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Hoff, Jacobus H. van 't: Die Lagerung der Atome im Raume. Übers. v. F. Herrmann. Braunschweig, 1877.

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individuen als rechts und links gebildet in Correlation zu ein-
ander stehen. Solche Krystalle bezeichnet der genannte For-
scher als enantiomorphe.

Dass die optischen Eigenschaften des Quarzes in der That
mit der erwähnten Ausbildungsweise und der damit verbunde-
nen asymmetrischen Anordnung der Molecüle im Krystall in
ursächlichem Zusammenhang stehe, bewies Airy ((Airy'sche
Spiralen).

Lange Zeit blieb der Quarz der einzige Repräsentant der
festen, krystallinischen Körper, welche optisches Drehungsver-
mögen zeigen, obgleich in der Zwischenzeit eine nicht unbedeu-
tende Zahl von kohlenstoffhaltigen Verbindungen bekannt ge-
worden war, welche in Lösung befindlich gleichfalls Circular-
polarisation zeigten. Im Jahre 1853 machte Rammelsberg
die Entdeckung, dass an den regulären Krystallen des Natrium-
chlorates neben den Flächen des Tetraeders auch die Flächen
eines Pentagondodekaeders vorkommen, und zwar desselben,
welches eine am Eisenkies sehr gewöhnliche Form ist.

Diese beiden Formen sollten sich aber nach den bisher er-
kannten Gesetzmässigkeiten der Hemiedrie gegenseitig aus-
schliessen. Wie nun Marbach im folgenden Jahre nachwies,
besitzt das Natriumchlorat die Eigenschaft, die Polarisationsebene
des Lichtes zu drehen. Er erkannte zugleich, dass durch das
Zusammenvorkommen der beiden hemiedrischen Ausbildungs-
weisen des regulären Krystallsystems bei den Krystallindividuen
dieses Körpers ebenfalls der Enantiomorphismus zur Geltung
kommt und dass es dieser Thatsache entsprechend rechts und
links drehende Individuen giebt.

Während der Quarz als optisch einaxiges Medium die Cir-
cularpolarisation nur in der Richtung der Hauptaxe zeigt, dreht
das Natriumchlorat als isotrope Materie die Polarisationsebene
des Lichtes gleich stark beim Durchgange des Strahles in be-
liebiger Richtung, sobald die Dicke der durchlaufenen Schicht
die gleiche bleibt. Im Jahre 1855 reihte Marbach gelegent-
lich einer Untersuchung über das optische Verhalten regulärer
Krystalle den circularpolarisirenden festen Körpern weiter ein

Dritter Abschnitt.
individuen als rechts und links gebildet in Correlation zu ein-
ander stehen. Solche Krystalle bezeichnet der genannte For-
scher als enantiomorphe.

Dass die optischen Eigenschaften des Quarzes in der That
mit der erwähnten Ausbildungsweise und der damit verbunde-
nen asymmetrischen Anordnung der Molecüle im Krystall in
ursächlichem Zusammenhang stehe, bewies Airy ((Airy’sche
Spiralen).

Lange Zeit blieb der Quarz der einzige Repräsentant der
festen, krystallinischen Körper, welche optisches Drehungsver-
mögen zeigen, obgleich in der Zwischenzeit eine nicht unbedeu-
tende Zahl von kohlenstoffhaltigen Verbindungen bekannt ge-
worden war, welche in Lösung befindlich gleichfalls Circular-
polarisation zeigten. Im Jahre 1853 machte Rammelsberg
die Entdeckung, dass an den regulären Krystallen des Natrium-
chlorates neben den Flächen des Tetraëders auch die Flächen
eines Pentagondodekaëders vorkommen, und zwar desselben,
welches eine am Eisenkies sehr gewöhnliche Form ist.

Diese beiden Formen sollten sich aber nach den bisher er-
kannten Gesetzmässigkeiten der Hemiëdrie gegenseitig aus-
schliessen. Wie nun Marbach im folgenden Jahre nachwies,
besitzt das Natriumchlorat die Eigenschaft, die Polarisationsebene
des Lichtes zu drehen. Er erkannte zugleich, dass durch das
Zusammenvorkommen der beiden hemiëdrischen Ausbildungs-
weisen des regulären Krystallsystems bei den Krystallindividuen
dieses Körpers ebenfalls der Enantiomorphismus zur Geltung
kommt und dass es dieser Thatsache entsprechend rechts und
links drehende Individuen giebt.

Während der Quarz als optisch einaxiges Medium die Cir-
cularpolarisation nur in der Richtung der Hauptaxe zeigt, dreht
das Natriumchlorat als isotrope Materie die Polarisationsebene
des Lichtes gleich stark beim Durchgange des Strahles in be-
liebiger Richtung, sobald die Dicke der durchlaufenen Schicht
die gleiche bleibt. Im Jahre 1855 reihte Marbach gelegent-
lich einer Untersuchung über das optische Verhalten regulärer
Krystalle den circularpolarisirenden festen Körpern weiter ein

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[32/0052] Dritter Abschnitt. individuen als rechts und links gebildet in Correlation zu ein- ander stehen. Solche Krystalle bezeichnet der genannte For- scher als enantiomorphe. Dass die optischen Eigenschaften des Quarzes in der That mit der erwähnten Ausbildungsweise und der damit verbunde- nen asymmetrischen Anordnung der Molecüle im Krystall in ursächlichem Zusammenhang stehe, bewies Airy ((Airy’sche Spiralen). Lange Zeit blieb der Quarz der einzige Repräsentant der festen, krystallinischen Körper, welche optisches Drehungsver- mögen zeigen, obgleich in der Zwischenzeit eine nicht unbedeu- tende Zahl von kohlenstoffhaltigen Verbindungen bekannt ge- worden war, welche in Lösung befindlich gleichfalls Circular- polarisation zeigten. Im Jahre 1853 machte Rammelsberg die Entdeckung, dass an den regulären Krystallen des Natrium- chlorates neben den Flächen des Tetraëders auch die Flächen eines Pentagondodekaëders vorkommen, und zwar desselben, welches eine am Eisenkies sehr gewöhnliche Form ist. Diese beiden Formen sollten sich aber nach den bisher er- kannten Gesetzmässigkeiten der Hemiëdrie gegenseitig aus- schliessen. Wie nun Marbach im folgenden Jahre nachwies, besitzt das Natriumchlorat die Eigenschaft, die Polarisationsebene des Lichtes zu drehen. Er erkannte zugleich, dass durch das Zusammenvorkommen der beiden hemiëdrischen Ausbildungs- weisen des regulären Krystallsystems bei den Krystallindividuen dieses Körpers ebenfalls der Enantiomorphismus zur Geltung kommt und dass es dieser Thatsache entsprechend rechts und links drehende Individuen giebt. Während der Quarz als optisch einaxiges Medium die Cir- cularpolarisation nur in der Richtung der Hauptaxe zeigt, dreht das Natriumchlorat als isotrope Materie die Polarisationsebene des Lichtes gleich stark beim Durchgange des Strahles in be- liebiger Richtung, sobald die Dicke der durchlaufenen Schicht die gleiche bleibt. Im Jahre 1855 reihte Marbach gelegent- lich einer Untersuchung über das optische Verhalten regulärer Krystalle den circularpolarisirenden festen Körpern weiter ein

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Zitationshilfe: Hoff, Jacobus H. van 't: Die Lagerung der Atome im Raume. Übers. v. F. Herrmann. Braunschweig, 1877, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoff_atome_1877/52>, abgerufen am 22.11.2024.