Dich wie das Verhängniß selbst in meiner Macht festgekettet halte, Dein frevelhaftes Spiel ist nur das krampfhafte Winden des gefesselten Raubthiers im Käfig! -- Wisse, Elende, daß Dein Buhle zerschmettert in je¬ nem Abgrunde liegt, und daß Du statt seiner den Geist der Rache selbst umarmtest! -- Geh und verzweifle!"
Euphemie wankte; im convulsivischen Er¬ beben war sie im Begriff zu Boden zu sin¬ ken, ich faßte sie und drückte sie durch die Tapetenthüre den Gang hinab. -- Der Ge¬ danke stieg mir auf, sie zu tödten, ich unter¬ ließ es ohne mich dessen bewußt zu seyn, denn im ersten Augenblick, als ich die Ta¬ petenthüre schloß, glaubte ich die That voll¬ bracht zu haben! -- Ich hörte einen durch¬ dringenden Schrei und Thüren zuschlagen.
Jetzt hatte ich mich selbst auf einen Standpunkt gestellt, der mich dem gewöhn¬ lichen menschlichen Thun ganz entrückte; jetzt mußte Schlag auf Schlag folgen, und, mich
I. [ 12 ]
Dich wie das Verhaͤngniß ſelbſt in meiner Macht feſtgekettet halte, Dein frevelhaftes Spiel iſt nur das krampfhafte Winden des gefeſſelten Raubthiers im Kaͤfig! — Wiſſe, Elende, daß Dein Buhle zerſchmettert in je¬ nem Abgrunde liegt, und daß Du ſtatt ſeiner den Geiſt der Rache ſelbſt umarmteſt! — Geh und verzweifle!“
Euphemie wankte; im convulſiviſchen Er¬ beben war ſie im Begriff zu Boden zu ſin¬ ken, ich faßte ſie und druͤckte ſie durch die Tapetenthuͤre den Gang hinab. — Der Ge¬ danke ſtieg mir auf, ſie zu toͤdten, ich unter¬ ließ es ohne mich deſſen bewußt zu ſeyn, denn im erſten Augenblick, als ich die Ta¬ petenthuͤre ſchloß, glaubte ich die That voll¬ bracht zu haben! — Ich hoͤrte einen durch¬ dringenden Schrei und Thuͤren zuſchlagen.
Jetzt hatte ich mich ſelbſt auf einen Standpunkt geſtellt, der mich dem gewoͤhn¬ lichen menſchlichen Thun ganz entruͤckte; jetzt mußte Schlag auf Schlag folgen, und, mich
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Dich wie das Verhaͤngniß ſelbſt in meiner
Macht feſtgekettet halte, Dein frevelhaftes
Spiel iſt nur das krampfhafte Winden des
gefeſſelten Raubthiers im Kaͤfig! — Wiſſe,
Elende, daß Dein Buhle zerſchmettert in je¬
nem Abgrunde liegt, und daß Du ſtatt ſeiner
den Geiſt der Rache ſelbſt umarmteſt! —
Geh und verzweifle!“
Euphemie wankte; im convulſiviſchen Er¬
beben war ſie im Begriff zu Boden zu ſin¬
ken, ich faßte ſie und druͤckte ſie durch die
Tapetenthuͤre den Gang hinab. — Der Ge¬
danke ſtieg mir auf, ſie zu toͤdten, ich unter¬
ließ es ohne mich deſſen bewußt zu ſeyn,
denn im erſten Augenblick, als ich die Ta¬
petenthuͤre ſchloß, glaubte ich die That voll¬
bracht zu haben! — Ich hoͤrte einen durch¬
dringenden Schrei und Thuͤren zuſchlagen.
Jetzt hatte ich mich ſelbſt auf einen
Standpunkt geſtellt, der mich dem gewoͤhn¬
lichen menſchlichen Thun ganz entruͤckte; jetzt
mußte Schlag auf Schlag folgen, und, mich
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/193>, abgerufen am 23.11.2024.
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