättiget, dann mir sterbe!
Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht
Nicht ward, sie ruht auch drunten im Orkus nicht;
Doch ist mir einst das Heil'ge, das am
Herzen mir liegt, das Gedicht gelungen:
Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt!
Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenspiel
Mich nicht hinabgeleitet; Einmal
Lebt' ich, wie Götter, und mehr bedarf's nicht.

An die Parzen.

Nur Einen Sommer goͤnnt, ihr Gewaltigen!
Und Einen Herbſt zu reifem Geſange mir,
Daß williger mein Herz, vom ſuͤſſen
Spiele geſaͤttiget, dann mir ſterbe!
Die Seele, der im Leben ihr goͤttlich Recht
Nicht ward, ſie ruht auch drunten im Orkus nicht;
Doch iſt mir einſt das Heil'ge, das am
Herzen mir liegt, das Gedicht gelungen:
Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt!
Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenſpiel
Mich nicht hinabgeleitet; Einmal
Lebt' ich, wie Goͤtter, und mehr bedarf's nicht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0090" n="82"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g">An die Parzen</hi>.</head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l>Nur Einen Sommer go&#x0364;nnt, ihr Gewaltigen!</l><lb/>
            <l>Und Einen Herb&#x017F;t zu reifem Ge&#x017F;ange mir,</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Daß williger mein Herz, vom &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Spiele ge&#x017F;a&#x0364;ttiget, dann mir &#x017F;terbe!</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Die Seele, der im Leben ihr go&#x0364;ttlich Recht</l><lb/>
            <l>Nicht ward, &#x017F;ie ruht auch drunten im Orkus nicht;</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Doch i&#x017F;t mir ein&#x017F;t das Heil'ge, das am</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Herzen mir liegt, das Gedicht gelungen:</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt!</l><lb/>
            <l>Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saiten&#x017F;piel</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Mich nicht hinabgeleitet; Einmal</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Lebt' ich, wie Go&#x0364;tter, und mehr bedarf's nicht.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <l/>
        </lg>
      </div>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0090] An die Parzen. Nur Einen Sommer goͤnnt, ihr Gewaltigen! Und Einen Herbſt zu reifem Geſange mir, Daß williger mein Herz, vom ſuͤſſen Spiele geſaͤttiget, dann mir ſterbe! Die Seele, der im Leben ihr goͤttlich Recht Nicht ward, ſie ruht auch drunten im Orkus nicht; Doch iſt mir einſt das Heil'ge, das am Herzen mir liegt, das Gedicht gelungen: Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt! Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenſpiel Mich nicht hinabgeleitet; Einmal Lebt' ich, wie Goͤtter, und mehr bedarf's nicht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/90
Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/90>, abgerufen am 21.11.2024.