zu und frug heftig: was ist Ihnen, was ist Ihnen, mein Herr? -- Das Bild der Aeb¬ tissin ist meiner, eines grausamen Todes ge¬ storbenen Mutter so ähnlich, sagte ich dumpf in mich hinein, und suchte, indem ich auf¬ stand, so viel Fassung als möglich zu gewin¬ nen. "Kommen Sie, mein Herr! sagte der Alte: solche Erinnerungen sind zu schmerz¬ haft, man darf sie vermeiden, es ist noch ein Portrait hier, welches mein Herr für sein Bestes hält. Das Bild ist nach dem Leben gemalt und unlängst vollendet, wir haben es verhängt, damit die Sonne nicht die noch nicht einmal ganz eingetrockneten Farben ver¬ derbe." -- Der Alte stellte mich sorglich in das gehörige Licht und zog dann schnell den Vorhang weg. -- Es war Aurelie! -- Mich ergriff ein Entsetzen, das ich kaum zu be¬ kämpfen vermochte. -- Aber ich erkannte die Nähe des Feindes, der mich in die wogende Fluth, der ich kaum entronnen, gewaltsam hineindrängen, mich vernichten wollte, und
mir
zu und frug heftig: was iſt Ihnen, was iſt Ihnen, mein Herr? — Das Bild der Aeb¬ tiſſin iſt meiner, eines grauſamen Todes ge¬ ſtorbenen Mutter ſo aͤhnlich, ſagte ich dumpf in mich hinein, und ſuchte, indem ich auf¬ ſtand, ſo viel Faſſung als moͤglich zu gewin¬ nen. „Kommen Sie, mein Herr! ſagte der Alte: ſolche Erinnerungen ſind zu ſchmerz¬ haft, man darf ſie vermeiden, es iſt noch ein Portrait hier, welches mein Herr fuͤr ſein Beſtes haͤlt. Das Bild iſt nach dem Leben gemalt und unlaͤngſt vollendet, wir haben es verhaͤngt, damit die Sonne nicht die noch nicht einmal ganz eingetrockneten Farben ver¬ derbe.“ — Der Alte ſtellte mich ſorglich in das gehoͤrige Licht und zog dann ſchnell den Vorhang weg. — Es war Aurelie! — Mich ergriff ein Entſetzen, das ich kaum zu be¬ kaͤmpfen vermochte. — Aber ich erkannte die Naͤhe des Feindes, der mich in die wogende Fluth, der ich kaum entronnen, gewaltſam hineindraͤngen, mich vernichten wollte, und
mir
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0240"n="224"/>
zu und frug heftig: was iſt Ihnen, was iſt<lb/>
Ihnen, mein Herr? — Das Bild der Aeb¬<lb/>
tiſſin iſt meiner, eines grauſamen Todes ge¬<lb/>ſtorbenen Mutter ſo aͤhnlich, ſagte ich dumpf<lb/>
in mich hinein, und ſuchte, indem ich auf¬<lb/>ſtand, ſo viel Faſſung als moͤglich zu gewin¬<lb/>
nen. „Kommen Sie, mein Herr! ſagte der<lb/>
Alte: ſolche Erinnerungen ſind zu ſchmerz¬<lb/>
haft, man darf ſie vermeiden, es iſt noch ein<lb/>
Portrait hier, welches mein Herr fuͤr ſein<lb/>
Beſtes haͤlt. Das Bild iſt nach dem Leben<lb/>
gemalt und unlaͤngſt vollendet, wir haben es<lb/>
verhaͤngt, damit die Sonne nicht die noch<lb/>
nicht einmal ganz eingetrockneten Farben ver¬<lb/>
derbe.“— Der Alte ſtellte mich ſorglich in<lb/>
das gehoͤrige Licht und zog dann ſchnell den<lb/>
Vorhang weg. — Es war Aurelie! — Mich<lb/>
ergriff ein Entſetzen, das ich kaum zu be¬<lb/>
kaͤmpfen vermochte. — Aber ich erkannte die<lb/>
Naͤhe des Feindes, der mich in die wogende<lb/>
Fluth, der ich kaum entronnen, gewaltſam<lb/>
hineindraͤngen, mich vernichten wollte, und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">mir<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[224/0240]
zu und frug heftig: was iſt Ihnen, was iſt
Ihnen, mein Herr? — Das Bild der Aeb¬
tiſſin iſt meiner, eines grauſamen Todes ge¬
ſtorbenen Mutter ſo aͤhnlich, ſagte ich dumpf
in mich hinein, und ſuchte, indem ich auf¬
ſtand, ſo viel Faſſung als moͤglich zu gewin¬
nen. „Kommen Sie, mein Herr! ſagte der
Alte: ſolche Erinnerungen ſind zu ſchmerz¬
haft, man darf ſie vermeiden, es iſt noch ein
Portrait hier, welches mein Herr fuͤr ſein
Beſtes haͤlt. Das Bild iſt nach dem Leben
gemalt und unlaͤngſt vollendet, wir haben es
verhaͤngt, damit die Sonne nicht die noch
nicht einmal ganz eingetrockneten Farben ver¬
derbe.“ — Der Alte ſtellte mich ſorglich in
das gehoͤrige Licht und zog dann ſchnell den
Vorhang weg. — Es war Aurelie! — Mich
ergriff ein Entſetzen, das ich kaum zu be¬
kaͤmpfen vermochte. — Aber ich erkannte die
Naͤhe des Feindes, der mich in die wogende
Fluth, der ich kaum entronnen, gewaltſam
hineindraͤngen, mich vernichten wollte, und
mir
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/240>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.