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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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der sogenannte Teufelssitz. Man fabelt, daß
giftige Dünste aus dem Abgrunde steigen,
die den, der vermessen hinabschaut, um zu
erforschen, was drunten verborgen, betäuben
und rettungslos in den Tod hinabziehen.
Der Baron, dieses Mährchen verlachend,
stand schon oft auf jenem Felsstück, über dem
Abgrund, um die Aussicht, die sich dort öff¬
net, zu genießen. Es wird leicht seyn, ihn
selbst darauf zu bringen, daß er Dich an die
gefährliche Stelle führt; sieht er nun dort,
und starrt in die Gegend hinein, so erlöst uns
ein kräftiger Stoß Deiner Faust, auf immer
von dem ohnmächtigen Narren." -- "Nein,
nimmermehr schrie ich heftig: ich kenne den
entsetzlichen Abgrund, ich kenne den Sitz des
Teufels, nimmermehr! fort mit dir und dem
Frevel, den Du mir zumuthest!" Da sprang
Euphemie auf, wilde Gluth entflammte ih¬
ren Blick, ihr Gesicht war verzerrt, von der
wüthenden Leidenschaft, die in ihr tobte.
"Elender Schwächling, rief sie: Du wagst es

der ſogenannte Teufelsſitz. Man fabelt, daß
giftige Duͤnſte aus dem Abgrunde ſteigen,
die den, der vermeſſen hinabſchaut, um zu
erforſchen, was drunten verborgen, betaͤuben
und rettungslos in den Tod hinabziehen.
Der Baron, dieſes Maͤhrchen verlachend,
ſtand ſchon oft auf jenem Felsſtuͤck, uͤber dem
Abgrund, um die Ausſicht, die ſich dort oͤff¬
net, zu genießen. Es wird leicht ſeyn, ihn
ſelbſt darauf zu bringen, daß er Dich an die
gefaͤhrliche Stelle fuͤhrt; ſieht er nun dort,
und ſtarrt in die Gegend hinein, ſo erloͤſt uns
ein kraͤftiger Stoß Deiner Fauſt, auf immer
von dem ohnmaͤchtigen Narren.„ — „Nein,
nimmermehr ſchrie ich heftig: ich kenne den
entſetzlichen Abgrund, ich kenne den Sitz des
Teufels, nimmermehr! fort mit dir und dem
Frevel, den Du mir zumutheſt!“ Da ſprang
Euphemie auf, wilde Gluth entflammte ih¬
ren Blick, ihr Geſicht war verzerrt, von der
wuͤthenden Leidenſchaft, die in ihr tobte.
„Elender Schwaͤchling, rief ſie: Du wagſt es

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[175/0191] der ſogenannte Teufelsſitz. Man fabelt, daß giftige Duͤnſte aus dem Abgrunde ſteigen, die den, der vermeſſen hinabſchaut, um zu erforſchen, was drunten verborgen, betaͤuben und rettungslos in den Tod hinabziehen. Der Baron, dieſes Maͤhrchen verlachend, ſtand ſchon oft auf jenem Felsſtuͤck, uͤber dem Abgrund, um die Ausſicht, die ſich dort oͤff¬ net, zu genießen. Es wird leicht ſeyn, ihn ſelbſt darauf zu bringen, daß er Dich an die gefaͤhrliche Stelle fuͤhrt; ſieht er nun dort, und ſtarrt in die Gegend hinein, ſo erloͤſt uns ein kraͤftiger Stoß Deiner Fauſt, auf immer von dem ohnmaͤchtigen Narren.„ — „Nein, nimmermehr ſchrie ich heftig: ich kenne den entſetzlichen Abgrund, ich kenne den Sitz des Teufels, nimmermehr! fort mit dir und dem Frevel, den Du mir zumutheſt!“ Da ſprang Euphemie auf, wilde Gluth entflammte ih¬ ren Blick, ihr Geſicht war verzerrt, von der wuͤthenden Leidenſchaft, die in ihr tobte. „Elender Schwaͤchling, rief ſie: Du wagſt es

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/191>, abgerufen am 18.05.2024.